Flavigny sur Ozerain ist unser nächstes Ziel. Diese knapp 400-Seelengemeinde liegt auf einem schmalen Felskamm über dem Flüsschen Ozerain, soll nach dem römischen Feldherren Flavius benannt worden sein und hat alles was man sich von einem mittelalterlichen Dorf wünschen kann. Schiefe Häuschen, verwinkelte Gassen, schräge Türmchen eine alte Kirche und ne Menge Flair. Und so wählte der schwedische Hollywood-Regisseur Lasse Hallström das  Städtchen aus, um neben Juliette Binoche und Jonny Depp die Hauptrolle im 2000 gedrehten Film „Chocolat – ein Biss genügt“ zu spielen. Gleich zu Beginn des Trailers hat man eine schöne Vogelperspektive auf den schönen Ort.

Die Chocolaterie, in die Vianne mit ihrer Tochter Annouk und dem mysteriösen Pantoufle einziehen, kann man zumindest von außen hier im Ort besichtigen. Die Innenaufnahmen scheinen nicht darin gemacht worden zu sein. Außerdem ist das Häuschen zum Verkauf angeboten, aber wenn man die Risse an der seitlichen Hauswand betrachtet, wird da wohl nicht so schnell einer zuschlagen.

Auch das Haus des Bürgermeisters und die Kirche haben im Film eine Rolle gespielt.

Ansonsten ist der Ort hier für seine Anisbonbons bekannt. Gleich in und neben den Ruinen einer fast 1000 Jahre alten Kirche befindet sich die landesweit bekannte Fabrik. Allerdings mag ich Anisbonbons nicht wirklich und außerdem hat der Werksverkauf schon zu… trotzdem duftet es in den Gassen nebenher noch ziemlich süß und lecker.

Nach einem ausgiebigen Spaziergang fahren wir noch ein Stück weiter bis auf dem Parkplatz der Abbaye Fontenay. Die öffnet zwar erst morgen um 10:00 wieder, doch es lohnt sich wirklich, hier Nachtquartier zu beziehen.

Am Ende eines verbummelten Sträßchens, gleich neben saftig grünen Wiesen und einem plätschernden Bach liegen Abtei und Parkplatz – perfekt! Im letzten Licht drehen wir noch eine Runde und gleich fällt die riesige Platane im Innenhof ins Auge. Das sind bestimmt 30m, aber in den Garten hinein darf ich erst morgen. Deshalb verziehen wir uns bei Sonnenuntergang ins Womo. 

Am nächsten Morgen wacht neben mir ein zitternder Hund auf. Am ganzen Körper klappert mein Lunchen und hört erst auf, als ich sie mit unter meine Decke stecke und einmal kräftig durchknete. das ist aber auch kalt. Auf der Morgengassirunde sind alle Kräuter mit Raureif überzogen.

Da hilft eine warme Dusche. Aber wenn gestern schon nicht viel Wasser kam, so ist das heute nur noch ein einziges Tröpfeln. Ich bekomme kaum noch den Schaum aus den Haaren, da versiegt die Quelle… der Klassiker – Schaum aufm Kopf und Wasser alle… Der Tank ist noch voll, aber ein Pumpgeräusch ist nicht mehr zu hören. Da hat wohl nun auch die Pumpe den Winterschlaf nicht überlebt… Später stellt sich heraus, dass sich ein kleiner Faden, der den Wasserreiniger hielt, gelöst hat und der Pumpe das Leben kostete. 

Jetzt gönne ich mir erst mal eine ausgiebige Besichtigung des Klosters. Morgens gehöre ich zu den ersten Besuchern und die Stimmung ist einmalig. Im Kirchenraum, der durch absoluten Minimalismus besticht, ertönen geistliche Gesänge und betören den Besucher. Gerade, wenn man allein in einem solchen Gebäude steht, wirkt diese Musik besonders stark.

Auch der Kreuzgang ist ne Wucht und ich kann gar nicht aufhören zu staunen und zu fotografieren. Da lese ich, dass auch dies hier schon zur Filmkulisse geworden ist: „Cyrano de Bergerac“ mit Gerard Depardieux wurde unter anderem hier gedreht.

Die Abbaye ist nahezu vollständig erhalten und wurde im Jahr 1118 von Berhard von Clairvaux als Zisterzienserabtei gegründet. Dass sie bisher alle Wirren der Zeit so gut überstanden hat, liegt wohl an ihrer abgeschiedenen Lage, im Tal des Flüsschens.

Modell aus dem Museum

Zu ihrer Blütezeit zählte sie hier 200 Mönche und wurde bis zur Französischen Revolution betrieben.

In diesem Raum schliefen alle Mönche gemeinsam. Sicher nicht so kuschelig im Winter 🙃

Danach kam sie in Besitz der Familie Mongolfier (Nachfahren des Erfinders des Heißluftballons) und man betrieb hier eine Papierfabrik. 1906 kaufte ein reicher Bankier und Schwiegersohn eines Mongolfier die Abtei und sanierte sie umfassend. Bis heute ist sie im Besitz der Familie und zählt nun zu den besterhaltensten Klöstern und seit 1981 zum UNESCO-Weltkulurerbe.

Auch eine alte Schmiede kann man hier besichtigen, deren Hammer mit einem Wasserrad angetrieben wurde. Natürlich findet sich auch ein Kräutergarten auf dem Gelände, es gab auch eine Bäckerei und zwecks Fischzucht wurde mehrere Wasserbecken aufgestaut.

Und nun kann ich auch die riesige Platane aus dem Jahr 1780 mit einer Höhe von 35m bestaunen.

Luna freut sich als ich wieder zurückkomme schon auf den nächsten Ausflug und so stromern wir stundenlang durch die Auen. Luna flitzt hinter Stöckchen her und ich frische meine Kräuterbestände auf.

Hier gibt es jede Menge frische Kräuter und ich finde:

  • 1 Löwenzahn
  • 2 Wilder Lauch
  • 3 Rote Taubnessel
  • 4 Bachbunge
  • 5 Schafgarbe
  • 6 Schaumkraut
  • 7 Brennnessel
  • 8 Wilder Oregano
  • 9 Gänseblümchen
  • 10Himmelschlüssel (hier nicht unter Naturschutz, weil Massenware)
  • 11 Veilchen
  • 12 Pfefferminze
  • 13 Hirtentäschel
  • 14 Klettenlabkraut
  • 15 Sauerampfer
  • 16 Schabockskraut

Unser heutiger Weg führt uns in Richtung Guedelon – einem mittelalterlichen Burgbauprojekt. Da bauen Menschen aus aller Welt unter originalen mittelalterlichen Bedingungen an einer Burg. Heute haben die nicht geöffnet, aber morgen will ich mir das anschauen. Einen Parkplatz zum Übernachten scheint es da auch zu geben.

Links am Weg passieren wir noch ein Museum für Asterix-Fans. Hier haben die Römer 52 v.Chr. mit 50000 unter Cäsar kämpfenden Legionären die 80000 Mann starken Truppen des Gallierfürsten Vercingetorix vernichtend geschlagen und somit den Sieg über die Gallier besiegelt. Heute gibt es für Interessierte ein tolles Museum

Nächster Stopp Semur-en-Auxois. Auf einem hohen Granitsockel, der von der Flussschleife des Amancon umspült wird, liegt die beeindruckende Altstadt. Mein Navi hatte allerdings vor, mich genau an diese Flusschleife hinunter zu navigieren und noch ehe ich wenden kann, wird es ein wenig abenteuerlich… also eng und steil.

Doch was runter klappt, klappt auch hoch 😄 und  so kann ich bei einem Bummel am Fluss den Anblick der Stadt sehr genießen.

Weiter gehts nach Vezelay. Auch hier: hübsches Städtchen auf einem Hügel. Dazu kommt aber eine besondere Kathedrale.

Ich möchte Luna am Eingang anbinden und finde mich einer sehr gestrengen Frau Einlasserin gegenüber: „NO!!“ Ein anderes Wort benutzt sie nicht. Auch als ich von „Haus Gottes… christliche Nächstenliebe und allen Geschöpfen des Herrn“ faseln will: „NO!!“ Soll das arme Tier denn allein draußen angebunden werden??? Hat sie denn keine winzige Regung der christlichen Nächstenliebe ? „No!!“ … da werde ich bockig… dreh mich rum und … gehe mit Luna durch den Ausgang an der Seitenwand der Kirche ins Hauptschiff hinein. Dort lege ich sie im Schatten an der Seite ab und betrachte andächtig (und mit nicht zu verhelender innerer Genugtuung) die wunderbaren Kapitelle und das Kirchenschiff. Wer kommt nun wohl in die Hölle? Ich oder die garstige Madame am Eingang?

Noch knapp 60km bis zum Übernachtungsplatz. Wir zuckeln über klapprige Landstraßen und brauchen ewig. Dafür kann ich die Natur ringsum in vollen Zügen genießen. Alles blüht und grünt, stahlblauer Himmel und sogar ein Fuchs streift durchs Gelände.

Als wir ankommen ist der Parkplatz verschlossen. Mist, was nun… Die Park4Night App empfiehlt einen Platz am See. Was soll ich sagen: die 10km mehr haben sich geloht. Guts Nächtle 😄

1 Gedanke zu „Chocolat“

  1. Nun schlaft gut, ihr beiden! Du kommst natürlich in den Himmel, die garstige Mme NO soll schmoren! 🤣🤣🤣! Deine Fotos sind wunderschön, was du alles entdeckst!
    Genießt den Frühling und die vielen Wiesenkräuter!
    Bis bald, Marietheres

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