Ich hatte mich sooo gefreut und dann… nur kaltes Wasser sprüht mir aus dem Duschkopf entgegen. Erst den Schalter auf „on“, dann den Betriebsmodus auf „high“ und noch den Temperaturregler auf „sehr warm“ … warten … nichts. Ich dusche kalt, was solls?! Da kann der Drache am Platzeingang noch so komisch Feuer spucken – warmes Wasser wäre ja wohl bei 25 Pfund drin gewesen…

Als ich eine Stunde später, mit blitzsauberem, aufgefrischtem Womo meine einzigen Nachbarn an der kleinen Holzbude für Dusche und WC treffe, hatten die das gleiche Problem, nur ER hats dann doch irgendwie hinbekommen und SIE konnte warm duschen … aber jetzt hab ich keine Lust mehr, lieber schwatzen wir ein bisschen und ich übe Englisch. Dann gehts die wenigen Kilometer hinunter nach Laugharne (Lorn sagen die hier) und zu Dylan Thomas` Bootshaus. An der wunderschönen Bucht gleich neben dem Castle gibt es erst mal alles, was das Hundeherz begehrt: Wasser, Wiesen, fliegende Bälle.

Fast allein laufen wir gegen 10:00 Uhr zum Museum hinter und ich binde Luna draußen an, denn so klein wie das Haus ist, kann das ja nicht lange dauern. Zwei Männer und eine Frau sind drinnen beschäftigt und ich bin der einzige Gast, das ist mal ein Schnitt. „Ach der arme Hund, bringen sie den ruhig mit rein.“, meint der Mann an der Kasse und fragt mich, ob ich von Dylan Thomas schon was gehört hätte. Als er merkt, dass ich interessiert bin, ist er nicht mehr zu bremsen. Er erzählt von dem Lehrer David John Thomas, der seinen 1914 in Swansea geborenen Sohn nach einer Gestalt der walisischen Mythologie benannte. Dylan Eil Ton ist im Sagenbuch der Sohn der Wellen und der Name setzt sich aus dy (groß) und llanw (Flut) zusammen. Durch diese Idee seines Vaters, so meint er, war unser junger Poet der erste Mensch mit diesem Namen.

Immer hätte sein Vater ihm Bücher vorgelesen und ihn so für Literatur begeistert, dass er schon zeitig anfing selbst zu schreiben. Mit 12 ist von Dylan Thomas die Geschichte überliefert, dass er einmal, als er sich im Unterricht langweilte, aufstand und sagte, er müsse jetzt nach Hause und sich seiner Literatur widmen.

Sein erstes Gedicht veröffentlichte er mit 19 und es wurde gleich berühmt. So legte er den Wunsch Journalist zu werden beiseite und widmete sich nur seinem Schreiben. Allerdings spielten auch die Pubs und der Alkohol in seinem Leben zunehmend eine Rolle, sodass er trotz des Erfolgs, den er später vor allem in den USA haben sollte, niemals genug Geld für ein geregeltes Leben hatte. Neben Gedichten schrieb er Kurzgeschichten und Hörspiele – so sein berühmtestes „Unter dem Milchwald – ein Spiel für Stimmen“ und beeinflusste viele Künstler nach ihm. Der junge Robert Allen Zimmerman las später seine Verse und nannte sich aus Ehrfurcht vor seinem Idol fortan Bob Dylan. Mick Jagger, Paul McCartney und Anthony Hopkins – sie alle verehren Dylan Thomas und wurden von ihm beeinflusst. Van Morrison sang »For Mr. Thomas« und John Cale von der Band »Velvet Underground« hat Dylan Thomas‘ Texte vertont. Auch Elke Heidenreich ist Fan und hat ein Buch über ihn veröffentlicht.



Der Mann erzählt und erzählt, man merkt ihm seine Begeisterung an. Patti Smith – die Sängerin – sei hier gewesen und habe ein Konzert gegeben, auch Prince Charles und Camilla. Ja und Jimmy Carter erst, der habe dafür Sorge getragen, dass man dem waliser Poeten endlich die Ehre erweise, die ihm gebührt. Erst auf die Intervention und mit Mitteln aus der Brieftasche Carters sei nämlich Thomas 1982 in die Poets Corner in der Westminster Cathedral aufgenommen worden. Dort, wo alle wichtigen Dichter der Insel geehrt werden, hat nun auch der Waliser sein Schild.

Wieso nicht eher, frage ich. Na sein Lebenswandel hätte den feinen englischen Literaturprofessoren nicht gefallen, meint der Guide. Tatsächlich ist Dylan Thomas nur 39 Jahre alt geworden und starb bei einer Lesereise in den USA an einer Alkoholvergiftung.

Das kleine Bootshaus hier hatte ihm und seiner Familie eine Freundin gekauft – Magret Taylor – sodass er endlich eine Bleibe für sich seine Frau und die drei Kinder hatte. Bisher wohnte er bei Freunden, die ihn unter anderem rausschmissen, weil er gleich mal deren Möbel versetzte, um wieder „flüssig“ zu sein.

Das Häuschen ist schnell besichtigt und es lässt sich nur schwer vorstellen, dass hier fünf Personen gewohnt haben sollen. Oben neben dem Eingang gibt es noch eine Art kleine Hütte. In die zog sich Thomas zum Schreiben zurück. Die Kraft des Wortes, des Rhythmus, der Vokale hat ihn gefesselt und so soll er lange Wortlisten erstellt und wie ein Handwerker an seinen Texten gefeilt haben. Dass er ein guter Sprecher war, kann man heute noch hören. Die App BBC Sound, so mein Guide, hätte jetzt nach 70 Jahren seine Texte als Audio freigegeben. Ich gebe zu, dass sich mir nicht alle Textzeilen erschließen – das sei normal, meint er, ich solle mir Zeit lassen. Hier eins der berühmten Gedichte, die er schrieb, als sein Vater im Sterben lag. Das gibts auch bei Youtube vom Autor vorgetragen.
Do not go gentle into that good night
Do not go gentle into that good night,
Old age should burn and rave at close of day;
Rage, rage against the dying of the light.
Though wise men at their end know dark is right,
Because their words had forked no lightning they
Do not go gentle into that good night.
Good men, the last wave by, crying how bright
Their frail deeds might have danced in a green bay,
Rage, rage against the dying of the light.
Wild men who caught and sang the sun in flight,
And learn, too late, they grieved it on its way,
Do not go gentle into that good night.
Grave men, near death, who see with blinding sight
Blind eyes could blaze like meteors and be gay,
Rage, rage against the dying of the light.
And you, my father, there on the sad height,
Curse, bless, me now with your fierce tears, I pray.
Do not go gentle into that good night.
Rage, rage against the dying of the light.
Wie eine „große Flut“ ist das geballte Wissen des Mannes am Einlass über mich geschwappt, auch er ist ein guter Redner und ich habe fast alles verstanden. Beide sind wir begeistert und bedanken uns gegenseitig. Am Ende hat er noch ein kleines Heftchen in Deutsch für mich: „Das Wales des Dylan Thomas“. Herzlichen Dank für diese besondere Führung. Immer noch bin ich allein im kleinen Haus und schaue mich noch ein bisschen um. Zum Schluss gibt es im kleinen Café noch einen Cream-Tea, meinen ersten in diesem Jahr und ich finde es fantastisch hier in Dylans Boathouse.

Durchatmen, nach all der Information. Das gelingt uns später auch an und in der Woolen Mill – dem Nationalen Wool-Museum in Felindre im Landesinneren von Wales. Viele alte Maschinen mit denen Wolle gewaschen, kardiert (zerzupft würde ich sagen), gesponnen, gewebt wurde, können hier besichtigt werden. Draußen sprießen in Hochbeeten unter anderem Pflanzen, die man früher zum Wollefärben benutzt hat. Das notwendige Wasser war in den Flüsschen der Gegend reichlich vorhanden und so entwickelte sich im 19.Jahrhundert eine florierende Textil-Industrie ringsumher. Heute ist das alles nur noch ein Denkmal.








Und schwupp sind wir an der Westküste. Der Mwnt Strand ist unser Ziel. Nein ich habe mich nicht verschrieben, das ist tatsächlich ein walisisches Wort, das komplett ohne Vokale auskommt, nur kann ich es auch komplett nicht aus aussprechen, ohne dass einer denkt, ich hätte mit Dylan zu tief ins Glas geschaut. Die Namen hier sind echt seltsam. Ne kleine Küstenwanderung ist aber trotzdem drin. Ganz gebannt starren die Leute aufs Wasser: hier sollen ab und zu Bottlenose Delphine auftauchen. Aber heute leider nicht.

Da man nicht übernachten darf, setzen wir noch einmal um ins 6km entfernte Fischerdorf Aberporth. Eine hübsche kleine Bucht mit teuren Bezahlparkplätzen, aber drüben auf der anderen Seite soll es kostenlos sein. Alles etwas eng, aber: gerade als wir ankommen wird eine schöne große Parklücke frei und das wird unsere. Früher war das ein florierender Heringsfischerhafen und heute liegt kein einziges Boot mehr vor Anker.

Wir genießen die letzten Sonnenlöcher, lassen uns vom Wind durchpusten, laufen nochmal am Strand und der kleinen Kneipe entlang und dann meint Luna: „Na, wie wärs mit einer Portion Fish & Chips?“ Cleveres Tier! Manchmal hat sie einfach die besten Ideen! Ein lange Schlange hat sich an diesem Laden gebildet, aber es geht schnell und wir finden noch eine Bank mit Meerblick. So teilen wir schwesterlich und ziehen uns dann bei feinstem Netz hinter das iPad zurück, um euch von diesem schönen Tag zu berichten.

Also dann in memoriam: „Go gentle to that good night!“

Herrlich! Solche fleißigen Schüler wie Dylan Thomas, die „sich ihrer Literatur widmen“ wünschen wir uns doch immer… Zu schade nur, dass sein Talent nicht konform war mit seiner 2. Leidenschaft… Das war wieder eine mega interessante Geschichte!
Liebste Grüße, ihr Beiden!
Das ist tatsächlich eine lustige Geschichte mit dem kleinen Genie Dylan. Als er sich wieder mal davonschlich, um zuhause zu schreiben, erwischte ihn der Direktor und meinte, er solle sich geschickt anstellen, damit es niemand merkt und was gutes schreiben 👍