So viel Schönheit

Augen auf, Fenster auf, Sonne… hurra… und schon starten wir beide mit Freuden in den neuen Tag. Es ist wie immer noch zeitig und so genießen wir unseren morgendlichen Spaziergang ganz allein durch die Gärten der Villa Borghese. Der dort auf dem Mamor-Denkmal kommt mir irgendwie bekannt vor und tatsächlich steht doch da der junge Goethe am Wegesrand und schaut auf das Grün des Parks. Von seiner Italienreise kam er ja bekanntlich ebenso inspiriert zurück, wie das heute noch manch andere Mensch tut.  

Bis zum Piazza Bucarest sind es dann noch ein paar Minuten und von da aus hat man einen wunderschönen Blick über die frühe Stadt.

Dann gehen wir die Treppen hinunter zum Piazza del Popolo, der von wenigen Besuchern langsam gefüllt wird und laufen zurück zum Hostel, vorbei an der Spanischen Treppe und dem Trevi-Brunnen.

Wenn ich an den Hotspots mal nur die verschiedenen künstlichen Posen vor allem der sehr jungen asiatischen Frauen fotografiert hätte, könnte ich sicher schon ein dickes Album füllen. In luftig leichten Hemdchen posieren sie zum Teil vor Kälte zitternd in den sich immer gleichen Babyface-Posen. Natürlich lichten sich auch Europäer, Amerikaner oder Inder mit den bekannten Orten im Hintergrund ab, aber die asiatischen Touristen sind dabei ungeschlagen. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass es bei ihnen ein Statussymbol ist, wenn sie zuhause auf der Vitrine solche Bilder von den verschiedensten Orten der Welt stehen haben. Immer müssen sie selbst mit drauf sein, damit man auch erkennt, dass sie persönlich vor Ort waren.

Besonders beliebt ist der Trevi-Brunnen. Sicher wegen des Dolce-Vita-Kusses. Ich bin heute da mehrfach vorbeigekommen und habe zweimal ein Bild gemacht – einmal 8:00 und einmal 14:00.

Dann schaffe ich mein Lunchen ins Hotel und mache mich auf den Weg zur Galeria Doria Pamphilij.

Alles fing mit ihm hier an:

Papst Innozenz der X. – gemalt von Velázquez – bürgerlicher Name Giovanni Battista Pamphilji. Dieser baute den prachtvollen Palazzo an der Via del Corso und schenkte ihn seiner Schwägerin Olimpia, die ihn auch in politischen Fragen beeinflusste. Ihr eigener Sohn lehnte allerdings die Chance auf einen Papsthut ab, in dem er eine andere Olimpia, die der Aldobrandinis heiratete. 

Die Schwägerin des Papstes

Hier wurde nun die einzigartige Kunstsammlung zusammengetragen, die größte, die sich heute in Italien in der Hand einer einzigen Familie befindet. In späterer Zeit wurde auch das Musikleben an diesem Ort gefördert und im 17. Jahrhundert trat Arcangelo Corelli in den Dienst der Familie Pamphilji. Der riesige Gebäudekomplex hat drei Innenhöfe und die labyrinthische Gestaltung kam den Bewohnern 1940 zugute, als sie vor den eindringenden Nazis flüchteten.

Beeindruckend sind als erstes die Räume. Ein ganz in weiß gehaltener Eingang eröffnet den Rundgang und zuerst nimmt einen die Galerie gefangen, die um den Innenhof führt.

Drei Galerien und ein Spiegelsaal sind dort im Geviert untergebracht und die kostbaren Deckenbemalungen lenken den Blick nach oben.

Außerdem kann man verschiene Salons, einen Ballsaal, eine Kapelle und einige wenige Einrichtungsgegenstände – z.B. den Thronbaldachin – besichtigen.

Eigentlich bin ich aber wegen der Bilder hier. Neben Velázquez findet man hier Fillipino Lippi (also der Enkel des Metzgers), Dürer, herrliche Porträts von Quentin Massys, Jan und Peter Brueghel, Raffael und Tizian und viele andere Maler der Zeit.

Auch Plastiken gibt es zu bewundern, wie den antiken zweifarbigen Mamor-Zentauern oder die fantastischen Sarkophage.

Besonders freue ich mich aber auf Caravaggio. Mit gerade mal 25 Jahren schuf er das Bild „Ruhe auf der Flucht nach Ägypten“. Die Innigkeit, Natürlichkeit und realistische Darstellung der Mutter mit ihrem Kind rührt mich. Nichts von den abwesenden, heiligen, starren Müttern der vielen anderen Darstellungen. Hier ruht sich eine Mutter aus und behütet gleichzeitig ihr Kind. Ist das nicht wunderschön.

Besonders magisch wird es, wenn der Audioguide das von Caravaggio gemalte Notenbild als Choral abspielt: Es handelt sich um eine Motette des flämischen Komponisten Noel Bauldeweyn, die Caravaggio gekannt haben muss.

Links und rechts hängen noch zwei weitere Caravaggios. Besonders interessant: Das Mädchen, das dem Maler für Maria Modell gesessen hat, scheint auch für die „Reuige Magdalena“ als Vorbild gedient haben. Zur damaligen Zeit sehr gewagt, zumal die eine Figur eine Heilige und die andere eine Prostituierte war, sie gleich aussehen zu lassen war mutig. 

Ich habe eine wunderschöne Zeit im Palazzo und erstaunlich, wie wenige Besucher hier durch die Schönheit wandeln.

Wieder an der sonnigen Aprilluft kehre ich mehr zufällig in der Kirche Santa Maria sopra Minerva ein. 1280 über einem Tempel der Göttin der Weisheit (Minerva) erbaut, wurde sie Hauptsitz der Inquistition. Im angeschlossenen Kloster fand der Prozess gegen Galileo Galilei statt. Aber ich lass die Bilder einfach mal für sich stehen.

Auch hier Fillipino Lippi Hand angelegt und die Freskenbemalung ausgeführt. Michelangelos „Auferstandener Christus“ kann ebenfalls bewundert werden.

Interessant ist der Altar, darunter eine Statue der Heiligen Katherina von Siena, über und über mit Zetteln bedeckt, hinter Glas. Geht man um den Altar herum, sieht man den Grund: hier kann jedermann seine Wünsche aufschreiben und an die Heilige weitergeben. Ins schwarze Kästchen steckt man dann die Münzen. „Die Seele in den Himmel springt…“

In Blickweite das Phanteon, eines der ältesten und gut erhaltenen Gebäude Roms, wenn man mal davon absieht, das Ziegelsteinoptik nicht im Sinne des Erbauers war. Gerade im hinteren Teil kann man anhand der Reste erahnen, welche Pracht das einmal gewesen sein muss. Das Gebäude mit Europas größter gemauerter Kuppel von 43m Höhe und Breite muss heute allerdings auf mich verzichten. Bei den Schlangen kann ich verzichten, da ich hier schon mehrfach zu Besuch war..

Und nicht weit entfernt sehe ich gleich die nächste Schlange, doch da ist kein Kunstwerk zu bewundern, dort gibts belegte Brote. Ja richtig: All`Antico Vinaio ist eine „Stullenbude“. Augenscheinlich legen die besonders viel und leckeres Fleisch auf ihre Semmeln, aber die Leute sind nicht zu bremsen. Was ich so rundherum sehe, sind aber nix weiter als große belegte Brote, die im Stehen gegessen werden… wer weiß, welche Star hier sein Stammlokal hat…

Anstehen wegen Sandwiches ??? wo es die hier an jeder Ecke gibt???
© Bild: www.reisevergnügen

Da lob ich mir doch meinen gemütlichen Capuccino und ein Canolli – eine sizilianische Spezialität, die bei mir außen hauptsächlich aus Mandeln bestand, leeecker!

Ich bummel zurück vorbei an der Mark-Aurel-Säule durch die Straßen meines Viertels und das Lunchen freut sich, mich zu sehen.

Glenn, der Rezeptionist von den Phillipinen, der perfekt Englisch spricht, hat Lust auf ein Schwätzchen und so erzählt er, dass man für 7,50 € den ganzen Tag Bus und Metro fahren kann. Meine Füße hätten sich über die Information sicher früher gefreut, denn mittlerweile habe ich 15 km auf dem Tacho und jetzt heißt es nochmal raus mit meiner Hundedame, aber das wird schön. Im Park ist sie happy, flitz, wedelt, strahlt und als wir dann auch noch einen extra Hundepark finden, kanns gar nicht besser werden. Ungefähr 20 freundliche Wautzis haben hier gemeinsam Spaß. Das kann ein Reiseveranstalter für Hunde nicht besser planen.

Was für ein schöner Tag, den ich nun hier schreibend beende während Luna zufrieden vor sich hin schnarcht.

Kommt gut durch die Nacht…

2 Gedanken zu „So viel Schönheit“

  1. Liebe Marion, es waren wieder so schöne Bilder und Eindrücke. Woher hast du nur die vielen Hintergrundinformationen? Ich jedes Mal beeindruckt davon. Liebe Grüße Kordula

  2. Sehr schöne und wirklich detailverliebte Bilder der alten Meister. Danke für diese wunderbaren Impressionen, meine Beste. Ich freue mich auch für Lunchen, der es richtig gut geht auf dieser Reise und die sich anscheinend gut erholt hat nach ihrer Verletzung… Habt noch eine angenehme Zeit mit tollen Erlebnissen. Liebe Grüße von der Netti

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