Santa Maria!

Wir frühstücken hinter der Glaswand und die Sonne scheint uns ins Gesicht. Luna hat die erste Gassirunde ausgiebig genossen und auch ich bin erfrischt von der Morgenluft. Zum Draußensitzen ist es noch zu kalt, aber das wird heute bestimmt noch besser.

Dann gondeln wir über Nebenstraßen von unserem Apennin-Hügel hinunter ins Muggelo hinein. So nennt sich die Gegend hier, die auch liebevoll als Vorgarten von Florenz oder „unrasierte Toskana“ bezeichnet wird. Alles klein, verschlafen, unspektakulär, meist von einfachen Leuten, Bauern oder Handwerkern bewohnt, hat diese Gegend doch etwas Besonderes. Vom Gebirgskamm des Apennin durchzogen, bekommt sie ein liebliches, verschlafenes Gesicht und der Lago die Bilancino glitzert im Tal. Ich starte hier von den Monti della Calvanas und merke, dass auch Fahrrad- und Motorradfahrer von der Gegend begeistert sind. Über Nebenstraßen brauchen wir 50 Minuten bis Fiesole, oben auf den Hügeln über Florenz. Es ist Markttag und ich suche einen Parkplatz. Nach einigem Hin- und Hergefahre, sehe ich genau am Markt einen Mann zielstrebig auf sein Auto zumarschieren und check – der Parkplatz wird frei. Komisch nur, dass auf der darunterliegenden Fahrbahn das Wort BUS aufgemalt ist. Genau daneben stehen drei Carabinieri und sagen nix. Okay, dann passt das wohl. Ich lasse Luna raus und beeile mich, denn auf dem schmalen Gehweg kommen drei Nonnen – eine am Rollator – auf mich zu und ich mache ihnen freundlich den Weg frei. Die Rolli-Nonne bleibt daraufhin stehen und … segnet meine Hündin: „Santa Maria … usw.“ Ich freue mich und zeige ihr Lunas großes Pflaster und da murmelt sie gleich noch einen Segensspruch – möge es helfen. ☺️ Zufrieden schlendere ich über den Platz.

Aus der Cattedrale di San Romolo strömen Menschen. Viele haben einen Olivenzweig in den Händen. Da ich keine Ahnung hab, schlage ich nach und lese, dass heute, am Palmsonntag viele Christen traditionell einen vom Priester gesegneten Olivenzweig als Zeichen des Friedens durch die Stadt tragen. Gute Idee, in diesen Zeiten.

Dann laufen wir hinüber zur Ausgrabungsstätte. Schon die Etrusker siedelten hier oben, lange bevor von Florenz die Rede war. Wahrscheinlich genossen auch sie die herrliche Lage, die frische Luft und die fantastischen Ausblicke. Gegen Angreifer aus dem Norden wussten sie sich schon 300 v.Chr. mit einer noch heute in Teilen zu besichtigenden Mauer zu schützen. 1873 legte man unweit des Stadtzentrums auf einer 35000 m2 großen Fläche römisch-etruskische Gebäude frei, die wir im schönsten Frühling besichtigen. Überall blüht es und nur wenige Besucher schlendert mit uns durch die Geschichte.

Neben dem Amphitheater gibt es einen Therme (die Bögen sind noch erhalten), Reste eines Tempels und gaaanz viele Gänseblümchen.

Weiter führt uns der Weg die schmale Gasse der Via San Francesco hinauf zum gleichnamigen Kloster. Bevor wir oben ankommen eröffnet sich ein spektakulärer Ausblick hinunter ins Tal des Arno auf das morgendunstige Florenz – traumhaft!!!

Auf dem Gipfel steht das Kloster San Francesco, das seit dem 13. Jahrhundert im Besitz der Franziskaner ist.

Durch eine kleines Wäldchen laufen wir ein Stück auf dem „Panoramaweg“ den Berg hinab zum Zentrum zurück. Ich genieße es aus vollen Zügen, Lunchen trottet nebenher.

Sicher kann man hier noch länger Bummeln, doch ich habe in meinem Reiseführer von einem Künstlergarten am Arno gelesen, den ich noch besuchen will. Doch als ich an meinem Auto ankomme, sehe ich schon von Weitem zwei Caribinieri darauf zu schlendern. Der eine zückt gerade sein Handy, die andere diktiert mein Kennzeichen… „Ääähhh… scusi, here I am, ich fahre gleich…“ „You go?!“, fragt die Frau streng… „SI!!!“ und schon stecken beide ihre Gerätschaften weg und winken mit strengen Gesichtern ab… Glück gehabt! War also doch eine Haltestelle und wie es aussieht für Touribusse, die fahren erst später und deshalb hat es morgens niemanden interessiert. Oder war der Rolli-Nonnen-Segen doch für mich? So nach dem Motto: „Heilige Maria, schütze diese depperte Deutsche im Parkverbot!“

Wir fahren hinunter an den Arno, im Norden von Florenz und suchen den Kunstgarten. Doch irgendwie bin ich falsch abgebogen und kann außer dieser Villa nix Interessantes entdecken. Na Google-Maps wird schon helfen und als meine App mir den richtigen Weg weist, höre ich es hinter mir platschen und Luna schwimmt trotz Leine mir heller Freude im Fluss. Wie bescheu… – raus da… Mist, die Drainage, die Wunde… oh Mann, dieser Hund! … und dieses unaufmerksame Frauchen. Ich krieg ein bisschen Panik, entferne die Pflaster, lass Luft dran und laufe zum Auto zurück. Desinfektion drauf und trocknen lassen. Den Garten lass ich dann mal lieber…

Und so zuckeln wir gemütlich und mitten durch einen fetten Regenguss wieder zurück. Als wir ankommen, klart es auf und da oben, rechts unter der Hügelkuppe liegt unser Hof. Den Abend widme ich erst einmal der Entfernung der Drainage – fragt nicht, wie „super“ das ging – und nachdem die Wundversorgung abgeschlossen, der Hund in komatösen Schlaf gefallen ist und ich mir mein Buch rausgeholt hab, beginnt der gemütliche Teil des Abends . Kommt gut durch die Nacht.

6 Gedanken zu „Santa Maria!“

  1. Liebe Marion!
    Müde aus der Schule kommend (….die FK Deutsch „schwänzend“), und leckeren, „originale Pasta italiano“ mit Tomatensoße, las ich gerade deine heutigen Reisebericht. Ein paar Mal musste ich laut auflachen und auch Erinnerungen an eigene Italienerlebnisse kamen mir wieder in den Sinn. Ja, die Carabinieri haben stündlich andere Regeln. Danke, für die schönen Bilder und Worte.
    Pass gut auf Luna auf, denn unsere Freundin Anja aus Duisburg hat diese Gegend auch mit ihren vier Hunden bereist und bewandert. In Médroux Urlaub machend erzählte sie uns einmal im Garten, dass einer ihrer Hunde auf einer Wanderung von einer Viper gebissen wurde und schnell die Besinnung verlor. Sie musste den Hund tragend ( das möchte ich mir nicht mit Luna vorstellen…) auf schnellsten und langem Weg zum Auto (weit entfernt) und dann zum nächstmöglichen, Dienst habenden Tierarzt bringen, vorher anrufen usw.; der Hund hat es sehr knapp überlebt. Sei also vorsichtig, liebe Luna, wenn du neugierig die Wege verlässt.
    Ich freue mich schon auf morgen! Habt Freude und viele schöne Momente bis dahin!
    Liebe Grüße, Ruth und Lotte

    1. Oh ja, meine liebe Ruth, da kann so einiges passieren, manchmal reicht ein Stöckchen. Von Vipern möchte ich bei 20kg Lebendgewicht mal lieber keinen Besuch bekommen. Im Moment ist diese Gefahr allerdings relativ gering, denn Luna ist momentan überall an der leine: hier im Agriturismo wegen Katzen und Hühnern, außen wegen allem – z.B. Gewässern. Gleich mache ich mich heute ans Schreiben, demit wir morgen früh nicht wieder bis 11:00 brauchen, ehe wir loskommen 🙈. ich sende dir liebe Grüße und wünsche ein paar stressfreie Tage bis zu den Ferien.

  2. Hallo Marion auch ich habe von Marietherese deinen Link erhalten. Er lädt sofort zum Mitträumen ein. Deine Erzählungen und die dazu passende Fotos lassen einen quasi dabei sein! Ich war im vergangenen Februar das 3. Mal bei Mth . Ich habe die Ruhe und Entschleunigung sehr genossen. Ich hoffe dass es diesmal klappt dich zu erreichen…. Habt noch einen schönen Tag

      1. Wie geht es Luna am Tagesende, liebe Marion?
        Ja, Palmsonntag, Olivensträußchen, Segen von einer Rolli Nonne, das war dir ganz fremd, meine Liebe, macht nichts: demnächst gibt‘s in Médroux unterm Gingko oder Olivenbaum ein kostenloses Bibelstündchen, d‘accord?
        Es war ja wieder ein Tag mit wunderschönen Erlebnissen, eine herrliche Gegend!
        Wir haben schon überlegt, im nächsten Frühjahr uns evtl. mal mit Cokie bei Angelo einzu mieten. Ein Paradies!
        Pass gut auf euch auf, vergiss die Kräuter nicht, bonne nuit,
        Marie

        1. Achja, Bibelstündchen, das brauchen wir atheistischen Ossis doch mal ab und zu 😉 Bin dabei 😃! Luna geht es gut. Immer noch mit Antibiotikum und Schmerzmitteln versorgt, bin ich vor allem über den zustand der Narbe sehr froh. Ich versuche sie am Tag etwas zu bremsen, wenns nach ihr ginge, wäre schon wieder Party angesagt. Nun haben wir uns an den Kamin verzogen und ich hole gleich die Kräuterbücher raus 😜. Also Angelos Hof ist wirklich sehr rustikal und nur über 2km Schotterweg zu erreichen. Mir gefällt sowas ja, aber man darf nicht zu viel erwarten! Wenn euch das nicht stört dann plant den Trip und geniest die Umgebung. So, der neue Artikel ist online, Viel Spaß beim Lesen und eine dicke Umarmung ❤️

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