Bei Angelo

Um 8:00 Uhr seh ich die Alpen. Immer wieder bin ich beeindruckt, wenn sie sich plötzlich am Horizont erheben und mich mit ihren schneebedeckten Gipfel zu grüßen scheinen. Nachdem ich für eine Nacht Alex` wunderbare Gastfreundschaft  in München genießen konnte, habe ich mich heute morgen gleich nach der Gassirunde – die übrigens am Imperium des FC Bayern München entlangging – auf den Weg gemacht. Das war gut, denn später gabs Urlaubsstau, den hatten wir zum Glück nicht.

Ach ja, natürlich musste Luna noch versorgt werden und das nicht nur mit Futter und Wasser. Noch einen Tag vor Abreise hatte sie nämlich für einige Aufregung gesorgt und war auf dem OP-Tisch der Tierklinik gelandet. Okay – ich war ja selber Schuld. Was werfe ich auch diese blöden Stöckchen. Das ist wirklich gefährlich, wie ich nun selbst erleben musste und das, was erst aussah wie eine klaffende Wunde, erwies sich als Pfählungsverletzung, die unter Narkose gesäubert, genäht und mit einer Drainage versehen werden musste. Das merkt sich Frauchen jetzt und Stöcke sind ab heute raus!!!! Die morgendlichen Konsequenzen sind Antibiotikum, Verbandswechsel, säubern und später Drainage entfernen und Fäden ziehen. Ich absolviere gerade quasi eine autodidaktische Ausbildung zur Tierarzthelferin, denn den netten jungen Tierarzt konnte ich dafür ja nicht einfach mitnehmen und ob ich mich bei einem italienischen verständlich machen kann, wag ich zu bezweifeln.

600km liegen bis zum ersten Quartier vor mir, Luna neben mir auf dem „Krankenbett“ und ich genieße die wunderbare Berglandschaft. Doch plötzlich verabschiedet sich mein O2-Netz und ich habe weder Internet noch eine Telefonverbindung. Erst denke ich noch, es läge an den Bergen, aber als nach 3 Stunden immer noch kein Empfang ist, werde ich nervös. Es ist schon krass, wie hilflos man sich plötzlich fühlt. Weder die Navigation, noch Kontakt zur Heimat oder den Gastgebern, kein Hörbuch oder die AirBnB-App funktionieren. Mein altes Navi liegt natürlich auch zuhause gemütlich im Kasten. Ich erwische mich bei dem Gedanken zu googlen, ob das O2-Netzwerk gestört ist… ?? Oder ist das entsprechende Teil in meinem Gerät kaputt?? Irre, wie abhängig man wird. Aber die Frage, wie ich mein völlig abgelegenes Quartier finden soll, bewegt mich schon.

Na ja, nach vielen Versuchen, Klicks, Einstellungsänderungen, Herunterfahren und Neustarts machts Pling und alles funktioniert wieder. Was für eine Erleichterung!!

Es ist ungefähr 4 als ich in die etwas gewöhnungsbedürftige Straße, nein, es ist eigentlich nur ein Feldweg, zum Quartier einbiege. Wasserfurchen, Steine, Spurrillen… also das Womo hätte den Geist aufgegeben. Doch der Caddy kämpft sich tapfer den Berg hinauf und ich lande auf einem sehr rustikalen, aber wunderbar gelegenen Agriturismo. Ein junger Typ bastelt gerade am neuen Dach der Scheune, das Baumaterial kullert überall herum. Ein ältere Frau pflückt Kräuter und Angelo, der Gastgeber kommt freundlich auf mich zu.  Er ist klein, drahtig und wahrscheinlich Mitte 60. Auf Kleidung legt er nicht viel Wert und ob Luna seine Hühner jagt, ist ihm egal. Er hat auch einen Hund, weiß aber gerade nicht, wo der sich rumtreibt.

Gänseblümchenwiesen überall und rundherum nichts als Landschaft, Olivenbäume, Hügel und leider grauer und stürmischer Himmel. Im Wohnzimmer brennt schon der Kamin und ich betrete mein Quartier. Hier über dem Hühnerstall ist es wirklich sehr rustikal, aber ich habe ein ganzes Reich für mich mit Küche, Balkon, Wohnzimmer(-halle), Schlafzimmer und Bad. Alles ist wirklich alt: die Stühle, die Schränke, der Toaster, aber das stört mich nicht. Wir drehen eine Runde durch die Umgebung und fallen nach dem Abendbrot beide hundemüde ins Bett.

Der Wind und die dicken Wolken, die uns empfangen haben, sind am nächsten Morgen verschwunden. In herrlichster Morgenstimmung mit Vogelgezwitscher und traumhafter Ruhe drehen wir die erste Gassirunde gegen 7:00. Noch ein Stückchen den Berg hinauf steht ein anderes Haus. Eine Bauruine in Traumlage.

Auf dem rechten Bild kann man übrigens unseren Hof erkennen – da hinter dem Gesträuch in der Mitte schimmert er hervor.

Angelo erzählt mir dann, dass dort oben erst alles platt gemacht (altes Haus und Natur), groß gebaut wurde und dann war das Geld knapp. Sein Haus ist 500 Jahre alt und seit 1600 irgendwas im Besitz seiner Familie. Zwei Hunde, drei Katzen, eine Ente, zwei Pferde, ein paar Hühner (eins mit PTBS nach Lunakontakt) und ein ziemlichen Investitionsstau gehören auch dazu.

Aber mir ist das schnurz, ich brauch keinen Luxus und nehme mir vor, in den nächsten beiden Wochen nicht zu hetzen. Deshalb hab ich jetzt erst einmal nur einen Plan: Frühstück hinter der Glaswand zum Balkon, denn draußen ist es noch ein bisschen frisch. Und wenn ich Lust habe, fahre ich dann max. noch die 40km nach Fiesole, oberhalb von Florenz auf einen Kaffeespaziergang. Und ansonsten Ruuuuheee…. 

12 Gedanken zu „Bei Angelo“

  1. Hallo Marion, ich habe schon wieder mit Interesse deine Beiträge gelesen. Ich könnte jetzt sagen, dass es so cool ist nicht mehr den Schulstress zu haben und alles ruhiger angehen zu können. In der Toskana waren wir vor vielen Jahren und waren begeistert und in Florenz nochmal extra eine Woche. Da gibt es soviel zu sehen, du wirst es mögen. Viel Spaß, ich werde es weiter verfolgen und erhol dich gut. Liebe Grüße Kordula

    1. Das freut mich sehr, liebe Kordula und ich gönne dir deine Ruhe von ganzem Herzen. Auch bei mir ist es von Die.-Fr. jetzt sehr viel stressfreier. Ich arbeite an diesen Tagen als Kliniklehrer und mir macht mein Job wieder richtig Spaß. Hier in der Toskana war ich vor Jahren schon mal unterwegs. Allerdings scheute ich über Ostern vor zu vielen Touristen zurück. Im Moment ist das aber gut zu ertragen… so viele sinds gar nicht. Liebe Grüße in die Heimat.

  2. Hallo Marion
    Tolles Bericht und es sieht auch sehr schön aus, das wäre auch mal was für mich ☺️
    Habe durch MarieTherese deinen Bericht bekommen und gelesen 😃
    MTh hat schon oft von dir erzählt und du warst ein paar mal auch in der Bretagne bei ihr.
    Wir haben auch ein kleines Häuschen dort in der Gegend ☺️ nicht so toll wie bei MTh aber auch superschön bei uns 👍🏽
    Wurde mich freuen weiter hin deine Berichte zu lesen.
    Einen wunderschönen Ferien und gute Besserung an Luna.
    Mit vielen freundlichen Grüßen Ann aus Dänemark 🇩🇰 (ist kompliziert) kannst mal bei MTh nachfragen 😆

    1. Hallo Ann aus Dänemark. Schön, dass du mitliest und dich meldest. Ich hoffe du hast Spaß daran – das ist mein Ziel 🙂 Bestimmt komme ich auch mal wieder nach Medroux und die Bretagne, das ist ein wunderschönes Fleckchen Erde. Liebe Grüße nach Dänemark und viel Freude beim Lesen.

  3. Ich freue mich ganz sehr, dass es wieder einen Blog gibt!!! Und danke für die herrlichen Bilder. Ich bin sehr beruhigt, wenn du schreibst, dass du alles ganz ruhig angehen wirst. Weiterhin viel Freude in dieser herrlichen Gegend, gute Besserung für Lunchen und eine dicke Umarmung von mir an euch beide. Zu Angelo möchte ich, glaube ich, auch mal fahren….

    1. Das ist supi und ich schreibe natürlich gern alles auf, was mir so über den Weg läuft. Ich wünsche auch euch bald einen guten Start und eine tolle Reise und bin auch sehr gespannt auf eure Bilder 😉 Liebe Grüße

  4. Ach, meine liebe Marion, hättest du mich und meine Lucky mitgenommen, würde ich bis zum Ende deiner Reise an diesem herrlichen Ort bleiben !
    Eigentlich doch für dich der richtige Ort, deine Kräuterpädagogenmasterarbeit 🤣😱🫣 zu schreiben! Das Katzenfoto ist zu schön!! Ich freue mich schon auf deine Berichte und wünsche dir und Luna ganz viel Freude und viele wunderschöne Erlebnisse. Passt auf euch auf und versorge Lunchen gut, deine Médrouxer

    1. Achja, die Kräuterpädagogenmasterarbeit… wenn ich doch nur Lust hätte, der Bücherstapel liegt neben mir… Schreiben muss ich nix mehr, das ist fertig – jetzt gehts ans lernen und schlagartig habe ich Verständnis für die faulsten meiner Schüler … Naja, wird schon. Viel Spaß beim Lesen und ganz liebe Grüße in mein Lieblingsmedroux ❤️ an alles Getier und vor allem dich 🤗

  5. Gabriele Eberhardt

    Guten Morgen meine Liebe.
    Ich wünsche dir einen zauberhaften und vor allem ERHOLSAMEN Urlaub mit deiner Luna. Mit Begeisterung VERFOLGE ich euch und schicke ganz liebe Gedanken auf euern Weg … 🙂 … Gabi

  6. Hallo Marion , Marietherese war sehr fleißig ! Auch mir hat sie deinen Link zum Blog weitergeleitet . Und ich kann mich nur meinen Vorgängerinnen anschließen , es hört sich alles sehr verlockend schön und gut an . Um mich einzuordnen : ich war jetzt das 3. Mal bei Mth. Letztes Mal gerade den vergangenen Februar und wir hatten eine gute Zeit miteinander.Laß weiter von dir / euch hören 😉 , ich würde mich freuen deiner Reise weiter folgen zu dürfen. Aus dem heute endlich einmal sonnigen Dortmund wünsche ich euch auch einen schönen Tag ☀️

    1. Hallo Corinna, na klar, komm gerne mit und lass dich vielleicht auch inspirieren. Es freut mich immer sehr, wenn andere auch Spaß dran haben. Sicher gibt es auf einer solchen reise und auch wenn man allein resit nicht immer nur Supergutelaunetage, aber ich versuche es alles positiv zu sehen. So würde sich mancher vielleicht hier in dieser rustikalen Umgebung gar nicht wohl fühlen, doch ich finde es fantastisch … Schau, wie es dir damit geht und sei ganz lieb gegrüßt. Danke für die lieben Wünsche und hab eine gute Zeit.

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