Touris oder Sonne – eins geht nur

Was am Abend noch mit einem ganz hübschen Sonnenuntergang endete, erinnert am Morgen nur noch an Schottlandwetter vom „Feinsten“: Trübe, nass, neblig, feiner Sprühregen, düstere Wolken.

Es lässt sich nicht ändern und so nehme ich mir Clovelly vor. 50km entfernt – vielleicht hört der Regen bis dahin auf… Eins der schönsten Dörfer England soll es sein und der Ort hat noch eine weitere Besonderheit. Er gehört komplett einer Familie Rous. Die haben ihn irgendwann einmal gekauft und ein Museumsdorf daraus gemacht. Mit Eintritt und kompletten Pipapo: Besucherzentrum, Souveniershops, Rover-Shuttle hintenrum für die, denen der Rückweg zu steil ist…

Man darf aber ganz normal hier wohnen, das heißt: ein Haus mieten. Allerdings gibt es da einige Bedingungen: Man muss selbst mindesten 200 Tage im Jahr vor Ort sein und darf am Haus nichts ohne Genehmigung ändern. Und natürlich: man muss Touristenmassen ertragen können.

Die allerdings sind heute nicht unbedingt zu erwarten, denn auch als wir ankommen schüttet es noch immer. Ich warten eine Stunde, lese, überlege… und dann mache ich etwas, das ich noch nie gemacht habe: ich ziehe das überaus scheußliche Regencape an, was sich schon seit Jahren im Womo „rumtreibt“. Gelb, riesig, unförmig aber dicht – das Michelin-Männchen ist wahrscheinlich ein Schönheitsidol gegen mich in dem Ding. Doch dem, was da vom Himmel kommt, hält meine Regenjacke nicht auf Dauer stand. So tappen wir sie also hinunter, die glitschig nassen Kopfsteinpflaster-Gassen von Clovelly.

Kein Auto kann hier durchs Dorf fahren, deshalb werden Esel eingesetzt, die die Lasten transportieren – auch heute noch, aber bei der Nässe lässt sich kein Esel draußen blicken. Auch die meisten der kleinen Läden haben geschlossen – bei den wenigen Touris lohnt das wahrscheinlich nicht.

Ich hingegen freue mich wenigstens darüber, dass ich den Ort nicht mit 100en teilen muss. Niemand drängelt, rempelt, schiebt. Man hat alles (fast) für sich allein – nur die Sonne fehlt.

Da hinten hängt ja meine Regenjacke noch einmal.

Ein kleines Fischerhaus kann man besichtigen und erfährt am eigenen Leibe, wie eng man hier leben muss. Der kleine Kasten da links neben der Tür ist übrigens ein Brunnen.

Auch eine Minikirche hat das Dorf.

Schnell landen wir unten am Hafen und dort liegen gerade alle Kähne wegen der Ebbe auf Sand. Bei besserem Wetter könnte sich eine Küstenwanderung zum nächsten Aussichtspunkt anschließen, aber obwohl der Regen etwas nachgelassen hat, lädt dazu heute nun wirklich gar nichts ein. Ansonsten schwärmt mein Südengland-Reiseführer von azurblauem Wasser und fantastischen Ausblicken… nun ja man kann nicht alles haben – ich hab heute wenig Touris – auch schön!

Wir steigen den Berg wieder hinauf und begutachten noch die Schlitten, die vor fast jedem Haus liegen. Selbst die Kopfsteinpflaster zeigen Spuren von deren Benutzung. Räder scheinen auf diesem welligem Untergrund keine Chance zu haben, deshalb reichen wohl einfache Holzkufen.

Und dann entdecken wir noch die Esel. Natürlich im Stall, die haben heute wirklich die Nase voll und bewegen sich keinen Millimeter.

Es regnet weiter – na gut, dann wird eben Strecke gemacht. Nächster Ritt: Exmoor – Nationalpark. Wenn es morgen besser wird, kann man dort einen Wandertag einlegen. Zuerst peilen wir aber die Tarr Steps an. Natürlich wird einem Womo-Fahrer auch hier der Weg dahin nicht etwa leicht gemacht…

Diese besondere Clapper Bridge über den River Barle bildet mit den flachen Granitsteinen 17 Bögen bis zur anderen Seite. Jeder von ihnen wiegt bis zu zwei Tonnen und gibt mit seinem Eigengewicht der ganzen Konstruktion halt. Diese könnte evtl. schon aus keltischer Zeit stammen. Leider sehen wir heute nicht mehr ganz das Original. 1952 hat eine riesige Flutwelle alles mit sich gerissen und man puzzelte danach alles wieder zusammen. Danach hat man die Steine nummeriert, damit das nächste Puzzle leichter wird.

Eigentlich hatte ich gelesen, dass man auf dem Wanderparkplatz – der übrigens 3 Pfund Minimum kostet – stehen darf… aber NO parking overnight NO sleeping in cars NO camping No dies NO das … langsam nervt das viele NO… ich hatte mich schon gefreut die Strecke heute nicht wieder zurück zu müssen, denn hier gehts nicht weiter, aber so bleib ich halt im Training beim Fahren auf Straßen, die eigentlich Fahrradwege sein müssten. Gern würde ich noch eine größere Runde laufen… aber … naja, ihr wisst schon: nass von oben und unten. Die Sachen krieg ich bis morgen nie trocken. Und so suchen wir uns heute mal einen Campingplatz. Eine warme Dusche wäre toll.

Vier Kilometer vom kleinen Örtchen Exford entfernt liegt ganz einsam der Westermill Campingplatz. Der Weg dahin… wieder mal zum Haare raufen eng, aber zum Glück ohne Gegenverkehr. Strom fürs Womo gibt es nicht. Dafür aber viiiiel Platz, einen Bach direkt an unserer Wiese, eine nette Betreiberin und WLAN, damit ich schreiben kann. Hier ist nämlich wie so oft Null-Balken-Gebiet.

Ein letztes NO begegnet mir an der Dusche: „No-Duke-of-Edinburgh-Students“ steht da in großen Lettern. Was das wohl für Studenten seien, möchte ich von meiner Gastgeberin wissen. Sie erzählt mir von einem Verein, der die harte Erziehung des Duke auf heute überträgt: Nur kaltes Wasser, viel draußen, kein Gejammer… usw. Die scheinen hier regelmäßig vorbeizukommen und dürfen sich anscheinend nur im Fluß waschen… Na dann nichts wie unter die warme Dusche und dann mit einem heißen Cornish Tee unter die gemütliche Bettdecke: Kommt gut durch die Nacht.

2 Gedanken zu „Touris oder Sonne – eins geht nur“

  1. Das tut mir echt leid, dass das Wetter nicht immer so recht mitspielen möchte. Aber wie du es ja schon festgestellt hast: keine Sonne, keine Touris. Also Ruhe… Sehr cool, dieses Museumsdorf mit den süßen Eseln. Und toll auch die Clapper-Brigde… Gott sei Dank gab es abends zur Abwechslung warmes Wasser von oben… Aber wer wird freiwillig ein Duke of Edinburgh- Student? Bei den harten Methoden? Verrückt…. Habt einen schönen Tag und bitte keine No’s und auch keinen Regen. Das wünsche ich euch! Liebe Grüße von Netti

  2. Ja, ja, der Duke, der bevorzugte die harte Tour, zu sehen bei „The Crown“ auf Netflix. Da hat der kleine Charlie sehr gelitten 😔 Aber nein, nix für mich: ne warme Dusche ist schon was wert 😜

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