Die Gesichter der Passanten

Und wieder hatte Tim Smit seine Finger im Spiel. Wenn das Eden-Project sicherlich sein Lebenswerk ist, so könnten die Lost Gardens of Heligan seine Herzens-Projekt gewesen sein. Seit der Tudor-Zeit gehörte das Gut in Heligan der Familie Tremayne, die zwischen den Jahren 1780 und 1790 mit 20 Gärtnern ein 32 Hektar großes Areal so gestaltete, wie wir es heute wieder sehen können. Allerdings kamen im 1. Weltkrieg 9 dieser Männer ums Leben und als dann auch noch der letzte männliche Erbe der Familie starb, verließ der letzte Besitzer Jack Tremayne mit „gebrochenem Herzen“ das Gut und die Gärten fielen dem Vergessen zum Opfer.

Erinnerung an die Gefallenen

1990 zeigte John Willis, der das Gelände mit seiner Frau geerbt hatte, seinem Freund Tim Smit den Garten. Völlig von Brombeeren und Gestrüpp überwuchert, konnte man aber einige der alten Pflanzen noch erkennen. So begann man gemeinsam mit Experten 1991 den Garten wieder so herzustellen, wie er in seinen besten Zeiten aussah. Und mit Erfolg. 1999 wurde The Lost Garden of Heligan zum Garten des Jahres gewählt.

Er gliedert sich in mehrere Bereiche. man findet hier einen Zier-, Nutzgarten, den Dschungel, das Verlorene Tal usw..

Wir beginnen aber mit den wunderbaren Skulpturen von Susann Hill: „The Mud Maid“ und dem „Giants Head“.

Überall am Weg ist an Kinder gedacht. Vielleicht auch an ältere Kinder, die noch einmal die einfachen Straßenspiele ihrer Kindheit ausprobieren wollen. Da gibts gleich eine kleine Hilfestellung.

Ich kenne den „Hüppekasten“ zwar mit Kreide aufs Pflaster gemalt… aber so gehts natürlich auch.

In diesen Garten dürfen Hunde mit. Am Eingang gibts für alle zwei Leckerli und einen Kotbeutel in einer Geschenktüte. Nett verpackter Hinweis❤️

Neben den fantastischen Wildblumen fasziniert mich auch in diesem Garten der subtropische Bereich. Cornwall ist durch den Golfstrom begünstigt und hat ein besonders mildes und auch im Winter herrscht hier eine Durchschnittstemperatur von 6 Grad. Deshalb gedeihen hier diese Pflanzen recht gut und das machten sich auch die Gärtner in diesem Gut zunutze. Sie legten einen großen subtropischen Garten in einer geschützten Senke an.

Eine deutsche Reiseführerin erklärt gerade ihrer Gruppe, dass davon in den 90ern nichts mehr zu sehen war. Alles vergessen, verwildert, nichts zu sehen. „Mussten die Bäume dann neu gepflanzt werden?“ , fragt eine Touristin. „Nein, die konnte man wieder befreien. 😉 “ Das sieht man besonders schön an den Rhododendren im Nachbargartenbereich. Die sind schon sehr alt und der wilde Wuchs zeigt die vielen Jahre „ohne Betreuung“.

Wusstet ihr, was eine Vinery ist? Dieser kleine Wintergarten hier, in dem der Wein wächst. Allerdings frage ich mich, wozu das bei den eben beschriebenen Temperaturen nötig ist… vielleicht um auch am Heiligabend Wein ernten zu können?

Im Nutzgarten stehen diese herrlichen alten Bienenkörbe. Auch Tiere gibt es hier: Pferde, Schafe, Hühner, Ziegen und:

Zum Glück können die nicht sehen, was wir bei unserer Ankunft hinter dem garteneigenen Restaurant gesehen haben… ja auch hier liegen Fantasie und Realität weit auseinander: Niedliche kleine Ferkel versus Schwein am Spieß.

Den ganzen Tag kann man in den weitläufigen Anlagen verbringen. Viele Familien mit Kindern und Großeltern sind hier unterwegs und an die Kleinen ist wieder einmal bestens gedacht. Spielplätze, Mitmachstationen, Spiele, Fragen usw. säumen ihren Weg.

Für uns wird es nun aber Zeit für die Schlafplatzsuche. Zwei Plätze werden im Reiseführer empfohlen. Ein Stellplatz in Mevagissey ist der nächste. Ein kleines Dorf am Kanal und auf dem vorgelagerten Parkplatz könnte man stehen. Ich rausche erst einmal am Parkplatz vorbei, weil irgendwas von Railway-Ausstellung-Parking dransteht und lande mitten im Single-Road-Verkehr des äußerst engen Küstendorfs. Das war nicht der Plan! Mittlerweile habe ich mir angewöhnt, die Schwierigkeit meines fahrtechnischen Unterfangens an der Mimik der Fußgänger abzulesen. Das ist eigentlich immer ein guter Gradmesser. Das hier ist also schwierig! Zumindest sagen das die Gesichter. Also mal ganz langsam. Wenn der Transporter da vorne durchpasst… okay, der hat ziemlich viele Schrammen… Schön langsam, durchatmen… und mit gefühlt 5 km/h komme ich durch alle Schlippen unbeschadet durch und bin froh, den verfehlten Parkplatz heil zu erreichen. Der ist allerdings so hässlich, groß und voll, dass ich hier nicht übernachten möchte. Nächste Vorschlag: Gorran Haven, 7km weiter. Und hier habe ich Glück. Eine große Wiese, von zwei älteren Herren verwaltet, lädt förmlich zum Übernachten ein. Bei schönem Wetter sieht man von hier aus sogar das Meer in vielleicht 300m Entfernung und morgen beginnt um die Ecke ein Küstenwanderweg… wenn das Wetter mitspielt. Für 15 £ darf ich hier 24h stehen. Nicht umsonst, aber auf Gassen hab ich heute keinen Bock mehr.

Der Wind pfeift, der Regen tröpfelt aufs Dach… und ich habe Netz zum Schreiben – eigentlich ganz gemütlich hier.

Kommt gut durch die Nacht.

2 Gedanken zu „Die Gesichter der Passanten“

  1. The Lost Garden of Heligen ist einfach nur traumhaft!!! Da bekommt man ja völlig neue Inspirationen…. Danke für die schönen Bilder und deinen wunderbaren Bericht. Ich bin wirklich begeistert. Vinery, Figuren, Wildblumen, Farne…. Herrlich! Liebste Grüße

  2. Ich freue mich , dass du Dpaß hast und vielleicht solltest du wirklich mal ein Cottage in Cornwall oder Kent mieten und eine Gartenrinde drehen. Das luna hnt sich hier auf jeden Fall 👍

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