Heute soll es sein – ich will den Heimweg antreten. Doch schon die Nacht ist unruhig: In Ruths Zimmer brennt um 3:00 Uhr Licht, früh am Morgen fährt jemand weg … als ich unsere Morgenrunde drehe, bekomme ich die Nachricht: „Wir sind beim Tierarzt – Rosa gehts schlecht.“ Ruths kleine Jack-Russel-Dame ist schon 15 Jahre alt, aber bei unserer Strandwanderung und gestern Abend am Kamin war sie fröhlich mit dabei.

Ich decke den Frühstückstisch und Hildrun kommt dazu, wir machen uns Sorgen. Doch Marietheres und Ruth bringen frisches Baguette mit und meinen, der Tierarzt hätte Entwarnung geblasen – Rosa sei nur zur Beobachtung dageblieben.

Wir haben ein gemütliches Abschieds-Frühstück ehe ich mein Womo zusammenpacke, noch hektisch den Schlüssel suche und der freundliche Nachbar mit einer endlos langen Holzlatte die Telefonleitung hochhält, die ich bei meinem allerersten Besuch mit dem Alkoven gekappt hatte. Nun kanns losgehen, doch plötzlich braust Ruth mit ihrem Golf davon und ich bekomme den Zusammenhang erst später mit: Rosa ist gestorben!! Das ist für alle ein Schock und noch dazu mitten im Abschiedsgewimmel – ohwei. Soll ich warten? Aber Marietheres meint, es wäre besser, ich würde fahren. So wird es diesmal ein Abschied mit Tränen und auch mir steigt ein Gefühl hoch, wie es einmal sein wird… aber wir haben hoffentlich noch ein bisschen zeit. Luna ist erst 5.

Auf der Landstraße hinter Medroux treffe ich dann doch noch auf Ruth. Wir halten an und umarmen uns fest. Ein doppelter Abschied. R.I.P. kleine Rosa

Rosa am letzten Nachmittag

Lange habe ich mit nicht entscheiden können, wie ich meinen Heimweg gestalte, nun fahre ich aber noch einmal zur Hortensiengärtnerei, die natürlich bei unserem Besuch am Ostermontag geschlossen hatte. Drei wunderschöne Töpfe wandern in das Womo und werden meinen Garten zuhause bereichern.

In Taupont gibt es einen See mit Hortensienpfad. das ist zwar so früh im Jahr noch kein gärtnerisch interessantes Vergnügen, wir kommen aber vor der langen Fahrt noch etwas in Bewegung.

Dann steht fest: Trotz des schlechten Wetters versuche ich noch ein paar Sonnenstrahlen in der Normandie zu erhaschen. In strömendem Regen gehts zur Pont de Normandie und bis in eine Bucht nahe Saint Pierre en Port.. Dort angekommen, sieht alles ziemlich bekannt aus. Tatsächlich hatte ich auf meiner Tour 2019 hier schon einmal übernachtet. Leider ist die Steilküste sehr instabil und der komplette Strand ist abgesperrt. Tatsächlich ähnelt er auch eher einer Schotterhalde. So laufen wir am nächsten Morgen besser den Wanderweg oberhalb der Steilküste entlang – auch schön, zumal das Wetter wieder besser wird.

Zum Frühstück setze ich noch einmal in den Hafen von Saint Vallery en Caux um. Dort gibts frisches Baguette und einen Stellplatz direkt am Meer. Im Sommer werden hier die Höhenbegrenzungen zugeklappt – jetzt kann ich ganz in Ruhe und allein hier stehen und meinen Kaffee genießen. Auch eine Strandwanderung ist hier bei Ebbe drin und die Sonne scheint. Perfekt!

Weiter gehts in Richtung Amiens. Auch diese Stadt mit dem gemütlichen Zentrum hatte ich schon 2019 besucht und hier im Sommer eine unvergessene Lichtshow an der Fassade der Kathedrale bestaunt. Heute finde ich den gleichen fantastischen (und kostenlosen) Stellplatz nahe des Parks und laufe mit Luna durch die Stadt.- Eins habe ich in der Kirsche im Burgund gelernt: „Wer viel fragt, geht viel irre!“ und so nehme ich Luna einfach mit in die Kathedrale hinein, lege sie am Rand ab und kann sie so im Blick behalten, während ich das fantastische Bauwerk genieße. Und… keiner hat etwas dagegen.

Wir bummeln durch die Gassen – alles mutet ein bisschen wie „Klein Venedig“ ohne Paläste an. Wirklich hübsch!

Und dann gehts weiter. Das Wetter wird schlechter und ich habe eigentlich nur noch ein Ziel: Belgien – kurz unterhalb von Brüssel liegt das Naturschutzgebiet Hallerbos und ich hatte im Netz schon fantastische Bilder gesehen. Da wachsen auf großen Flächen blaue Hasenglöcken in Massen und überziehen den Wald mit einem fantastischen Teppich. Das will ich sehen und hoffe, die Hasenglöckchen sind schon soweit.

Mein NBavi führ mich genau hin, aber die letzten Meter zum ausgesuchten Parkplatz sind mit dem Womo nicht zu machen – viel zu eng. Überall stehen allerdings schon die mobilen Parkverbotsschilder der Anwohner, die sich damit augenscheinlich dem Anstrurm der wild parkenden Hasenglöckchenfotografen erwehren wollen. Dieses Bild fand ich unter dem Stichwort „Hallerbos“ neulich im Netz:

Aber auch diese

www.mybestplace.com

Da musste ich unbedingt hin. Doch vor mir: Waldweg, Bäume, steil, eng, undurchfahrbar… dazu noch Gewitter und fette Schneeflocken… erst einmal rechts ran, wenn man in dieser Enge davon sprechen kann, durchatmen, neuen Weg suchen. Natürlich: kein Netz. Naja, den Weg zurück kenne ich ja und nach einer riesigen Umfahrung finde ich den Parkplatz am Fußballvereinshaus. Aber noch keine Hasenglöcken. Weit können sie nicht sein. Sicherstes Zeichen: Auch hier überall flexible Parkverbotsschilder… und ca. 30 Min. vor Sonnenuntergang habe ich es geschafft. Eine kleine Wanderung durch den Park vermittelte ein Gefühl, wie es hier bei gutem Licht aussehen kann, wunderschöne riesige Flächen voller Blumen, nicht nur Hasenglöckchen auch weiße Anemonen ohne Zahl. Man merkt aber auch sofort, wie viele Menschen am Tag durch diese Idylle stapften. Manche Wege sind jetzt schon kaum passierbar und matschig, zertrampelt, obwohl noch gar nicht alle Glöckchen erblüht sind.

Das Gelände ist groß, aber im nachlassenden Licht verziehen wir uns lieber zurück auf den Übernachtungsplatz am Sportlerheim, zumal Luna schon wieder „Freundschaft mit einem Reh schließen will.

In der kommenden nacht schüttet es ununterbrochen und mir vergeht die Lust morgens noch einmal zurück zum „blauen Wunder“ zu fahren. So machen wir uns nach einem kleinen Spaziergang nun entschlossen auf dem heimweg.. Es ist zwar erst Donnerstag, aber ich habe kein Ziel mehr und das Wetter ist auch doof, ohne Dusche und fließendes Wasser (die Pumpe ist immer noch kaputt) und mit drei Hortensien an Bord… ist das die beste Entscheidung.

Nach 3 Stunden machen wir bei Stau nahe Würselen (wer kam nochmal aus Würselen??? – Ruth verrät es: ein ehemaliger SPD – Kanzlerkandidat…). Dort gibt es das wunderschöne Wurmtal… auch hier ne Menge Rehe und eine verzweifelte Luna.

Nach 650 km bin ich dann etwas müde aber glücklich gegen 19:30 zuhause und falle geschafft ins Bett. Zwei Wochen sind für fast 4000km doch eine ziemlich kurze Zeit. das überlege ich mir beim nächsten Mal genau. Aber meine „Bretagnemami“ zaubert man nicht näher ran und dafür hat es sich gelohnt. Schön war es wieder bei dir und Ruth und vielen Dank für die fantastische Gastfreundschaft. Bleibt gesund und munter und uns gewogen.

Bis bald.

2 Gedanken zu „Ein trauriger Abschied“

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