The Stone of Destiny

The Wood of Birnam wird nicht unser Nachtquartier, aber einen Besuch der beiden ältesten Bäume des Waldes lasse ich mir dann doch nicht nehmen.

Die Birnam-Eiche ist der älteres der beiden. Ob sie aber zu Zeiten Macbeth (König bis 1057) oder zu Shakespeares , der 1589 hier in Perth mit einer Schauspieltruppe gewesen sein könnte, schon da stand, lässt sich heute kaum noch sagen. Auf alle Fälle ist sie, ebenso wie ihr Nachbar, ein Bergahorn mit einem Stammumfang von 8 Metern, absolut sehenswert.

Der Tag bleibt verregnet und auch Luna hat keine Lust in die Fluten des River Tay an der Dunkeld Bridge zu springen.

Einen kleinen Schlenker zur Dunkeld Cathedral wollen wir noch machen. Diese romantische Ruine aus der Zeit der schottischen Klostergründungen um 1200 ist als besonders schön beschrieben. Doch leider erwartet uns ein Schild, das wir in diesem Sommer schon des öfteren gesehen haben. Hier ist der Grund Baufälligkeit. Die alten Gemäuer geben nach und wahrscheinlich hat die schottische Denkmalbehörde einfach zu viele alte Gemäuer zu reparieren.

Nun will ich doch noch bis Perth fahren und habe mir dort einen wahrscheinlich schönen Waldparkplatz mit Blick über die Stadt ausgesucht. Unterwegs schaue ich aber noch am Weiler Meileour vorbei. Hier hat im Jahre 1745 ein Ehepaar eine Grenzbepflanzung mit Buchensetzlingen vorgenommen. Kurz danach fiel der Mann bei Culloden und sie flüchtete zu Freunden und so wuchs die Hecke ungehindert fort. Heute steht sie als längste Hecke der Welt im Guinnes-Buch der Rekorde. Bei über 600m Länge und bis zu 30m Höhe benötigen aller 10 Jahre vier Männer inclusive Huydraulik-Hebebühne ungefähr 6 Wochen, um sie zu schneiden.

Auf dem Jubilee-Carpark am Kinnoull Hill Woodland-Park in den Hügeln um Perth finde ich einen Platz für die Nacht. Wanderer, Jogger und Hundebesitzer stört der Dauerregen kein bisschen und so machen auch wir uns unter Baumriesen und mit eigentlich fantastischen Aussichten noch einmal auf einen Abendspaziergang auf die Socken… und werden klitschnass.

Abends kommt noch ein kleiner Camper dazu und dann erlebe ich die erste zugegebener Maßen etwas seltsame Situation: Ich stehe auf dem Parkplatz, es wird dunkel und ein Auto parkt so, dass die Scheinwerfer meine Längsseite anstrahlen, der Motor läuft, das Licht bleibt an… zwei Stunden lang – ich habe auf die Uhr geschaut… Vollbeleuchtung im Womo und Dauermotorengeräusch… Zwischendurch dachte ich schon, dass der Fahrer vielleicht einen Herzinfarkt erlitten hat und ich Hilfe leisten sollte, aber den Mum hatte ich dann doch nicht. Wenn da kein zweiter Camper gewesen wäre, hätte ich den Dicken gestartet und das Weite gesucht… das war schon ein bissl unheimlich. Dann legt er den Gang ein und fährt los. Seltsam!

Ansonsten ist die Nacht ruhig, bis morgens – immer noch bei Regen – das gleiche Klientel wieder aufschlägt: Jogger, Hundebesitzer, Wanderer.

Ich starte gegen 9:30 Uhr in Richtung Scone Palace. Nein das ist keine Bäckerei für das leckere schottische Teegebäck, sondern der Krönungsort aller schottischen Könige zwischen ca. 900 und 1651.

Zuerst einmal ist es für mich jedesmal etwas Besonderes, wenn man hier in den schottischen Castle-Gärten mit dem Womo durch die Anlagen fährt. Die Tore fast zu schmal, manchmal über wacklige Brücken, an alten Mauern vorbei. Stell dir vor, dass du erst einmal mit dem ”Dicken” durch den Park von Sanssouci fährst, um eine Eintrittskarte zu kaufen.

Das klappt hier wieder alles super und ich schließe mich als eine der ersten Gäste einer kleinen schweizer Reisegruppe an, die eine Führung auf Deutsch bekommt. Wunderschöne Innenräume, in denen nicht fotografiert werden darf. Der Earl of Mansfield wohnt mit seiner Familie noch hier und möchte das nicht. Nun ja, oder er möchte sein Heft verkaufen, was ja auch in Ordnung ist. Dann nehm ich halt die aus dem Heft.

Hier sieht man das Speisezimmer. Anlässlich eines Besuches der Queen Victoria 1842, die wohlgemerkt nur knapp 10 Stunden hier weilte und davon die meiste Zeit schlief – sie blieb über Nacht – wurde hier zwei Jahre lang alles vorbereitet um Ihre Majestät nicht zu vergnatzen. Tisch aus Amerika, Stühle von ortsansässigen Tischlern, Kristall aus Edinburgh und handbemaltes Porzellan mit Goldumrandung, die das Licht reflektierte um das Essen besser sehen zu können… alles nur für sie. Ach und die Straße, die ich gerade durch die Gärten gefahren bin, wurde auch aus diesem Grunde gebaut.

Diese 45m lange Galerie mit Fächergewölbe ist wohl der längste Raum in ganz Schottland und sehr beeindruckend. Allerdings haben alle schottischen Könige, die hier gekrönt worden sind, von dieser Pracht so überhaupt nichts gesehen, denn das Gebäude wie man es heute besichtigen kann entstand erst im Jahre 1803. Dazu wurde das alte mittelalterliche Haus fast vollständig abgetragen und das komplette Dorf Scone an einen neuen, zwei Meilen entfernten Ort verlegt. Die Anlage der Palastgärten machte das notwendig.🧐 Die früher hier unterhaltene Abtei war schon 1559 der Reformation und dem damit verbundenen Vandalismus zum Opfer gefallen. Trotz des persönlichen Eingreifen John Knox (also faktisch der ”Luther” der Insel) wurde alles geplündert und niedergebrannt.

Selbst dieser Stein hier ist nur eine Replik und hat doch für Schottland Identität eine große Bedeutung. Es ist der “Stein des Schicksals” – auch als “Stone of Scone” bekannt.

Als Kenneth MacAlpin im Jahre 843 die Pikten besiegt und somit Herrscher von ganz Schottland wir, soll er diesen Stein mitgebracht haben. Legenden geben diesem 152kg schweren Block aus Sandstein verschiedene Bedeutungen: Scots, die Tochter eines ägyptischen Pharao soll ihn auf die Insel gebracht haben. Nach christlicher Legende hätte Stammvater Jacob sein Haupt darauf gebettet, als er die Vision der Himmelsleiter hatte.

Jedenfalls wurden seit McAlpin alle schottischen Könige auf diesem Stein stehend oder sitzend gekrönt. In die Steinplatten dort am Boden sind die Namen und Krönungsjahre eingraviert – auch der von Shakespeare unsterblich gemachte Macbeth ist dabei.

1296 machte King Edward I nach einem Sieg gegen die Schotten einen geschickten Schachzug und ließ den Stein einfach nach Westminster London bringen. Angeschraubt unter dem englischen Thron wurden nun alle englischen Könige darauf gekrönt.

Stone of Scone unter dem englischen Krönungsstuhl (WIKIPEDIA)

Das traf die Schotten ins Mark und nachdem Edward dann auch noch einen Marionettenkönig für Schottland einsetzte rief das den Rebellen William Wallace 1297 und etwas erfolgreicher 1306 Robert the Bruce auf den Plan – den hatten wir ja schon. William Wallace begegnen wir gleich nochmal.

Der Stein blieb allerdings in Westminster Abbey bis… ja bis ein Student ihn dort 1950 am 1. Weihnachtsfeiertag klaute und nach Schottland zurückbrachte. Darüber gibt es im Palace die wichtigsten Zeitungsausschnitte zu lesen und die Story wurde sogar unter dem Titel ”Stone of Destiny” 2008 verfilmt.

Der Stein wurde gefunden und zurückgebracht, aber 1996 gab man ihn in einer festlichen Zermonie nach 700 Jahren an Schottland zurück. Aber das was hier im Garten steht ist immer noch eine Replik… der echte liegt jetzt in Edinburgh – im Museum.

Was für eine Geschichte… Wir wandeln jedenfalls noch ein bisschen durch den Park – da darf Luna wieder mit – und freuen uns über die Fasanen, das Artus-Schwert und den alten Friedhof, auf dem Bäume Grabsteine umarmen.

Wenn man anfängt, sich mit schottischer Geschichte zu beschäftigen dann raucht einem ziemlich schnell der Kopf, aber Melrose-Abbey liegt auf meinem Weg zur Fähre und da halte ich natürlich gerne noch einmal an. Auch diese bedeutende Kathedrale mit angeschlossenem Kloster gehört zu den Klostergründungen unter Malcom III und seinem Sohn David I um 1200. Die Bedeutung der Melrose Abbey in den ersten 200 friedlichen Jahren war groß. Robert the Bruce veranlasste sogar, dass nach seinem Tod sein Herz hier beigesetzt werden solle, was im Jahre 1331 auch geschah. An der schottisch-englischen Grenze gelegen wurde sie im 15./16.Jahrhundert aber verstärkt Opfer der Kriege, sodass um 1590 der letzte Mönch starb und das Gebäude danach nur noch zerfiel. 1610 benutzte man die Gebäude dann noch als Gemeindekirche, aber nach einem Kirchenneubau 1810 in Melrose, wurde die alte Kathedrale nicht mehr genutzt.

Berühmtheit erlangte die Ruine dann Ende des 18. Jahrhunderts, als Ruinen als romatisch galten und in Mode kamen. Dichter wie Robert Burns oder Sir Walther Scott besangen den Ort, William Turner und andere Maler zeichneten die Abtei und heute steht sie bei vielen Schottlandreisenden auf dem Programm.

Auch hier hat der Zahn der Zeit genagt und die Klimaveränderungen setzen den Steinen außerdem zu (so die Erklärtafeln im Gelände. Deshalb ist die Ruine durch viele hässliche Zäune abgesichert, man darf nicht mehr hinein. Das ist natürlich zum Fotografieren absolut blöd… ich versuche mein Bestes.

Neben der Abbey gibt es noch einen wunderbaren kleinen öffentlichen Garten: The Harmony Garden. Da gönnen wir uns noch ein halbes Stündchen Ruhe zwischen Blumen Gemüse und Kräutern. Scheinbar kann man hier mitgärtnern, denn die da in der Erde buddeln sehen aus, als täten sie das nicht beruflich…

Ein kleiner Bummel durch die Stadt zeigt: Hier gibt es ziemlich viele Andenken-Geschäfte… nix für mich. Ein kleiner Laden weckt dann aber doch mein Interesse.

Auf unserem Weg zum Nachtlager statten wir dem ersten großen schottischen Nationalhelden William Wallace noch einen Besuch ab. Im Film ”Breavehart” hat ihm Hollywood in den 90ern ein Denkmal gesetzt. Hier steht eins überlebensgroß und blickt ins schottische Land.

Aber 500m vorher am Scott` s-View ist der mindestens genauso schön, auch wenn Luna das nicht so richtig interessiert.

… als könnte man die Wolken pflücken

Den Weg hinab ins Tal des River Tweed findet das Womo fast von allein und neben der idyllischen Dryburgh Abbey finden wir einen ruhigen Platz für die Nacht – die letzte in Schottland… morgen sind wir um die Uhrzeit schon auf der Fähre. Madame hat es sich erst mal gemütlich gemacht und ich sitze noch hier und lese was über schottische Könige… Hund müsste man sein.

Vier wundervolle, aufregende, beeindruckende und inspirierende Wochen liegen hinter mir. Ich bin erfüllt von Eindrücken und Bildern, von Freude und Dankbarkeit, immer wieder diese Möglichkeit zu haben und meinen Sommer zum Ereignis werden zu lassen. Danke an alle, die das möglich machen, die in Gedanken und virtuell dabei waren und mir auch mal den einen oder anderen Kommentar dagelassen haben. Das ist immer sehr schön, denn man schreibt dann nicht so ins ”Leere”. Ich freu mich auch schon wieder auf meinen Geburtstag. Seit einigen Jahren bekomme ich dann nämlich meinen Blog als echtes Buch geschenkt – dafür dir lieber Uwe noch einmal herzlichen Dank! das bedeutet mir sehr viel.

So und nun ein letztes “Kommt gut durch die Nacht!” “Good night” und “Oidhche mhath”.

🙋🏻‍♀️🐶🏴󠁧󠁢󠁳󠁣󠁴󠁿❤️❤️❤️

8 Gedanken zu „The Stone of Destiny“

  1. Auf meiner Terrasse sitzend und einen Kaffe genießen sende ich dir liebe Morgengrüsse, liebe Marion.
    Täglich VERFOLGTE ich dich mit deiner Luna auf eurer fantastischen Reise. Von deinen Fotos, Berichten und wundervollen Erlebnissen bin ich wieder total begeistert und freue mich sehr, daß dein zauberhaftes Abenteuer super gelang.
    Danke, daß ich gedanklich in eurer Begleitung sein durfte und nun wünsche ich euch eine gute Rückreise meine Liebe …
    Herzliche Grüße von Gabi 😀😃🙂

  2. Danke meine liebe Gabi, schön dass du mit dem Herzen 💕 dabei warst und uns immer gut begleitet hast. Ich freue mich auf ein Wiedersehen und sende beste Grüße in die Heimat 🙋🏻‍♀️❤️🐶🏴󠁧󠁢󠁳󠁣󠁴󠁿

  3. Liebe Marion,
    was für eine Reise 🧳…
    Du hast mit deinen Fotos unglaubliche Momente eingefangen, deren Farben sich tief in mir niedergelassen haben.
    Für den Betrachter fast unwirklich, weil so wild und unberührt. Immer hatte ich das Gefühl, dass die Menschheit dort noch nicht ihren hässlichen Fußabdruck hinterlassen hat.
    Hoffentlich bleibt das noch lange so, damit diese Unberührtheit noch denen zuteil wird, die ihr mit Respekt und Liebe begegnen. Ich wünsche dir, dass du noch ganz lange von eurer gemeinsamen Zeit zehren kannst und dir die Erinnerungen daran über das ein oder andere Grau im Alltag hinweghelfen. Wenn alle Stricke reißen, atme tief den Duft eines Whiskys ein…
    Liebe Grüße und ein sehr liebes Knuddeln für Luna,
    Ruth 🐶

  4. Liebe Marion, ich wünsche dir eine gute Heimreise. Es war wieder sehr interessant an deinen Reiseerlebnisse teilhaben zu können. Woher hast du immer die vielen Informationen zu deinen Stationen? Wie ein kleines wandelndes Lexikon. 😊 Mögen die vielen Inspirationen lange vorhalten, wenn nächste Woche der Arbeitsalltag wieder beginnt. Ich sende dir ganz liebe Grüße! Kordula

  5. Danke liebe Kordula, nach dem leckeren Dinner auf der Fähre lieg ich jetzt mit Lunchen in der wortwörtlichen Koje. Es war wieder sehr schön und erlebnisreich. Die Infos nehme ich aus den Reiseführern, erfahre sie vor Ort oder recherchiere im Netz. Damit ichs nicht vergesse, schreib ichs halt auf 😅 Dir auch einen super Schulstart und bis bald 🙋🏻‍♀️🚢🐶

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