Wähle den Trail…

So den ganzen Tag Kaffee trinken wird ja nix und wenn ich einen Strandtag einlegen soll, langweile ich mich zu Tode. Also fahren wir dann am späten Morgen doch mal langsam los. Culloden Battlefield ist unser nächstes Ziel – eigentlich nicht urlaubstauglich, weil ein Ort des Grauens. Historisch Interessierten wird dieser Ort mindestens genauso bekannt sein wie Outlander-Fans. Hier hat am 16.April 1746 die entscheidende Schlacht zwischen den aufständischen Jakobiten und den englischen Regierungstruppen stattgefunden. Danach war für die Schotten und alle Anhänger des im Exil lebenden Thronanwärters aus dem Hause Stuart nichts mehr wie vorher. Die Niederlage war verheerend und auch nach dem Sieg kannten die ”Rotröcke” kein Pardon. Entweder wurden die Überlebenden gleich getötet, hingerichtet oder erst noch in Gefangenschaft genommen und dann verurteilt. Die in Schottland herrschende Clan-Ordnung war zerstört und bis heute wird diese Schlacht als nationales Trauma wahrgenommen. Auf dem riesigen Feld sind die Linien der Gegner mit Fahnen markiert – rot die Briten – blau die Jakobiter.

Für jeden beteiligten Clan gibt es einen schlichten Gedenkstein, der im hohen Gras droht unterzugehen, aber meist vorbildlich freigelegt wird.

Ein Steinturm gedenkt der Opfer, etwas weiter hinten auch der auf englischer Seite Gefallenen. das waren allerdings ungleich weniger.

Als die Higländer hier kämpften waren sie nur von Sumpf und Moor umgeben. Heute ist das eine trockene heidelandschaft. Nur die kleine Hütte – Leanach Cottage – 2018 komplett renoviert, steht noch. Sie könnte es schon zu Zeiten der Schlacht gegeben haben, weil sie vermutlich im früher 18.Jahrhundert entstanden ist.

Hinten gibts ein neues Informationszentrum

Detailinformationen brauche ich zu diesem Gemetzel nicht. Lieber laufe ich mit Luna eine große Runde über das Feld und beobachte die Besucher. Viele sind Touristen wie ich, aber einige bleiben gerührt an den Gedenksteinen stehen, kleine Sträußchen mit Heide liegen ab und zu darauf und ein Paar hat T-Shirts im Tartan-Look an und ist ganz andächtig unterwegs.

Hier in der Gegend kann man wählen zwischen dem Whisky- und dem Castle-Trail. Beides wird sicher spätestens nach dem dritten Stopp anstrengend, führt zum Vollrausch oder schröpft die Geldbörse, deshalb mische ich ein wenig und halte Maß. Den ersten Stopp mache ich beim Brodie Castle.

Wie immer fährt man auf die weitläufigen Castle-Gelände durch die alten Tore. Jedesmal habe ich vor diesen dicken Pfeilern Respekt, weil ich befürchte hängen zu bleiben, aber immer passt der Dicke locker durch. Wir halten auf einem schattigen Parkplatz und machen erstmal Mittagspause. Auffällig sind hier die vielen Familien, denn es gibt einen riesigen Playfull Garden. Den kann man aber nur gegen Eintritt betreten, genauso wie das Schloss. Ich begnüge mich dieses mal mit dem Außengelände.

Im Schlossgarten gibt es eine 250-jährige Buche. Die rote Farbe ist wohl eine seltene Mutation, wenn ich das Englisch auf dem Zettel richtig verstanden habe. Fest steht aber, das die Riesin langsam anfängt zu kränkeln und um die feinen Wasserwurzeln zu schützen hat man eine große Absperrung um die Wurzeln gemacht und bittet den Besucher doch auf die alte Dame Rücksicht zu nehmen und nicht zu nah heranzutreten.

Nächster Stopp: Dallas Dhu Distillery, allerdings hate diese nach über 7000 unfallfreien Diensttagen (so steht es stolz auf einem Schild) ihren Betrieb aufgegeben und dient heute nur noch als Museum. Aber auch das scheint seid Corona nun geschlossen, wir sind jedenfalls hier ganz alleine.

In der Glen Moray Destille nebenan ist aber noch Betrieb, nur keine Führung heute mehr. Ich schmuggel mich aber für ein paar Minütchen unter die letzte Gruppe und finde diese wunderschön leuchtenden Fässer. Bei der Farbe tippe ich mal auf alte Portweinhölzer…

Hier in Elgin gibt es noch die Überreste eine wunderschönen Kathedrale zu bestaunen. Die könnte es heute bestimmt mit einigen französischen Schwestern locker aufnehmen, leider hat sie aber der wütende Alexander Stewart, Graf von Buchan, auch genannt Wolf of Badenoch abgefackelt und zwar war das 1390, als nämlich der Bischof von Moray beschlossen hatte, diesen Ehebrecher zu exkommunizieren. Musste erst mal drauf kommen… Streichholz raus und Kathedrale abfackeln… da hatte das prächtige Bauwerk noch nicht einmal 180 Jahre auf dem Buckel. Der Rest erledigte sich dann zu Zeiten der Reformation. Da waren die Ruinen eine Art Selbstbedienungsladen und selbst Teile des Mauerwerks wurden davongeschafft.

Heutzutage versucht man hier zu sanieren, was geht und die Reste gegen Geld zu vermarkten. Allerdings schließt man gerade die Tore, denn es ist schon spät am Tage, als ich vorbeischaukel. Nun ja, zum Glück ist keine Mauer rundherum und man auch durch die Gitterstäbe noch etwas sehen.

Nebenan findet sich aber auch noch ein lauschiges Plätzchen, gerade für Reisende mit Hund und Neigung zur Stille 😉: der Biblische Garten.

Der ist wunderschön angelegt, auch die Farbenpracht des Blattwerks hat jemand mit Verstand kombiniert und der garten eröffnet verwunschene Ausblicke auf die naheliegende Kathedrale.

Nun suche ich aber langsam einen Platz für die Nacht und möchte den gern in einem der hübschen Fischerdörfer an der Küste finden. Zuerst versuche ich es in Portknockie, ergebnislos, aber die Häuschen sind super.

Der Nachbarort Cullen ist genauso schön und stellt sogar eine Fläche für Womos kostenfrei zur Verfügung – direkt am Meer – sowas finde ich prima! Das Städtchen selbst besteht aus zwei Teilen: eine Teil am Meer, ein Teil hinterm Viadukt oben am Hügel. Über das Viadukt ratterte früher mal ne Eisenbahn. Heute kann man es zum Wandern und Fahrradfahren benutzen.

Nun aber erst mal ab ins Womo, Licht aus, Gute Nacht.

4 Gedanken zu „Wähle den Trail…“

  1. Hallo Marion, jetzt kommst du in die Gegend, die ich vor Jahren mit meinen Kiddies besucht habe. Franziska hat ein halbes Jahr in Aberdeen studiert. Und Culloden ist ein Muss für Outlander-Fans. Wünsche dir noch eine erlebnisreiche und erholsame Zeit. LG Barbara

    1. Liebe Barbara, wie freue ich mich, dass meine Berichte in euch so schöne Erinnerungen aufrufen. Es ist wirklich ein soooo tolles Land, ich würde hier auch ein Semester einlegen – wenn ich noch jung wäre. So langsam müssen wir uns in Richtung Fähre bewegen, aber welch ein Glück… der Landweg wäre noch viel länger und ich könnte den herrlichen Cairngorms NP nur überfliegen. Bis zum Wiedersehen die besten Grüße, alle Gute für dich und bis bald 🙋🏻‍♀️🐶🏴󠁧󠁢󠁳󠁣󠁴󠁿

  2. Ach, meine liebe Marion…. Das wäre so ganz eine Route nach meinem Geschmack gewesen. Da hätte ich mich gerne hingebeamt und dich begleitet. Whisky, Botanischer Garten, Fischerdorf…. Herrlich. Ich bin auf jeden Fall on Gedanken bei euch und habe zu Hause auch mal mit einem heimischen Whisky angestoßen. Dicken Knuddler….

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