Anglerlatein

Das Wetter ist unschlagbar. Blauer Himmel, wolkenfrei… und das in Schottland. Mich treibt es schon 6:15 aus dem Bett und davon ist Luna natürlich auch begeistert. Schnell eine Stulle und nen Apfel eingepackt und los. Wir genießen diesen grandiosen Morgen und wandern zum Bow Fiddle Rock. Die Runde von 7km schlägt Komoot vor uns das ist doch was zum Warmwerden.

Die Morgensonne färb Cullen mit goldenem Licht und am weiten Strand der Ebbe sind wir fast allein, nur ein paar andere Hundebesitzer sind schon so früh auf den Beinen. Das ”Unterdorf” scheint von den Wellen nicht ganz in Ruhe gelassen zu werden. So hat man eine etwas unansehnliche Mauer davorgebaut. Bei der Entscheidung Aussicht – oder Wasser musste man sich wohl oder übel gegen die Aussicht entscheiden.

Ich bin ja der Meinung das Felsentor solle ”Elefant” und nicht Geigenbogen heißen, aber wer weiß schon, wer hier das Sagen hatte.

Für das Brot, den Apfel und ein paar Hundeleckerlis findet sich eine gemütliche Bank und dann trödeln wir langsam wieder zurück, ehe die meisten Touristen wach werden.

Am Womo angekommen setze ich noch einmal um – einfach in die Nachbarbucht nach Whitehill. Da finde ich einen ruhigeren Platz für meinen Kaffe, denn den hatte ich ja heute noch nicht. Von hier aus gibt es eine weitere schöne Wanderung nach Banff, weiter zum Duff House bis hinein in die Wälder des dazugehörigen Anwesens und zur Bridge of Alvah. Das verlangt nach einer Stärkung ehe es los geht. Vom netten Picknickplatz sehe ich einer Robbe im Wasser zu. Geschmeidigt zieht sie ihre Bögen durchs kühle Nass.

An den Stränden haben sich die Schotten der seltenen Sonne ergeben. Familien, Paare und auch die Älteren erfreuen sich an den wärmenden Strahlen und meist folgt ein ”Enjoy the sun!” auf den Gruß beim Vorbeigehen. Auch ich laufe über die trotzdem nur locker befüllten Strände bis Banff und… bin etwas enttäuscht. Ein deutscher Tourist hatte gemeint, es sein sehr schön… aber ich finde es nur ungemütlich. Einzig das Cafe ”Delight”, in dass ich auf einen warmen Banana-Scone und eine Tasse Cafe einkehre ist super. Für Hundebesitzer hat man hier die Couch reserviert und der Wirt ist gleichzeitig Fotograf.

Duff-House ist da schon etwas interessanter.

Um 1740 im georgianischen Stil erbaut ist es laut Wikipedia “einer der großartigsten Schlossneubauten des frühen 18.Jahrhunderts. Nun ja, von außen finde ich es auch ziemlich schick, für innen habe ich leider keine Zeit, denn ich will noch zur Bridge of Alvah. Die hat einen Stern auf meiner Wanderkarte, aber im Reiseführer finde ich sie nicht. Allerdings sehen die Bilder im Netz ziemlich spektakulär aus. Der weg zieht sich, zum Glück im kühlenden Schatten des Duff-Anwesens. Wir kommen am alten Ice-House und dem Mausoleum vorbei. In dem einen bewahrte der Duke tote Schweine auf, im anderen tote Verwandte…

Unterwegs treffen wir kaum jemanden, nur ein Auto fährt langsam an uns vorbei und ein älterer Herr fragt freundlich, wie mein Hund mit der Hitze klar kommt. Dann fährt er weiter. An der Brücke angekommen, macht sich Enttäusch breit. Alle Tore verriegelt. Nirgends kann man die alte Schönheit betrachten. An einem Tor hängt sogar ein Schild: Vorsicht, hier wird geschossen!

Ich bin ratlos. Da kommt der ältere Mann daher und fragt, ob ich die Brücke mal sehen will, er wisse wie es geht. Und schon schwingt er sich mit Elan über die abgeschlossene Tür und führt mich ans Wasser hinunter. “Hier gibt es Lachse und ich komme mindestens einmal in der Woche zum Angeln hierher.”, meint er. ”Ich kenne doch den Besitzer und das mit den verschlossenen Türen ist nur zum Schutz… Drogen! Ja manche junge Leute haben hier Drogen genommen und sind abgestürzt! Das wollen wir vermeiden!”

Über eine Felsenschlucht ist die Brücke gebaut und war früher eine Hauptverbindungsstrasse. Das Wasser ist glasklar und hat an einigen Stellen Strömung wegen großer Höhenunterschiede. da fühlen sich die Lachse wohl, meint der Alte und ruft:”Da!” und einer der Fische springt aus dem Wasser. Er freut sich und meint aber, dass um diese Zeit kein Erfolg zu erwarten sei. Erst am Abend. Essen? Nein essen würde er die nicht. Mehr als einen im Jahr zu entnehmen sei illegal, man setzte sie immer wieder ein. Touristen kämen her und bezahlten am Tag 60 Pfund, um hier angeln zu können. Das wären aber auch nur wenige, die wohnten dann da oben im Haus des Landbesitzers, er zeigt hinauf auf den Berg.

Leider steht die Sonne schlecht, aber ein paar Fotos kann ich machen.

Dann zeigt er mir noch etwas ganz ”Geheimes”. In der Brücke gibt es ein Zimmer. Da hat früher der Zollbeamte gewohnt und wenn man weiß, wo es ist, kann man heute noch hinein. Auf einem kleinen Trampelpfad führt er mich wieder hinauf in den Brückenpfeiler.

Das hätte ich nie allein gefunden und freue mich über seine Hilfe. Auf der anderen Seite der Brücke sind gerade zwei seiner Bekannten doch dabei, die Lachse an die Rute zu bekommen und wir wollen sie dabei nicht stören. Hier kann ich mir aber mal die seltsamen Außenkonstruktionen genauer anschauen, die ich schon an den Autos im hohen Norden gesehen hatte. Man trägt hier die Angel außen.

Gern hätte ich mir mehr Zeit für die Fotos genommen, aber ich will meinen freiwilligen Fremdenführer nicht nerven. Er hat heute noch ein Barbeque mit seiner Familie. Aber seinen größten Lachs, den will er mir dann doch noch zeigen.

Rory, so heißt mein freundlicher Begleiter, zeigt mir noch seinen Lieblingsplatz. “Da setze ich mich dann hin, trinke meinen Tee, werfe meine Angel und alles ist gut!” Tschüss Rory und vielen Dank!

Der Weg zurück könnte kurz sein, hätte der Duke nicht so eine elend lange Mauer gebaut.

Zum Glück findet sich dann doch ein Durchgang ins Freie und wir können abkürzen. Trotzdem stehen abends 25 km auf dem ”Tacho” und wir sind beide einigermaßen platt. Den Weg bis nach Charleston of Aberlour findet das Womo ganz alleine, den morgen gehts in den Cairngorms NP. Nun aber gute Nacht.

2 Gedanken zu „Anglerlatein“

  1. So herrlich was du erlebst, Land und Leute kennen lernen und die unfassbar tolle Natur zu durchstreifen. Herrliches Wetter noch dazu, ich wünsche euch beiden noch für die letzte Woche eine richtig schöne Zeit mit wunderschönen Erlebnissen
    Grüße aus Bucha

    1. Liebe Angela, wie schön, dass du uns so treu begleitest. Du hast recht: es ist wirklich unfassbar schön hier. Ich genieße jeden Tag und könnte noch ewig so weitermachen. Noch 5 Tage, aber die werden wir genießen. Bis bald zuhause in Bucha und ganz liebe Grüße von Marion und Luna, die ich gerade wieder einmal von der Rebhuhnjagd abhalten musste 😉

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