Wellness

Ich werde wach, weil Luna bellt. Es ist stockfinster und sie schaut aus dem Fenster. Kläfft. Ach man, müssen Schafe denn nie schlafen. Rollo runter. Ruhe jetzt. Es schnieft, tapst, scharrt… Ich versuche, wieder einzuschlafen, aber meine Hundedame kriegt sich nicht ein. Dann wackelt das Wohnmobil… was haben die da draußen denn jetzt vor… und können Schafe das? Ich klettere in der Kälte aus dem warmen Bett und schaue aus der Fahrertür. Da steht ne Kuh. Hau ab: ich klopfe ans Fenster. Sie rührt sich nicht. Wieder schabt etwas am Womo entlang. das war aber jetzt nicht meine Kuh hier. Ein Blick in den Rückspiegel: das ist ja fast ne Herde. 5 Erwachsene ein Kind. Dürfen die das? Neben dem Schlafplatz entlang geht die Straße und auch wenn hier nachts kaum jemand entlang fährt, just in dem Moment als ich versuche mit Licht und Motorengeräusch die Störenfriede zu verscheuchen. Kommt eins. Mittlerweile stehen die Biester mitten auf der Straße und zum Glück erkennt der Fahrer die Gefahr rechtzeitig.

Als er weiterfährt, schaue ich nochmal aus der Tür und da stehen alle seelenruhig auf der anderen Seite, als wäre nichts geschehen. Genervt krächzt ein verdutzter Raabe in der Dunkelheit und da ist noch ein Geräusch. So eine Mischung aus Bellen und Krächzen. Weiter hinten bewegt sich etwas und gibt dieses Geräusch von sich, während es sich entrüstet entfernt. Soweit ich das in der Dunkelheit erkennen kann, scheint es wieder ein Hirsch zu sein, der sich gestört gefühlt hat. So langsam verkrieche ich mich wieder in mein Bett und habe kalte Füße. 37 Grad, wie zuhause sind hier unvorstellbar.

Immer wieder tröpfelt der Regen aufs Dach und der neue Tag scheint auch nicht anders zu werden. Heute möchte ich ins Museum von Bettyhill und mich über die Clearances informieren. Da gibt es auch ein Cafe, vielleicht mit Frühstück. Nach einer nassen Gassirunde fahren wir die 2km zurück, um festzustellen: Museum wegen Renovierung geschlossen, Kneipchen öffnet erst um 11:00 also in 3 Stunden. Aber die gute Nachricht: Das Wetter klart auf!!! So gibt es also wieder das allseits beliebte Bordfrühstück.

Als ich gerade zusammenpacke, kommt dann doch die Frau des kleinen Cafes und öffnet früher. Auch eine Touristen-Info ist angeschlossen und sie erklärt mir ganz freundlich alles, was ich zu den Vertreibungen im 19.Jhd. wissen muss, gibt mir auch noch ein paar Tipps zu Besichtigungen hier in der Umgebung. Wir wollen aber heute als erstes zur Riesendüne am Ortseingang.

Bettyhill liegt nämlich am Mündungsdelta des River Naver. Dort hat sich westlich des Ortes eine riesige Sanddüne direkt vor den Bergen angehäuft. Allerdings ist sie mittlerweile schon von Dünengras, Heide und anderen Hartgewächsen überzogen. Die nahen Berge habe Erde und Gröll herunterkullern lassen und so sieht sie nicht ganz so aus, wie ihre berühmte Schwester in Pyla. 2km kann man auf ihr bis zum Strand entlang wandern und das habe ich vor. Parken soll man im kleinen Weiler Invernaver, gleich an der Düne, aber zwischen den 5 Häusern ist kaum Platz für den Dicken.

Zuerst probiere ich es an einem Farmeingang und frage die Frau aus dem Nebenhaus, ob das so okay ist. das wisse sie nicht, sie sei selbst nur im Urlaub hier, aber ich kann mein Womo gern auf ihren Parkplatz stellen. Das ist lieb – danke!

Los gehts. Zum Glück keine Schafe in der Nähe und mit Pferden kann Luna wenig anfangen. Endlich mal wieder Freilauf und wie frei.

Erst ist das hier wie im Teletubbi-Land – alles grüne Wiese und dann kommt nur noch Sand. Kein Tier kein Mensch – nix – nur Strand und wir. Einfach zum Genießen.

Luna rennt nach Stöckchen und Bällchen, ich ziehe die Schuhe aus und tapse durchs kalte Wasser, versinke knöcheltief im weichen Sand. Das Wolkenszenario ist spektakulär und außer ein paar verirrten Tropfen kommt nichts heraus. das Wetter meint es also mal wieder gut mit uns. Im Mündungsdelta kleben ein paar alte und neue Häuser an den Wänden, aber sonst ist hier wirklich nur friedliche Natur.

Weiter landeinwärts sind Steine verschiedenster Formen und Farben in den Sand gepoltert und ergeben ein wunderschönes Bild im gelben Untergrund.

Nun gehts es langsam zurück zum Womo und wir beide sind einmal kräftig durchgeweht. Im Vergleich zur gestrigen Aufregung und den aufreibenden Fahren auf den schottischen Einspurstrassen, war das heute pure Wellness. Ich merke, dass mir Bettyhill gerade ein bisschen ans Herz wächst.

Hier gibt es tatsächlich nur unsere Fußspuren!

Für meine Wanderschuhe ist diese Reise übrigens die ultimative Herausforderung. Nässe, Steine, Sand, kaum eine Chance zum trocken … aber sie halten durch!

Eine kleine Nebenstrasse zum Minidorf Skelpik soll ein paar verlassene Dörfer zeigen. Eines entstand um Christi Geburt, eines noch älter, so ungefähr 6000 Jahre und eines aus der Zeit der Clearances. Hübsche Schilder zeigen, wie es mal ausgesehen haben soll. Unter den meterhohen Farnen ist aber der steinerne Rest verschwunden. Nur vom Achcoilenaborgie Broch sind noch Rest zu sehen.

Die andere Stätte hält aber etwas viel besseres bereit: den Traumstellplatz schlechthin. Platz für den Dicken und für Luna, sehr abgeschieden, nicht einsehbar und 50 m neben diesem herrlichen See.

Der taugt erst einmal zur Pause und wird heute Abend garantiert unser Nachtquartier. Merket auf: das erste Mal in diesem Urlaub übernachten wir an einem Ort gleich zwei mal. Bettyhill ist eben unser Favorit.

Vorher fahre ich noch einmal ins ”Stadtzentrum” und besuche einen Tante-Emma-Laden vom Feinsten. Es gibt zwar nur noch ein paar runzelige Äpfel und zwei Kiwi, aber an der Kasse wird Softeis wie früher aus einem Automaten gezogen. Einen Blätterschokoladenstick obenrein, klassisch in der Tüte – sauber!

Nun sitze ich hier im Stadtzentrum neben dem Laden und nutze noch das 4G, das gibts hier nur aufm Berg. Hinten im Tal, bei den herrlichen Stellplätzen am See ist es dann alle… Nun verschwinden wir mal im Schlummerland und schicken liebe Grüße in die Heimat. Kommt gut durch die Nacht.

2 Gedanken zu „Wellness“

  1. Liebe Marion, das sieht alles so schön aus, Schottland- wow. Der Strand und die krassen Steine. Voll schön! Hab noch eine gute Reise. Bist du mit der Fähre über Frankreich? Liebe Grüße Katja

    1. Hallo Katja, schön von dir zu hören. Schottland ist ne Wucht und deshalb bin ich auch schon zum dritten mal hier. Vor drei Jahren gönnte ich mir zum ersten mal ein Ticket für die Fähre Amsterdam/Iimuijden – Newcastle… echt ne Stange Geld. Dann zweimal verschoben wegen Covid… Aber es hat sich gelohnt, die Kutscherei hier oben ist eh genug, da kann man sich den Rest sparen 👍👍👍 Liebe Grüße nach Rom 😉, solltet ihr da. och sein 🙋🏻‍♀️🐶🏴󠁧󠁢󠁳󠁣󠁴󠁿

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