Ladonien

Was für ein Tag! Wir fahren früh los, werfen Andre und Angi die 100 SKR noch in den Briefkasten des Vertrauens und nehmen zuerst einen Parkplatz nahe Lammhult ins Visier, dort kann man zumindest das Chemieklo entleeren – Grauwasser, Trinkwasser leider Fehlanzeige. Dann gehts weiter nach Moheda zum Östregard Antik- und Trödelmarkt. Dort angekommen, merke ich aber, dass ich mich um 2 Stunden verschätzt habe. Nicht um 10 sondern 12 Uhr macht der auf, aber kein Problem, ich habe eh noch nicht gefrühstückt und der Blogbeitrag ging gestern wegen mangelnden Internets auch nicht online. Deshalb ist die Zeit gut gefüllt. Außerdem bummel ich mit Luna noch ein bisschen in den Grünanlagen von Moheda, die ganz wunderschön angelegt sind, bis ich merke… dass es ein Friedhof ist. Einer, auf dem Apfelbäume wachsen, Bäche plätschern und Hunde herumlaufen dürfen. Super, das gefällt mir.

Als ich 11:30 wieder am Antikmarkt ankomme, stehen da schon einige in einer Reihe an.

Und als der Markt eine halbe Stunde später aufmacht, hat sich die Reihe mindestens verfünffacht.

Andrés Tipp, sofort rechts in die Scheune abzubiegen ist Gold wert, denn dort wird abgezählt. Zwei Männer stehen mit Klickzähler in der Hand und bei 100 ertönt ein Glöckchen. Danach dürfen nur noch so viele rein, wie gerade rauskommen. Corona und der Überblick sind dafür bestimmt die Ursachen, denn so ein Silberlöffel ist auch mal schnell in der Hosentasche verschwunden …

Ich suche für meine liebe Nachbarin ein Bild und werde auch ziemlich schnell fündig. In Zeiten von Internet und WhatsApp darf sie es sich am Ende sogar live aussuchen.

Ich selber kaufe mir für umgerechnete 5,-€ kupferne Kaffeekessel, alt und zerbeult, also genauso wie ich. Die passen zu meiner alten und zerbeulten kupfernen Wärmflasche zuhause.

Es macht sehr viel Freude, hier zu stöbern, es gibt ein gemütliches Gartecafe und selbst das Klo ist einen Besuch wert.

Nun habe ich Hunger und den würde ich gern bei Herrn Linné im Gartenhaus stillen. Auf dem Hinweg habe ich es verpasst, das soll mir nicht wieder passieren. In Råshult, wo Carl von Linné 1707 geboren wurde, gibt es heute ein wunderschönes kleines Museum, mit großen Garten, Feldern und einem hübschen Café. Als ich ankomme werde ich vom Naturforscher höchstpersönlich begrüßt und ich habe Glück, ein kleines Buffett ist aufgebaut, von dem man sich für ein paar SKR bedienen kann.

Danach schau ich mir das kleine Häuschen und den Garten an. Die Felder rundherum werden heute noch genauso bestellt, wie es im 18.Jhd. üblich war. Alte Getreidesorten werden angebaut und die Wiesen noch mit der Hand gemäht. Man soll sich hier fühlen, wie von 300 Jahren und das scheint mir gelungen.

Luna hat sich nun auch die Beine vertreten und so setzen wir zum großen Sprung an. Ca 130km bis Kullaberg. Das liegt an der Küste oberhalb von Helsingborg …

und ich habe vor allem ein Ziel: Nimis an der Küste Ladoniens. Ladonien ist eine Mikronation und hat auch eine Internetseite.

Allerdings hat diese Nation keine Staatsbürger, denn alle Einwohner Ladoniens sind Nomaden. Man kann allerdings eine kostenlose Staatsbürgerschaft beantragen, nur wenn man gleichzeitig einen ladonischen Adelstitel erwerben möchte, dann kostet das 30 $.🤣

Klingt lustig, ist es auch. Erfunden hat das ganze ein schwedischer Künstler. Lars Vilks rief die ladonische Republik 1996 aus und baute auch die Hauptskulpturen seines Landes. An einer recht unzugänglichen Stelle des Küstenzipfels entstand so Nimis, eine beeindruckende Treibholzskulptur, die man begehen kann. Erst ist das niemandem aufgefallen, eben weil kaum jemand an diese Stelle kam. Dann aber gab es verschiedenerlei Stress. Schon mehrfach fiel Nimis Brandstiftungen zum Opfer, die Behörden wollten es als nicht genehmigtes Gebäude im Naturschutzgebiet abreißen lassen und auch offizielle Hinweisschilder gibt es nicht. Braucht es auch nicht. Folgt einfach den Spuren und zieht gutes Schuhwerk an. 

Nun will ich aber los, doch so schnell geht es dann doch nicht. Am Parkplatz sitzt eine große deutsche Familie beim Kaffee. Der übliche Einstieg: „Was für ein hübscher Hund.“ und schon kommt man ins Gespräch. Die Tochter hat hier studiert und gleich einen Job gefunden, der Rest ist zu Besuch da. Ob ich eine Zimtschnecke möchte… da sag ich doch nicht „Nein!“ und so dauerte noch ein Weilchen bis ich mich fröhlich, mit leckerer Zimtschnecke im Magen in Richtung Mikronation verabschiede.

Der Weg vom Parkplatz ist nicht weit aber anstrengend, doch es lohnt sich. Ist man erst einmal die Steilküste hinuntergekraxelt, dann steht man vor dem Eingang des in den Hang gebauten Kunstwerkes und kann hinein- oder herabklettern. Ich bin gegen Abend dort und es sind nur noch einige wenige Besucher da. Die Trampelpfade allerdings zeigen an, dass hier sonst ganz schön was los ist.

Einstieg in die „Burg“

Steht man dann am Strand und betrachtet das Ungetüm, dann freut man sich schon, dass es noch erhalten ist. Schlussendlich haben es nämlich Joseph Boys und nach dessen Tod die Christos gekauft, um es vor dem Abriss durch die Behörden zu schützen. In der Nähe gibt es auch noch eine Steinskulptur, aber da bin ich schon wieder damit beschäftigt, meinen Körper die steile Klippe hinaufzuwuchten und dabei Lunchen im Blick zu haben, die immer mal auf die Kante zusteuert… ganz schön anstrengend.

Das war wirklich spannend und für mich ziemlich herausfordernd, doch ich bin mächtig beeindruckt. Im wunderbaren Abendlicht kommen wir am alten Gutshof Himmelstorp vorbei, auf dem Nachbarfeld steht ein weißes Pferd… das ist dann fast schon kitschig schön. 😉

So, nun eine warme Dusche… doch mein seltener Entschluss, auf einen Campingplatz zu gehen, wird zunichte gemacht, weil die Rezeption nicht besetzt ist und man auf dem Parkplatz an der Straße übernachten soll. Njet! da such ich mir was Besseres.

3km an der Küstenlinie entlanggeschuckelt und voila – der beste Stellplatz ever. Nur das blaue Schild vorn am Eingang (weißes Womo auf blauem Grund und darunter die Zahlen 9-22) übersehe ich einfach mal. ich bummel mit Luna noch eine Runde am Strand entlang und sie genießt beim Sonnenuntergang ihr Abendfutter als ein Mann mit Hund kommt.

Wir schwatzen über die Hunde ich erzähle von Nimis und er erzählt, dass der Künstler lange hier gewohnt hat. Aber jetzt musste er wegziehen, hat eine andere Identität bekommen. Was? Wieso denn das? Zusammenfassend ist es die gleiche Geschichte wie die französischen Mohammed Karrikaturen und kann hier nachgelesen werden. Was für eine Welt!!!!

Ich frage ihn noch, ob es Schwierigkeiten geben könnte, wenn ich hier stehen bleibe und er schüttelt den Kopf. Das ist doch ein herrlicher Platz. „Ich würde mich auch hierherstellen und wenn einer was sagt – schau mal da drüben…“, er zeigt auf die nächste kleine Bucht, „da kannst du dich hinstellen, da ist kein Schild.“

Was für ein Tag! Die Sonne ist glutrot im Meer verschwunden, das Wasser liegt vor mir wie ein frisch bezogenes Bett, kein Lüftchen weht und ich schlecke Obstsalat mit Vanilleyoghurt. Einfach unschlagbar!

2 Gedanken zu „Ladonien“

  1. Liebe Marion, ich habe einen kleinen Lesemarathon gemacht und deine Berichte der letzten Woche am Stück gelesen. In unserem 2. Ferienhaus am Rheinsberger See gab es kein WLAN und die Mobilfunkverbindung war so schlecht, dass ich die Seite nicht laden konnte. Ich bin begeistert von den interessanten und kurzweiligen Berichten und tollen Fotos. Besonders gefallen hat mir der Eintrag über Ladonien und wenn man dort auf der Webseite weiterliest, muss man schon ein bisschen schmunzeln über einige Aussagen. Ich wünsche dir eine schöne letzte Woche auf Reisen. Liebe Grüße Kordula

    1. Ja, das finde ich auch, es ist eine wirklich lustige Geschichte und tatsächlich findest du auf keiner offiziellen Karte einen Eintrag. Die schwedische Gemeinde scheint das nicht so lustig zu finden 😅 bringt aber bestimmt ne Menge Touristen.
      Bis bald zum Chorleiter-Casting 😉

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