Hochzeit im Wald

Brot ist alle.

Das heißt, erst einmal gibt es nur Frühstück für Luna. Nach der morgendlichen Runde düsen wir los zu „Willy`s“, meinem Lieblingsladen. Da gibt es ziemlich leckere Sachen, vor allem den körnigen Frischkäse, den mögen wir beide 😉

Zum Glück hat „Willy`s“ schon um 8:00 geöffnet, so kann ich mit vollgestopften Kühlschrank in Richtung Klosterruine Gudhem aufbrechen und unterwegs nach einen schönen Frühstücksplatz Ausschau halten. Wie so oft ist es bei einer Kirche und es soll der tag der Kirchen werden. Das Frühstück, die anschließende Morgenroutine und ein kleiner Spaziergang brauchen genau 80 Minuten – also exakt so lange, wie das Wunderbrot backen muss. Ich stelle also meinen Omina-Backofen auf die Flamme (exakt 200° kann ich wahrscheinlich nicht bieten) und lasse mich überraschen.

Das Wunderbrøt ist so eine Art Eiweißbrot mit irgendwelchen Flocken anstelle von Mehl. Somit geht es auch nicht auf, hat aber eine saftige und vor allem körnige Konsistenz. Jetzt muss es nur noch abkühlen. da kommen Christines wunderbare Isoliermatten ins Spiel. Auf denen findet der noch heiße Ofen seinen Platz im Schrank und kann in Ruhe vor sich hin triefen.

Erster Anlaufpunkt: Kloster Gudhem. Nun ja, mit französischen, englischen oder deutschen Klostern kann das hier nicht mithalten. Ein paar geschliffene Mauern neben einem Kirchlein, aber die Stimmung ist wunderschön. Auf einem Hügel, mit einem Blick auf den entfernten Hornborgasjön (See), rauschende Linden, ein paar Kühen, zwei, drei Besuchern und einer wunderbaren Ruhe. Alte Grabsteine lehnen an Feldsteinmäuerchen und auf den alten Klostermauern wachsen Sukkulenten. 

An einer Stelle steht ein Schild mit der Aufschrift „Gästehaus“ und eine steinerne Treppe führt unter die Erde in einen nassen fensterlosen Raum. Na Klasse, wenn das die schwedische Vorstellung von Gastfreundschaft ist… ich lese die Erklärung. Was? “Die Pflicht, Gäste zu beherbergen, hat die Nonnen zeitweise so schwer belastet, dass sie das Kloster 1340 verließen.“ Da hat also noch nicht einmal dieses schreckliche Gästehaus geholfen? Aber die Tafel klärt auf: heute ist nur noch der Keller des Gästehauses erhalten und die Nonnen kehrten 10 Jahre später zurück. Eine zweite Chance hat also jeder verdient.

Ich befinde mich hier an Station 3 eines 41 km langen Pilgerweges von Falköping nach Varnhem.

In der Gegend sind außerdem viele vorzeitliche Gräber und Ausgrabung zu bewundern. Und das merken wir am nächsten Stopp. Ekornavallen. Das ist ein Feld, auf dem 3000 Jahre v. Christus die ersten Menschen bestattet wurden. Über 4000 Jahre lang hat man es dann als Gräberfeld benutzt… was da für Gebeine liegen müssen… und heute stehen noch einige Steine aus der Eisenzeit oder so. Auch eine Siedlung muss es hier gegeben haben. Rechts der Straße kann man an einem kleinen Flüsschen über die Wiese laufen, die man sich mit Kühen teilt.

Auf der anderen Seite befindet sich das große Gräberfeld mitten auf der Schafweise. Luna freut sich. Sie kann hier leinenlos mit mir von Stein zu Stein laufen und auch die frei laufenden Schafe findet sie mega. Allerdings bin ich eine vorbildliche Hundebesitzerin und leine sie in Schafnähe an. Norwegische Hirten möchte ich nicht zum Feind ;)An allen Steinen stehen Täfelchen mit Erklärungen, auch in Deutsch, toll!

Weiter geht es zum nächsten alten Kloster in Varnhem. Das gelangte über historische Romane von Jan Guillous, die das Leben und Kämpfen des Klosterzöglins Arn Magnusson beschreiben, heute zu neuer Berühmtheit.. Auch eine Verfilmung der Bücher gibt es schon. 

Hier in Varnhem ist dementsprechend mehr Betrieb, der Parkplatz gefüllt, aber alles verläuft sich auf dem Terrain. Nebenan gibt es ein gemütliches Café mit lauschigem Freisitz unter Bäumen und einen InfoPoint.

Ich schlenkere mit Luna durch die Reste des Klosters und vor allem gefällt mir die wunderbar restaurierte Kirchen. Auch lohnt sich ein Blick sich ein Blick hinein, nur die Orgel ist weg und soweit mein Nichtschwedisch reicht, sammelt die Gemeinde gerade 1Mio. Kronen für den Wiederaufbau.

Neben der Kirche blüht es in eingezäunten Beeten wunderschön, überall hängen Schildchen an den Blumen – eine kleine Dahlienschau wurde angelegt. Und auch das Café ist sehr einladend und ruft mich schon die ganze Zeit. Man holt sich Essen und Getränke am Tresen und sucht sich ein Plätzchen im Garten. Da sage ich nicht „Nein!“.

Im Reiseführer ist eine kleine einsame Runde am Unden-See beschrieben. Da hab ich jetzt Lust drauf und außerdem bewege ich mich dabei zwischen Vänern und Vättern immer weiter in Richtung Norden – das passt, denn Lappland zieht mich doch irgendwie an.

Kurz hinter Älgarås eine alte Holzkirche aus dem 13.Jhd.. Sie gehört damit zu den ältesten Holzgebäuden des Landes und wenn man nicht aufpasst, fährt man glatt dran vorbei. Leider ist sie verschlossen, denn die Bemalungen sollen beachtenswert sein.

Es wird einsam. Der Weg – nicht mehr asphaltiert. Die Orte bestehen aus nur wenigen Häsuern und plötzlich höre ich es läuten. Schnell auf den Parkplatz der kleinen Kirche im Wald und weil ich es irgendwie rührend finde, dass genau bei unserer Ankunft die Glocken des Kirchleins läuten, zücke ich mein Handy zur Aufnahme. Erst auf den zweiten Blick sehe ich das Brautpaar am Eingang, das sich gerade bereit macht, die Zeremonie zu beginnen. Sie treten ein. Ich trete näher. Von der Türe aus erspähe ich den Organisten an einer kleinen Orgel spielen, wage noch ein paar Schritte und darf heimlicher Zaungast eine klitzekleinen, ganz unprätentiösen Trauung sein. Nur das Brautpaar, die ca. 12-jährige Tochter, die Pfarrerin, der Organist und ein Zaungast.

Auch die Kleidung des Brautpaares ist eher schlicht. Aber der Moment hier mitten im Wald in dieser winzigen Kirche doch ganz und gar passend. Ich ziehe mich leise zurück und erkunde das weitere Grundstück. Da ist noch ein Café und ein paar Nebengebäude. Ein deutsches Paar kommt gerade an und geht hinein. Er kommt zurück und ruft seiner Frau: „Hab den Ausweis im Auto.“ Ausweis? Ach hier kann man sich einmieten. Ein zurückhaltende, freundliche ältere Frau erledigt die Formalitäten und führt das Paar zu ihrer Hütte. Da frage ich sie, ob ich vielleicht auf dem Parkplatz stehen bleiben darf. Sie zögert… „Ja eigentlich würde sie…“ „Wenn ich die Toilette nutzen möchte…, vielleicht brauche ich ja Strom…“ Ich helfe ihr: „Ich würde auch gern bezahlen.“ Naja, dann nimmt sie das, was die mit Zelt bezahlen, 55 Kronen (ca. 6,-). Das wird sicherlich der schönste und gleichzeitig preiswerteste Platz, den ich in diesem Land bekommen werde. Ich freue und bedanke mich und 10 Minuten später stehen wir auf einer wunderschönen Wiese hinterm Häuschen, an dem Tomatenpflanzen hochranken, hören aus dem Fenster eine kleine Feiergemeinde fröhlich plaudern und wie immer pünktlich zum Essen setzt der Regen ein. Ich packe das Wunderbrøt aus und freue mich über den wunderschönen Tag. Mhhhhm leeecker 🙂

Gute Nacht, einmal ohne Blogpost, weil es hier absolut kein Internet gibt… Also bis morgen. 😉

3 Gedanken zu „Hochzeit im Wald“

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