Die Mühle am Meer

Die Übernachtungsfrage hat sich schnell geklärt. Ein Strandparkplatz mit nebenliegender Picknickfläche war günstig gelegen und ruhig und wir hatten tatsächlich eine ruhige Nacht (Merkwürdig, dass ich meistens „wir“ schreibe… hach diese Hundebesitzer!)

Allerdings entwickelt Luna einen Bewacherinstinkt, der manchmal echt nervt. Auch als nachts der obligatorische Van neben uns hielt, bekam sie sich gar nicht wieder ein.

Immer ein Auge offen, wenn der Feind naht.

Der Morgen begann mit einem kühlen Bad im Meer, wunderbar erfrischend und gegen 7:00 Uhr auch sehr einsam.

Beim Früstück die tägliche Frage: Was steht heute an und die Antwort: Locronan. Dieses Örtchen liegt nahe am Meer und zählt zu den „kleinen Städten mit Charakter“. Schon auf dem Weg dahin entdecke ich die Schilder: Locronan – Antiqutätenmarkt am 5. August. Beim 3. Schild wird mir bewusst: Heute ist der 5. August! Ist das jetzt gut oder schlecht???

Ich würde sagen: „Beides!“ Es ist schon sehr interessant, was die Händler in Unmengen anzubieten haben. In allen Gassen des wunderschönen Ortes sind die Stände aufgebaut und von Porzellan über Kleidung, Bilder, Möbel, Undefinierbares, Militärzeugs, Spielzeug … hier kann man alles finden. Und das sind meine beiden Favoriten in dem riesigen Angebot:

Leider erdrückt der Markt die wunderschöne historische Anlage, man kann gar kein Gefühl für diese Schönheit entwickelt, weil es überall wimmelt. Trotzdem ein paar Eindrücke.

Einen Blick in die Kirche wage ich auch noch, aber nicht einmal hier kann sich die Stille gegen den ganzen Trubel durchsetzen. Bekannt kommt mir die Grablegungsgruppe vor. Davon hatte ich im letzten Jahr eine ganze Reihe in den Pfarrbezirken angeschaut.

Das würde ich gern mal ohne Menschen sehen. Ach und eine französische Haushaltsauflösung besuche ich auch noch. Fünf alte Bügeleisen, drei Nähmaschinen, unzählige Militäruniformen und geschätzte 12 Tischlampen hatte das augenscheinlich alte Ehepaar gesammelt. Die Enkel lösten nun den Haushalt auf. Besonders bezaubert mich aber der Blick vom Balkon des Hauses. Weil das aber ein privater Raum ist, fotografiere ich lieber nicht.

Ein paar Etagen oberhalb, auf dem Berg über der Stadt sieht der Blick in die gleiche Richtung aber so aus:

Ganz hinten sieht man das Meer, die Baie de Dounanenez. Auf diesen Berg fahre ich nach der kurzen Runde durch die Stadt, ich hatte schon auf der Hinfahrt ein Hinweisschild „Aussichtspunkt“ gesehen und war dem einfach mal gefolgt. Wunderschön hier über Locronan und ich überlege schon, ob das nicht mein nächster Übernachtungsplatz wird, da spricht mich das Mädchen an, das ganz still hier oben die Aussicht genießt. Sie erzählt, dass sie gerade 2 Wochen Fastenkur macht. Mehr als eine Woche liegt schon hinter ihr. Sie macht das, um Kopf und Körper klar zu bekommen. Krass, so jung habe ich über solche Fragen überhaupt nicht nachgedacht. Kopf klar kriegen war da irgendwie nicht angesagt. Heute sehe ich das anders und überlege noch, wie ich es finde, dass sich solche Fragen in immer jüngeren Jahren Bahn brechen.

Noch ein paar hundert Meter gehts den Berg hinauf und ein kleines Kirchlein zieht wenige Menschen und eine Picknick-Gruppe an, die es sich gerade unter einem Baum gemütlich macht.

Bevor ich nun entscheide, wo und wie ich die Nacht verbringen will, möchte ich aber noch ein bisschen ans Meer. Das Ziel sollte möglichst unverbaut – also ohne großartiges Badepublikum und Kneipenmeile sein. Da fällt mir auf der Karte der Phare du Millier auf. Hinter Dounarnenez noch ein bisschen die Landzunge hinauf und man steht auf einem Parkplatz am Meer und hat diesen Blick.

Das da hinten sieht allerdings nicht aus, wie ein Leuchtturm, aber wer weiß… Hier lässt es sich schön laufen und Luna ist wieder leinenlos glücklich.

Irgendwie erinnert mich die Umgebung sehr an Irland. Die Runde geht durch einen Wald und plötzlich stehe ich vor einer wirklichen Mühle. „Ah, deshalb Phare de Millier“!

Das wasserführende Bächlein kommt in diesem Fall von oben und treibt das riesige alte Rad an, das sich langsam und gleichmäßig dreht. Ein Schild an der Tür zeigt, dass man auch Kindern das Müllerhandwerk erklärt. Heute ist allerdings geschlossen.

Es folgt, manch einer ahnt es schon, die Mittagspause am Feldrand. Dabei erfahre ich im Netz von dem schrecklichen Explosionsunglück in Beirut und bin sprachlos. Und ich hab mich gerade geärgert, weil mein Netzanbieter meint, dass sich mein Datenvolumen dem Ende nähert und er mir nichts Passendes anbieten kann!!! Ich frage mich, wie oft ich in den letzten Jahren schon froh war, nicht an diesem oder jenen Ort zu leben und womit ich das Geschenk dieses, meines Lebens verdient habe.

Und um mein Leben zu feiern, werde ich mir heute einen Zeltplatz leisten. Ich glaube ich seh auch ziemlich verwittert aus. Und weil es kein großer Umweg ist und ich auch irgendwie Lust auf „nochmal in leer“ habe, fahre ich zurück auf den Platz von Locronan. Unterwegs kaufe ich mir endlich den nötigen Elektrik-Adapter. Und ich Trottel kauf den falschen. Nicht Mutti sondern Vati hätt ich nehmen müssen, wenn ihr wisst, was ich meine…

Nun ja ich hab wieder mal Glück. Der Zeltplatz ist herzallerliebst und auch sein etwas verwirrter Besitzer. Ständig vergisst er, was er gerade gefragt hat und verwechselt die Kunden, die er vor 5 Minuten gesehen hat. Aber nett ist nicht nur der Platz sondern auch der Wärter mit seiner Frau. Ich darf mir einen Platz aussuchen, er leiht mir seinen Adapter, es gibt sogar eine kleine Schwimmhalle und die Sanitarias sind die besten die ich bisher erlebt habe. Am Abend kommt sogar die „Creperie ambulante“ und ich kann es mir nach einer Dusche und zwei Zügen in der Schwimmhalle gut gehen lassen.

Es ist gebongt, ich bleibe zwei Nächte. Morgen soll übrigens ein weiterer Markt in Locranon sein …🤪 Allerdings ein Sternenmarkt, der fängt erst abends an. Vielleicht habe ich in den Morgenstunden Glück. Gleich neben dem Platz verläuft der Wanderweg GR 38 und bis zur Stadt sind es 700m. Da finde ich Beschäftigung.

Ach gehts mir gut!!!!

0 Gedanken zu „Die Mühle am Meer“

  1. Liebe Marion!
    Da musste ich erstmal lachen!
    „Nicht Mutti, sondern Vati!“
    Das muss ich mir merken.
    Die beiden Lieblingsstücke auf dem Flohmarkt hätten mir auch gefallen, überhaupt ist das Angebot doch ein ganz anderes als in DE. Gut, dass das Auto keinen Platz hat für große Lustkäufe…😎
    Hab einen schönen Tag, liebe Grüße Ruth und Rosa

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