Von hübschen Häuschen und sagenhaften Zauberern.

Lieber Gott, bitte lass mir nicht jedes Verständnis für junge Menschen abhanden kommen, nur, weil ich alt werde. Allerdings ist davon kein Gramm mehr übrig, als ich bis nachts 4 Uhr von grölenden, kreischenden, grunzenden, schrecklichen Rap, der auf deutsch genauso schlimm nach Autotune klingt wie auf Französisch, hörenden und dann zum Joint rauchen auf die CP-Klos verschwindenen Jugendlichen wach gehalten werde. Da könnte ich nur noch … ja was eigentlich … na eben absolut kein Verständnis für diesen hysterischen Auftritt haben. Da waren die Mücken ja noch besser. WER sind den hier mal bitte die ELTERN!!??

Dafür erfreut der Bäckerladen am nächsten Morgen mein Herz. Da ist von allem etwas da. Brioche mit und ohne Schokolade, Croissants mit allerlei verschiedenen Füllungen, diverse Törtchen, Fruchstückchen, Brote, Ciabatta, Cremetörtchen… ich kaufe ein Baguette.

Ne, Quatsch, ich bin doch nicht blöd 😉

Auch Luna ist begeistert und begibt sich schon mal in Startposition.

Blick in die Ferne
Blick auf den Frühstückstisch

Im Zusammenpacken bin ich nun schon fast Profi und so gondeln wir gemütlich über Land in Richtung Rochefort en Terre. Luna legt gemütlich ihre Schnauze auf meinen Oberschenkel und ich muss beim Schalten aufpassen, dass ich sie nicht wecke. Die Landschaft ist lieblich. Felder, Wiesen und Bäche. Ab und zu schmiegt sich ein typisch bretonisches Steinhaus in die Natur, fast so, als sei es mit ihr verwachsen. Ja, es gibt sie auch, die Schuldenhügeln neben den Ortskernen, aber da führt mein Sträßchen nur selten entlang.

Rochefort en Terre liegt auf einem Felsen über dem Gueuzon Tal. Auch eine Burg gab es hier mal, aber die wurde nach mehreren Verwüstungen zur Zeit der Revolution endgültig dem Erdboden gleich gemacht. Heute sieht man davon nur noch ein Tor und Mauerreste.

Allerdings versteckt sich auf dem ehemaligen Burghof noch ein Schlösschen jüngeren Datums. Leider ist es verschlossen, aber hier könnte doch auch Rapunzel mal ihren Zopf ausprobieren.

Ein Blick durchs Fenster verrät allerdings: Putzfrau scheint vor langer Zeit verstorben 😉

Mein Reisführer klärt mich darüber auf, dass Anfang des 20. Jahrhunderts der wohlhabende amerikanische Maler Alfred Klots das Schlösschen kaufte und renovierte. 2014 ging es für einen symbolischen Euro an die Gemeinde zurück und liegt seitdem leider ungenutzt brach.

Neben einer kleinen Kapelle gibt es hier noch ein Museum der besonderen Art zu besichtigen.

Naia ist übrigens die Schlosshexe und ein engagierter Kurator versammelt hier jährlich über 40 internationale Künstler unterschiedlicher Couleur. Nur durch den Zaun erhasche ich ein Blick auf die Fantasy-Welt der Bilder.

Der andere Blick schweift über das Dächermeer der kleinen Stadt, die dem alten Schlosshof locker den Rang abläuft. Alles sieht ein bisschen wie Disneyland aus – nur in echt.

Eigentlich kann ich über Rochefort en Terre nicht schreiben. Das muss man einfach selbst genießen. So wie einen bunten Blumenstrauss, einen frischen Milchkaffee, einen schönen Film – der wird keine Revolution anzetteln, ist aber einfach wunderbar. Ein Ort für die Seele. Ein Ort zum Auftanken. Und das auch, weil die Menschenmassen fehlen, wie sehr ich das genieße.

Ein wunderbarer Buchladen hinter Hortensien versteckt

Wenn man Lust und Geld und genug Platz an den Wänden hat, kann man auch hier Bilder verschiedener Künstler kaufen und Kleidung und Süßes und Schmuck… aber ich hab Luna, ich bin raus.

Das Geld investiere ich in eine Pizza Bretonne im niedlichen Cafe. Luna bekommt natürlich auch was ab 😉

Nicht weit entfernt liegt Broceliande, der sagenumwobene Wald der Artussage, in dem Merlin, Morgan, Viviane und Lancelot gelebt haben sollen.

Auf dem Weg dahin streifen wir das kleine Privatschlösschen Trecesson.

Einst bedeckte der Wald die ganze innere Bretagne. Schon im 19.Jhd. hatte er für die Stahlverhüttung leiden müssen und heute ist nur noch das Gebiet um Paimpol zusammenhängend mit Eichen, Buchen Kastanien, Fingerhut, Farnen und Gräsern bedeckt.

Mehrere Wanderwege führen zu mystischen Orten wie Merlins Grab, dem Haus der Viviane, dem Tal ohne Wiederkehr, dem Spiegel der Feen, der Gewitter auslösenden Quelle und dem Goldene Baum. Da habe ich morgen die Qual der Wahl.

Zuerst stelle ich den roten Caddy auf dem CP in Paimpol für 22,- zwei Nächte auf die Platznummer 84. Da kann man preislich nicht meckern. Unser erster Weg führt uns zur örtlichen Abtei, die sich zum touristischen Zentrum gemausert hat.

Die Abtei liegt an einem See, den man umrunden kann, vielleicht sollte ich morgen früh erst einmal damit beginnen. 4km schaffe ich auch vor dem Frühstück 🙂

0 Gedanken zu „Von hübschen Häuschen und sagenhaften Zauberern.“

  1. Ach, liebe Marion, ärgere dich bloß nicht in deinem Urlaub über pubertierende Jugendliche. Lass dir die Leckereien aus dem Bäcker schmecken und genieße die herrliche Blumenpracht in den französischen Städten… Das ist schon Beneidenswert, diese riesigen Hortensien überall… Ich drücke euch aus der Ferne und wünsche viel Freude bei der mystischen Wanderung… 😊

    1. Schön, immer mal von dir zu hören 😊 Ich hoffe euch geht es gut und du kannst dich in den Ferien auch ohne Kulturarena 😫 erholen. Sicher fehlt da in Jena was … Gleich berichte ich vom Zauberwald 😜 und schicke vorher eine dicke Umarmung in das schöne Häuschen mit dem noch schöneren Garten 😘

  2. Liebe Marion!
    Ich könnte deine Berichte stunden-, nein, wochenlang lesen!
    Mögen deine Ferien NIE zu Ende gehen! Luna ist eine echte Schauspielerin, gekonnte Gesichtsausdrücke, die ein langjähriger Hundebesitzer nur zu gut kennt. Immer nach dem Motto: absolutes Selbstbewusstsein bei völliger Ahnungslosigkeit! Passt schön auf euch auf und genießt die gemeinsame Zeit! Liebe Grüße, Ruth und Rosa

  3. Wo Du wieder mal überall herumkommt und was für herrliche Plätzchen Du findest ist immer wieder schön zu sehen und …zu lesen! Das kleine Örtchen Rochefort en Terre ist herzallerliebst 💖 und ein Hingucker schlechthin ,von Lunchen mal abgesehen😉 !!! Was es beim Bäcker gibt …typisch Franzosen bleib bloß nicht nur bei Baguett ….Ich wünsche Dir ein ruhiges Nachlager auf dem CP und nette Nachbarn die auch etwas der englischen Sprache zugänglich sind denn so knüpft Frau Freundschaften und erfährt was aus der Region…sofern das bei den Franzosen möglich ist. Eine ereignisreiche weitere Reise (im positivem Sinne) wünsche ich Dir.LG.

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