Keine Mücken, keine Menschen, kein Lärm – wir haben gut geschlafen und sehen das Morgenrot durchs Fenster scheinen.

Nach dem Frühstück tappt der Angler verschlafen zu seinem Plastikstuhl und ich schaffe es gerade in den Zeiten, in denen er sein Zubehör aus dem Auto holt, unbehelligt verschiedene prekäre Körperteile zu waschen und wieder zu verhüllen, um mir und ihm die Peinlichkeit zu ersparen.

Alles wieder gepackt

Frisch gewaschen trete ich die Fahrt nach Versailles an – gegen 8:00, als sich halb Paris auf den Weg macht… so blöd muss man erst mal sein.

Der Waschlappen trocknet hervorragend hinter der Windschutzscheibe und das Ortseingangsschild von Paris hätte keinen attraktiveren Platz finden können.

Das Irritierende am Verkehr auf Paris` “Schnell“straßen ist nicht das fehlende Tempo, sondern die Zweiradfahrer, die hier wahrscheinlich ihre Version vom Leben am Limit proben. Der weiße Mittelstreifen, ob durchgezogen oder nicht, wird zur dritten Spur und so kommen sie bei dreispurigen Fahrbahn auch gern mal von beiden Seiten gleichzeitig. Das ist zudem noch völlig legal, aber für Unerfahrene ein ziemlicher Schreckmoment.

Dazu noch die Straßenführung. Die gleicht wohl eher einem Burda-Schnittmusterbogen aus den 70ern. Man beachte das Muster auf meinem Navi:

Trotzdem erreiche ich gegen 9:30 Versailles unbeschadet und finde 100m vom seitlichen Parkeingang einen Parkplatz. Siehe 🔴

Im äußeren Parkbereich sind Hunde erlaubt, aber als ich gerade am großen Teich ein wirklich einsames Versailles-Bild knipse, werde ich von einem gut durchtätowierten Parkgärtner darauf hingewiesen, dass ich mich vor der Security in Acht nehmen soll, weil Hunde hier nicht erlaubt seien. Mega! Ich kann vielleicht auf den Spiegelsaal verzichten, weil es da keine Hunde geben sollte, aber warum Lunchen hier nicht ganz brav die Kieswege entlang watscheln darf, verstehe ich nicht. Ludwig XIV. hatte sicher

auch ne ganze Menge Hunde.

Mensch beherrscht Natur
Keiner da? Nur mein Schatten.

Leider ist die Sonne genau hinter dem Schloss aufgegangen, sodass man es sehr schlecht fotografieren kann. Gegenlicht halt.

Ich mache ich mich nun doch schnurstracks auf in Richtung Ausgang. Da sehe ich noch zwei Gärtner mit Schablonen an Bäumen herumschnitzen.

Ich hab so getan, als fotografiere ich die Statue 😉

Dann wechsle ich in den hundefreundlichen Teil des Gartens zum Palast der Marie Antoinette, aber hier ebenfalls mehr Verbots- als Erlaubnisschilder. Auch der Zaun ist eher abschreckend.

Einzig die großen Bäume im Park laden zum Verweilen ein.

Nach einem Crepes Nutella und einem Kaffee stelle ich mein Navi auf La Gacilly. Die kleine 3000-Seelen Gemeinde in der Bretagne liegt 385km entfernt und nun leiste ich mir doch mal eine Mautautobahn. Bis Rennes für 26,- , aber es loht sich. Genau eine Stunde spare ich ein und es ist ein wesentlich schöneres Fahren. Auch Luna findet das:

In La Gacilly, der Heimatstadt von Yves Rocher, hat sich ein Fotofestival entwickelt, von dem ich bei Facebook gelesen hatte. KLICK

Überall in der entzückenden Stadt gibt es kostenlose Open-Air-Ausstellungen. Auch manche Fassaden sind mit riesigen Reproduktionen geschmückt. Das erinnert mich sehr an mein geliebtes Zingst.

Zuerst bummeln wir die hübschen Gassen mit verschiedenen Ateliers entlang zum Fluss. Immer wieder weht ein süßer Duft von den üppigen Bepflanzungen herüber.

Dann schaue ich mir die Ausstellungen an und staune über die haushohen Bilder an den Fassaden und im Gras neben den Fußwegen

Manche Bilderschauen liegen an lauschigen Plätzen unter Bäumen.

Mein absoluter Favorit: Sebastiao Salgados Ausstellung mit dem Titel „Gold“. Hier werden die Bedingungen dargestellt, unter denen bis zu 50000 Goldgräber ein Jahrzehnt in der Serra Pelada (Brasilien) nach Gold schürften.

Viele der Fotografen haben zum Ziel die Menschen aufzuklären, aufzurütteln oder zu schockieren. Kritisches steht of im Vordergrund, aber auch die Schönheit der Natur und hoffnungsvolle Momente sind zu finden. Besonders hübsch fand ich die Bilder des Border Collie, der im verbrannten brasilianischen Regenwald eingesetzt wird, um in unwegsamen Gelände Samen neuer Bäume zu verteilen.

Auch diese „Wimmelbilder“ aus der Vogelperspektive laden zum genaueren Hinsehen ein.

Eigentlich bräuchte ich noch mehr Zeit (und Kraft) um hier alles genau anzuschauen, denn vieles gibt es noch zu entdecken. Doch die letzten 90 km des heutigen Tage liegen noch vor mir und die beiden Mädels in Medroux warten bestimmt auf mich. Und so starte ich gegen 18:00 zur letzten Etappe und komme zum abendlichen Menue pünktlich im zauberhaften Garten bei Marietheres und Ruth an. Beide heißen mich herzlich willkommen und ich freue mich unendlich, wieder hier zu sein. Es ist wirklich so, als käme man zu alten Freunden, obwohl wir uns bisher nur einmal im letzten Sommer gesehen haben. Das Gästezimmer ist für mich bereitet, die Dusche braust warmes Wasser über meinen staubigen Körper und das Essen steht auf dem Herd.

Hab ich einen Hunger.

Was bin ich ein Glückspilz!!! Und Luna auch, denn sie bekommt gemeinsam mit Lucky ihren berühmten Becher Quark.

Viel gibt es zu erzählen und so sitzen wir als es kühl wird noch bis 23:00 vorm Kamin und schwatzen. Dann schreibe ich noch diesen Blogeintrag, also verzeiht mir die Fehler… Und jetzt mach ich das Licht aus und wünsche allen eine wunderbare Nacht und schöne Träume.

0 Gedanken zu „Die dritte Spur“

  1. Liebe Marion, da waren gar keine Fehler. Es liest sich alles ganz wunderbar. Eigentlich braucht man keine Ferienlektüre. Nur deinen Blog. Dazu die phantastischen Bilder. Mein Lieblingsfoto dieser Ausgabe ist das Haus mit der riesigen Hortensie. Traumhaft… Ich umarme dich und knuddel Lunchen. Habt morgen einen tollen, erlebnisreichen Tag.

  2. Manchmal sind die kleinen Orte schöner als die großartigsten Gärten(siehe Versaille).Da kann man nämlich überall hin und die tollen Ausstellungen ansehen.Schönes Örtchen und es sieht ganz danach aus das du in der Bretagne gut aufgenommen worden bist👍.Genieße die Zeit!

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