Wenn Monet das wüsste..

Auf dem Großraumparklplatz vor dem Garten Monets lässt es sich gut übernachten. Luna ist zwar seit ein paar Tagen etwas aufgeregt und kommt abends schwer zur Ruhe, aber die Nacht war prima. Gegen 9:00 lasse ich sie schweren Herzens allein, aber im Garten sind Haustiere verboten. 9:30 ist Einlass – ab 8:30 rollten die Reisebusse an, als ich losgehe sind schon sechs da… Die Schlange zwanzig Minuten vor dem Einlassbeginn.

Schnell steckt der pomadiertbezopfte Bevollmächtigte mit dem Seerosenteichbildschlips noch zwei Nationalflaggen über den Eingang und dann kanns losgehen. Meine Hoffnung mit diesen zwanzig Menschen durch die Blumenpracht zu schlendern, zerschlägt sich sehr schnell. Es gibt noch einen Einlass für die sechs Busladungen und einen für Onlinetickets. Wahrscheinlich macht der Bezopfte am Eingang die Taschenkontrolle nicht wegen Alkaida, sondern damit man nichts Gefährliches zur Hand hat, wenn man da drinnen durchdreht.Ich laufe nicht durch die herrlichen Anlagen, ich werde geschoben. Bloß nicht stehen bleiben oder gegen den Strom schwimmen. Das Gedränge kommt auch dadurch zustande, dass viele kleine Gartenwege gesperrt sind und sich alle auf den wenigen verbleibenden bewegen. Reiseleiter schwingen Fähnchen, Menschenmassen mit Kopfhörer folgen ihnen traumwandlerisch und lauschen den Erklärungen. Da hat sicher das ein oder andere Monetpflänzchen dran glauben müssen. Den Garten hat der Künstler selbst angelegt. Er lebte hier ab 1883 mit seiner zweiten Frau, seinen beiden und deren sechs Kindern. Durch Zukauf erweiterte er den Garten und es entstand der Wassergarten mit dem berühmten Seerosenteich.

Als er das gemalt hat, sind sicher nicht so viele Leute da gewesen… außer vielleicht seine acht Kinder.

Fortan malte er hauptsächlich Motive aus seinem Garten in unverwechselbarer Art und wurde damit weltberühmt. Seine Seerosen zieren heute Pillendosen, Platzdeckchen, Taschentücher, Herrenschlips und Damenslips und werden im ehemaligen Atelier gewinnbringend an den Touristen gebracht.

Es ist der Wahnsinn! Halb Frankreich hat sich hier eingefunden.Das Wohnhaus lass ich weg. Das ist einfach zu voll.

Schade, dass ich keinen kenne, der mir hier mal beim Sonnenaufgang aufschließen kann, das wäre sicherlich traumhaft.

Als ich rauskomme ist die Schlange bestimmt zehn mal so lang.

Es würde mich mal interessieren, was der alte Monet dazu sagen würde. Hier schaut er schon mal recht grimmig😂Zurück am Wohnmobil werde ich freudig begrüßt und schnüre gleich die Wanderstiefel. Es gibt einen 6km langen Wanderweg „Auf den Spuren der Impressionisten“. Ganz unspektakulär schlängelt er sich oberhalb von Giverny um eine Hügelkuppe herum. Dort treffen wir nicht einen einzigen Menschen, genießen aber die schöne Natur und schauen auf Monets Dörfchen hinunter.Nach 2 Stunden wieder im Trubel angekommen, gibt es einen „Salat Monet“ bei den „Nymphen“. Lecker und gemütlich.

Jetzt aber auf nach Vernon, Lebensmittel besorgen. Ich mache noch einen kleinen Abstecher ins Zentrum des Städtchens, bin aber nicht wirklich zu begeistern. So viele Bettler, so viel kaputte Bausubstanz und Dreck hab ich in Frankreich noch nicht gesehen. Schade eigentlich, denn es gibt genügend hübsche Häuschen. Doch es fehlt das Konzept und alles wirkt zusammenhanglos.

Morgen, ganz früh möchte ich mir Rouen anschauen und suche nach einer günstigen Ausgangsposition. Eigentlich sollte es Lyons la forêt werden, aber wir sind in Les Andelys hängen geblieben. Da hat Richard Löwenherz 1196 eine Festung auf einen Kalksteinfelsen oberhalb der Seine bauen lassen. Ich biege um die Kurve und die Reste der Festung liegen vor mir. Grandios!

Direkt in einer Flusschleife hat man von hier aus einen fantastischen Ausblick. Ich wandere das Stück vom Parkplatz zur Burg und genieße die Sicht. So sah das ganze damals aus, übrigens in Rekordzeit erbaut: die Handwerker brauchten nur zwei Jahre. So lange dauert manch lumpiges Eigenheim 😜

Eigentlich ist es doch hier ganz schön. Der Parkplatz etwas schräg, aber es gibt ja Keile zum Unterlegen. Nirgendwo ein Verbotsschild – ungewöhnlich aber praktisch! Also bleiben wir hier im „Hotel Burgblick“

0 Gedanken zu „Wenn Monet das wüsste..“

  1. Der Garten ist ja so toll aber durch die Menschennassen war wohl Einiges nicht mehr so zum genießen . Tolle Fotos und super Text wieder liebe Marion. Bin gerade auf Hiddensee und kann das nun in Ruhe alles lesen.
    LG Susi

  2. Liebe Marion!
    Wieder tolle Fotos von deinem Besuch in den Monet – Gärten. Auf der einen Seite ist es doch schön, dass so viele Menschen sich für den Garten des alten Herrn interessieren, aber ich kann dich sehr gut verstehen: Menschenmassen und Geschiebe sind schon lange nichts mehr für mich. Wahrscheinlich liegt es daran, dass sein Garten eben nur im Sommer die Motive seiner
    Werke wieder erkennen lässt.
    C‘est la vie! Pass schön auf dich und Lunchen auf! Ruth

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