Butterbeine

Gegen 5:00 wache ich auf und aus den 4 sind 40 Camper geworden. Auch der große Stellplatz ist nun gut gefüllt. Über Nacht ist ein Regen mit ein paar Blitzen über dem Tal niedergegangen, aber jetz ist der Himmel fast wolkenlos.

Na dann auf zum Lake Louise. Dort angekommen treffe ich als erstes meinen 80jährigen Amerikaner mit seiner Social Assistent wieder, der sich sogleich wundert, wo ich denn abgeblieben wäre. Nach kurzer Erklärung gehts dann schnurstracks ans Ufer, wo die aufgehende Sonne die ersten Berggipfel schon in orangerotes Licht getaucht hat.

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Hach! Man kann gar nicht so viel Fotografieren wie man möchte und wenn ihr denkt ich stehe da so ganz allein – falsch gedacht: kurz nach 5 und ungefähr 40 andere – meist asiatischer Abstammung – sind auch solche Frühaufsteher und tummeln sich am Ufer. Aber wenigstens ist auf dem Parkplatz noch genug frei.

Fast eine Stunde verbringe ich hier in der kalten Morgenluft.

Da fällt mir ein, dass 1 km weiter vorn der Abzweig zum Moraine Lake in den Wald ging. Dort könnte ich doch auch nochmal versuchen, ein paar schöne Bilder zu machen, eh ich mir den Frühstückskaffee koche. Am Abzweig ein signalrot Befrackter, der mir noch das Zeichen zur Durchfahrt gibt, die Absperrungen aber schon in Position bringt. Als ich nach 11km am See ankomme sind nicht mehr viele Parkplätze frei und dann wird unten dicht gemacht. Und das war heute, nicht wie im Reiseführer beschrieben gegen 10:00 Uhr der Fall, sondern schon wesentlich eher.

Dieser See ist echt die Wucht: unwirkliches Blau vor sich auftürmender Kulisse – der Hammer.

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So gegen 9:00 kommen neben den Selbstfahrern auch noch die Schulbussladungen und es wird voll.

Nach einer ausgiebigen Fotorunde gibts Frühstück und die Überlegung, ob ich so einen begehrten Parkplatz einfach aufgeben sollte. Neben mir bereiten sich gerade zwei  junge Bergsteiger mit allem Pipapo auf ihre Tour vor. Wie sich aus einem wüsten Durcheinander aus Haken, Seilen, Karabinern, Kleidung, Essen, Decken, Zeltutensilien… zwei sauber gepackte Rucksäcke entwickeln können, habe ich zwar schon einige Male beobachten können, ist mir aber nach wie vor ein Rätsel. Zum Schluss injiziert sich einer von den beiden noch eine Spritze in die Hüfte… lasst es einfach Vitamine gewesen sein… und auf und davon sind sie.

Mehrere Wanderwege verschiedener Schwierigkeitsstufen sind hier möglich und ich suche mit den Sentinel Pass aus. 700 Höhenmeter flößen mir zwar ein bisschen Respekt ein, aber ich kann ja umkehren wann ich will 😉 und Sentinel heißt Wächter, da wird mir schon nichts passieren!

Auf wunderbar idyllischen Wanderwegen geht es immer weiter bergan. Da komme ich schon ganz schön ins Schwitzen.

Im ersten Drittel des Aufstieges kann man auch das blaue Leuchten des Sees durch die Bäume noch erkennen.

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Dann Erholung auf einem kleinen Plateau. Ab und zu kommen ein paar Wanderer auch schon wieder den Berg hinab. Eine Jugendgruppe untermalt ihren Aufstieg mit HipHopMusik – vielleicht um die Bären zu vertreiben. Und meine asiatischen Fotofreunde haben wieder alle Hände voll damit zu tun, mir ins Bild zu springen, nicht zu merken, wenn ich schon 10 min geduldig auf meine  Chance warte, ewig Panoramen zu schießen, wo die fotografierte Person erst am einen Ende zu sehen ist, dann aus dem Bild raus und am anderen Ende wieder rein rennt (das machen die hier am laufenden Band!!!!), sich ständig stundenlang gegenseitig vor den Highlights zu selfien und mich danach auch noch lächelnd zu fragen, ob ich mal ein Bild von ihrer gesamten lauten Horde machen kann… klar mach ich das … aber … was ist da nur los? Haben die ihre Zen-Lehre so verinnerlicht, dass sie der Rest der Welt nicht mehr interessiert? … Sorry, aber das musste mal raus… völlig politisch unkorrekt – ich weeeiiiß – aber egal wo ich bin, dieses seltsame Verhalten kann ich irgendwie nicht verstehen… aber ich hab sie trotzdem gern 😉

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So, 2,5 Stunden unterwegs. Ab und zu ist mein Fleisch zwar noch so mittelmäßig willig, aber der Geist fängt dafür mega an zu schwächeln. Ich bin schon kurz davor aufzugeben, als sich die Hochebene auftut und einen grandiosen Blick auf die Gebirgswelt freigibt.

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Unzählige Murmeltiere pfeifen, der Wind erfrischt die Luft und die Sonne strahlt nur so. Bis zum See unterhalb des Passes habe ich es geschafft.

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Dort hinten der Zick Zack Weg, den müsste ich jetzt noch hoch! Bis auf den Sattel. Uff! Doch die Entscheidung ist eh längst gefallen: Die letzten 1,5 km spare ich mir, denn meine butterweichen Beine sollen mich ja auch noch nach unten bringen. Seeehr schade zwar, denn auf der anderen Seite wartet ein grandioser Ausblick. Jeder der fitter ist als ich – und das ist wahrscheinlich fast jeder 😉 , sollte sich den Ausblick unbedingt geben, zumal bei diesem Wetter.

Ich trotte lieber mit knieschonendem Stockeinsatz – jawoll Heike, das mache ich! –  den Berg wieder herab. Schön wars!

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Zum Glück habe ich entgegen meiner Gewohnheit den Campground Johnston Canyon reserviert. Gleich für 2 Nächte! das nimmt wirklich bei dieser touristischen Massenansammlung den Druck raus. Und jeden Abend auf dem Overflow?! Super ist das hier, einfach unter Bäumen parken, heiße Dusche und den schönsten Wanderweg der Umgebung genau vor der Womotür. Den Canyon bis zu den Ink Pots wandere ich morgen… wenn meine Butterbeine mitmachen.

8 Gedanken zu „Butterbeine“

  1. Liebe Marion,
    seit dem ich auf Facebook Deinen Link zu dem tollen Blog gefunden habe, lese ich mit! Seit gestern in einem Ruck! Ist es doch interessant, dass Du alleine reist!
    Wir machen ab Ende August das 1. Mal eine Kanada-Reise und besuchen auch VI. Camping ist für uns auch Neuland…gerade mal 5 Tage waren wir an der Ostsee vor vielen Jahren unterwegs. Weiter gute Reise … pass‘ auf die Bären auf! Shaka

  2. Marion. du Weltenbummlerin, deine Bilder beeindrucken mächtig und die Kommentare zeigen, dass es dir gut geht und du genießt. Weiter so, weder Achs- noch sonstwo -bruch, nette Gesellschaft und tolle Abenteuer ( mit Bedacht ) und liebe Grüße.

    1. Genau! Dann lies mal den nächsten… Whistler-Mountain 👍 war das nicht ne Empfehlung von Ines 😊 Dauert aber noch ein bissel… muss erst mal verschnaufen … komm vom Maligne Lake und hab… naaaaa…. meinen ersten …. BÄREN … gesehen 😃

  3. Ach Marion, deine Bilder sind wirklich unglaublich. Danke, dass wir durch deine tollen Fotos und Berichte irgendwie immer ein bisschen mit dabei sein dürfen… Die Chipmunks so zahm zu erleben ist wirklich niedlich…. Hab weiter viel Spaß und immer ein gutes Motiv vor der Linse (in der Hoffnung, dass dir nicht wieder ein asiatischer Freund ins Bild springt)… Liebe Grüße von der Netti

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