Slán – Auf Wiedersehen!

Heute vor 5 Wochen bin ich zu Hause gestartet und die Zeit verging wie im Flug. Nun hocke ich hier in meiner Traumbucht am St. Helens Pier und der Abschiedsschmerz nimmt zu. Was für ein Land! Die Klippen, das Meer, die Farben… eimalig! Und auch die Menschen: bestimmt 20 Mal hat ein Wildfremder zu mir gesagt:“What a lovely day!“, wenn die Sonne schien. Und immer gabs ein freundliches Winken, wenn ich auf den engen Sträßchen auch nur ein kleines bisschen Rücksicht auf den Gegenverkehr nahm… Da können wir von den Iren wohl noch was lernen. Und was habe ich gelernt: Meide Zeltplätze über 30,-!! Heute morgen stehe ich also bei meinem Luxuszeltplatz unter der Dusche, werfe den 2,- Jeton in den Schlitz und… nichts… kein Tropfen… Zum Glück bin ich noch nicht eingeseift. An der Rezeption ist um diese Uhrzeit noch keiner zu sprechen und ich bin drauf und dran in den Touri-Nölmodus umzuschalten. So muss sich das anfühlen, wenn man einen sauteuren Urlaub gebucht hat und dann das Essen nicht schmeckt oder das Zimmer nicht sauber ist… Ich glaube auch das ist der Zufriedenheits-Trick beim Lowlevel-Urlaub: Kostet nicht so viel, hat auch wenig Luxus zu bieten, aber man freut sich riesig über kleine Alltäglichkeiten: tollen Schlafplatz gefunden, schönes Abendlicht und ab und zu mal ne warme Dusche… Daraus wird nun heute nichts und ich finde mich mit dem Getröpfel der Womo-Dusche ab. Ein letzter Blick auf Wexford vom Zeltplatzeingang aus:

Nein wir werden in diesem Leben keine Freunde mehr! Das Einzige was ich hier witzig finde, ist das „Plein Air -Festival“. Das bedeutet freies Malen unter freiem Himmel. Überall stehen oder sitzen Leute mit Staffeleien und malen drauf los.

Aber mal ehrlich, gibt es in diesem Land nicht wesentlich schönere Plätze, die man abmalen kann?

In der Nähe meines Fährhafens in Rosslare gibt es noch ein Castle. Johnstown Castle ist zwar komplett leer und man darf nicht rein, aber der Garten rundherum soll schön sein. Also mache ich einen Zwischenstopp im weitläufigen Anwesen. Hier gibt es auch ein Agriculture Museum, aber Pflüge und Eggen find ich jetzt nicht so spannend. Das Castle ist im Stil des „Gothic Revival“ erbaut. Ich glaube das ist sowas wie Historismus… wir würden sagen Neogotik… schätze ich mal.

Das heißt es müsste noch recht jung sein, so 19.Jhd. So richtig hab ich nichts darüber gefunden und es sind auch nur wenige Leute hier. Seit Kriegsende gehört das Anwesen dem Staat und steht seitdem leer. Schade eigentlich. Durch die Fenster kann man die aufwendige Holzvertäfelung an den Wänden aber auch die abbröckelnden Farbschichten bewundern. Toll sind aber die Gärten drumherum und da lohnt sich ein Spaziergang um den See.

Alte Bäume, blühende Sträucher ein verträumter Turm am See und sogar zwei Pfauenpaare gibt es hier. Aber die sitzen im Wipfel eines riesigen Baumes, da reicht mein Zoom nicht. Pfauen hopsen doch eigentlich lieber auf der Wiese herum… komisch??

Gut, nun gibt es kein Entrinnen: ich brauche noch Reiseverpflegung und einen Schlafplatz für die letzte Nacht in Fährnähe. Rosslare Beach ist so voll, da findet man noch nicht mal einen Parkplatz. Und zum letzten Mal in diesem Sommer hilft mein geliebter Womo-Führer Nr.29: St. Helens Pier, eine alte brüchige Mole von 1942 mit versandetem Becken aber wunderschöner Umgebung. 

Auf dem Weg dahin ein „Super Value,“ das beste irische Einkaufszentrum mit allen Leckereien. Ich decke mich für ein Abschiedsessen ein und genieße bei traumhaftem Wetter meinen letzten Abend in den kleinen Buchten um den Pier. 

Und da hat sich doch wirklich das Schicksal am letzten Tag, so ganz am Schluss noch so was richtig „Nettes“ für mich einfallen lassen 😳 Nach der Strandwanderung komme ich am Stellplatz an, mach die Seitentür auf und lege meine Sachen rein. Neben mir wieder so ein netter Ire mit „What a lovely day!“ und nem kleinen Schwatz und weil der Wind die Tür hin und her wirft drück ich sie in Gedanken zu… und.. Mist! Riegel unten, Schlüssel drin … boooaaaah!!!!!!! fünf Wochen lang hab ich mich vor diesem Moment gefürchtet und peinlichst kontrolliert, ob ich den Schlüssel auch habe…. und jetzt am letzten Tag! Och neeee! Aus dem Nachbarcamper kommt gleich ein holländisches Paar um mich zu trösten… aber irgendwie behalt ich die Ruhe. Bin wohl doch erholt… Probieren wir es doch mal mit einem Dachfenster… Ich klettere aufs Dach und mit einigem Geruckel hab ichs auf. So leicht kann man hier also einbrechen! Da kann ich Geld, Laptop und Fotoapparat eigentlich gleich auf den Bordstein legen. 😜 Problem Nr. 2: ich pass durch dieses Miniquadrat definitiv nicht durch! Und wie durch ein Wunder kommt gerade eine kinderreiche Familie angelaufen: „Na, wer ist hier der Sportlichste?“ Da brauch ich nicht zweimal fragen, so eine spannende Aufgabe erledigt der Dreikäsehoch mit unübersehbarer Begeisterung, klettert durchs Dach hinein und öffnet als Retter in der Not die Tür von innen. „You are my hero today!“ und er strahlt! Und so war alles nur eine Schrecksekunde… okay -Viertelstunde.

Es war eine grandiose Zeit und sicher nicht mein letzter Irland -Urlaub. Also „Slán!“ – wie die Iren sagen und „Go raibh maith agat!“ – aber das geht auch kürzer:  „Danke!“

0 Gedanken zu „Slán – Auf Wiedersehen!“

  1. Hallo!
    Jetzt bin ich gleich auch ganz traurig, weil nicht nur dein fantastischer Urlaub endet, sondern auch mein Mini-Lese-Urlaub 😉
    Tausend Dank für deine tollen Berichte! Ich hoffe, du bist gut zuhause angekommen und kannst noch lange von den Erinnerungen zehren.
    Ich freu mich schon auf deinen nächsten Urlaub 🙂
    Viele Grüße,
    Britta

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