Ein abendlicher Rundgang eröffnet mir noch, dass ich an der Xantener Südsee gestrandet bin. Das steht auf einem Schild neben dem Parkplatz. Nun ja! Hochtrabender Name für ein ganz nettes Naturbad, an dessen Ufer sich gleich mehrere Hasenfamilien ein Stelldichein geben. Die Sonne geht golden unter und über den schimmernden Kornfeldern leuchten neben den Errungenschaften zeitgenössischer Architektur die Jahrhunderte alten Ruinen römischen Angeberbauten.

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Plötzlich raschelt es im Gebüsch… so eine Art Megarascheln… ganze Zweige werden zur Erde gebogen und mittlere Äste knacken. Gebannt schaue ich auf die Hecke und bekomme abendlichen Besuch. Dass die gern Blätter fressen, wusste ich gar nicht. Da müssen sie aber aufpassen, dass die Evolution sich nich mal so etwas einfallen lässt wie bei den Giraffen. das sieht dann doch irgendwie blöd aus.

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Die Nacht ist ruhig und ich schlafe prima. Nach einem gemütlichen Frühstück will ich aber nun doch mal in Xanten auf einen Sprung vorbei schauen. Prima Parkplätze hatte ich ja schon gesehen. Schon am Eingang zum Stadtzentrum, gleich neben der Frittenbude machen sich zahlungsunwillige Ureinwohner Luft:

Da hat wohl der Bürgermeister mal wieder Geld ausgegeben, dass er nicht hatte. Ich bummle durch die Innenstadt und hab den ganzen Dom für mich allein.

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Dann schau ich noch bei einer kleinen Ausstellung vorbei und wie es der Zufall will stammt der Künstler aus Apolda und hat auch zum Thema Schule was zu sagen.

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Tauscht man die Begriffe in der Welle aus und schreibt da sowas rein wie ADHS oder Inklusion oder Flüchtlingskinder oder Reformpädagogik oder Eltern oder … dann wäre der in der Mitte wohl der Lehrer. Jeder Berufsstand kann dieses Bild ganz nach Belieben anpassen. Das wäre doch eine prima Idee für Malen nach Zahlen. Die austellungsbetreuende, sicher ehrenamtliche Rentnerin freut sich über  jemanden wie mich, der Interesse und Zeit hat und auch noch gern zuhört. Sie erzählt alles Mögliche, aber wie wir vom Atelier des 1993 verstorbenen Künstlers über ihren Mann, der aus Radebeul stammt zu Putin und den doch ganz guten Ansichten dieses so falsch verstandenen Regenten gekommen sind, weiß ich schon jetzt nicht mehr. Beim letzten Thema lenke ich durch die Frage ab, was denn in Xanten noch so sehenswert sei und sie verweist mich auf das Römermuseum. Ach ne, doch nicht wieder diese Angeber. Putin hätte denen sicher auch ganz gut gefallen. Ich wandere also – nach dem obligatorischen Besuch im Buchladen – in Richtung Römermuseum und sehe… zu viele Schulklassen. Das muss jetzt nicht unbedingt sein und dann auch noch für 9,90 €. Dann doch lieber Amsterdam.

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Xantener Wanderwege
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Überblick Römermuseum

170km bis Amsterdam, das ist eigentlich ein Klacks und so rollen wir los, mein „Großer“ und ich. So nach km 120 sehe ich am rechten Scheibenwischer einen kleinen Zettel flattern … ??? … och neee! Da hat dem Xantener Dorfpolizist wohl irgendetwas nicht gepasst. In Amsterdam angekommen klappe ich das Ding auf:

Mein Gott! Welches Schild??? So ein kleine blaues mit PKW drauf. Ja, das hab ich gesehen, aber da ringsherum alles frei war und ich gaaanz prima zwischen zwei weiße Trennstriche gepasst habe, dachte ich das geht schon in Ordnung… außerdem haben wir uns ganz klein gemacht… fiel kaum auf. Nun ja, ich werde demnächst darauf achten, was auf Schildern steht!

Amsterdam, Stellplatz „City Camp“ an der NDSM Werft den kenn ich schon 😊 Das war hier hier letztes Jahr schon wirklich prima. Ich checke ein und schlendere über das Werftgelände.


Kreativ, chaotisch, liebenswert, inspirierend, jung, trendig, fantasievoll… das fällt mir ein, wenn ich hier rumlaufe. Auch die beiden Kneipen vom letzten Jahr gibt es noch. Das Pllek und das Café Norderlicht.

Neben dem Pllek gibt es eine neue Wohngemeinschaft. Da haben sich ne Menge junger Leuter häuslich niedergelassen und wohnen in Containern. Auf improvisierten Balkonen sitzen sie zusammen, Rastazöpfe wehen im Wind und Lachen tönt herüber. Aus einigen Fenstern hört man Trommeln und Gitarren, ein Typ der original aus Jamaika stammen könnte, spielt auf seine E-Gitarre mit Kopfhörern lautlos vor sich hin. Wenn ich nicht so ein feiger Menschenfotograf wäre, dann ergäbe das prima Portraits. So gibts nur die campeigene Hühnerfamilie, die Hausregeln, die auch etwas zum Thema „Drugs“ zu sagen haben und eine Frontalansicht des „Wohnprojektes“.

Ich nehme die kostenlose Fähre zum Bahnhof und dann die Straßenbahnlinie 5 zum Museumsviertel. Karten gibts beim Fahrer, 2,90 für eine Stunde. Ich will in diesem Jahr ins Van Gogh Museum. Am Ticketshop ein Schild: „Tickets for today sold out!“ Nur mit einer Amsterdam Card käme man wohl rein… Mist! Nun ja,  für das Rijksmuseum gibt es noch Karten, aber 17,- für eine Stunde… da komme ich nächstes Jahr mit mehr Zeit im Gepäck wieder. Okay, dann genieße ich einfach die Stimmung im Museumsviertel 😊

Ich bummle am Van Gogh Museum entlang und sehe 8 Leute am Ticketschalter stehen. ??? Ich frage die junge Frau im offiziellen gelben Van Gogh Mantel, ob es im Gegensatz zum Schild am Ticketshop da vorn doch noch irgendwie Karten gibt… und sie meint: „Sure! Thats the offical Ticketshop!“ –  Glaube was auf Schildern steht! oder Lass es bleiben!

Ich kann also rein, aber die Bedingungen sind strikt. Tasche abgeben, nicht fotografieren und Sonnebrille ab! Hä?! Wieso das denn? Ich sehe ohne Brille nix, muss sie aber am Eingang sofort absetzen. Der Typ im Livré hat seine Hand schon ausgestreckt, als ich nicht gleich reagiere. Ich tappe also halb blind zur nächste Bank und fummle mein Brillenetui heraus. Dann wird es aber sehr schön, wenn auch voll… wahrscheinlich hat man Van Gogh hier nie für sich allein!


Die „Kartoffelesser“ sind in echt noch düsterer und trauriger als im Bildband!

Aber die Sonnenblumen überstrahlen alles! Auch die Rückansichten, die sich ständig ins Bild schieben. Und tatsächlich – kurz nach der Auslösung meines Smartphones kam der Aufseher und zeigte auf das Schild „No Photo!“ Ha, zum Thema Schild hab ich heute ne Menge zu sagen!

Aber jetzt kommen meine Favoriten: Wunderschön, zart, duftig…. die blühenden Bäume:

… und grob und wie nebenbei, anscheinend ohne Sorgfalt, mit durchschimmernder Leinwand gemalt, wenn man sie ganz nah betrachtet:

Ich laufe vergnügt durch die Stadt zurück und gönne mir eine Pancake mit Käse und Spinat. Dann bummle ich noch über den Blumenmarkt und genieße die pulsierende Stadt.

Schräge Vögel gibts genug! 😂

Aber irgendwie sind dann alle wieder gleich, wenn sie sich aufs Fahrrad schwingen. Im feinen Zwirn, mit Jogginghose, langem Kleid oder Hotpants… hier radelt jeder! Und sobald eine Zwangspause eingelegt werden muss, z.B. auf der Fähre nach Hause wird eine gemeinschaftliche Dehnung der Nackenmuskulatur eingelegt und alle starren aufs Display 😜

Na dann: Schönen Feierabend! Und immer schön beachten, was auf den Schildern steht!

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  1. Endlich mal Zeit gefunden dein Reisebericht zu lesen, ist echt locker und heiter geschrieben, macht Spaß zu lesen und tolle Fotos!!! Weiter so!!! Grüße aus Jena von deiner Pilates-Kollegin KATHLEEN 🙂 Schöne Reise weiterhin

    1. Ach wie schön! Ich freu mich, dass Dir mein Geschreibsel gefällt 😀 Das macht mir auch ziemlich viel Freude und ist schon zu meiner lieb gewonnenen Abendbeschäftigung geworden. Und über einen so netten Kommentar freu ich mich natürlich dann umso mehr! Beste Grüße aus Galway und auch Dir einen schönen Sommer schickt Marion😀

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