Der verwunschene Garten

Hier die Ergebnisse des morgendlichen Photowalks. Ich kann mich nicht sattsehen an diesem Naturschauspiel. Die dichten Nebelwolken liegen über dem Atlantik. Auf der einen Seite schauen die Spitzen der Mizen Head Peninsula heraus auf der anderen die Zipfel der Beara Halbinsel und ich stapfe verzückt mit den völlig emotionslosen Schafen durch den wunderbaren Morgen:

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In meinem Fenster geht die Sonne auf
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Moin!
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Mizen Head Peninsula – da hinten war ich gestern
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Auf der anderen Seite: Halbinsel Beara – da will ich hin
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… und statt Atlantik ein Wolkenmeer.

Und dann das Erweckungs- Erlebnis: „Ich bin Jesus!“ Könnt ihr meinen Heiligenschein sehen? Direkt da um meinen Schatten herum! Und wenn ich mich bewege, dann geht der mit! Wo ist die nächste Pfütze, vielleicht kann ich jetzt auch übers Wasser gehen? 😉

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Das Gras glitzert im Morgentau und ich genieße den besonderen Moment hier auf der Spitze der Landzunge ohne Touris, ohne Regeln, ohne Eintritt, ohne Nippes!

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Ein paar Wohnhäuser gibt es hier auch, aber nichts regt sich.
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Nach zwei Stunden allerdings ist das Naturschauspiel auch schon wieder vorbei und ich muss meinen Weg zum kleinen Leuchtturm wohl im üblichen Nebel zurücklegen. Aber das macht nichts, denn ich bin für heute schon mal ziemlich glücklich mit dem Start.

Einmal um den Zipfel der Sheeps Head Peninsula solls gehen, mit einem Abstecher zum Leuchtturm auf der Spitze. Meine „Outdooractiv“ – App leistet dabei selbst hier am Rande der Zivilisation, wo zwischen mir und Amerika nur noch Wasser ist gute Dienste.

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Der Sheeps Head Way ist ein 150km langer Wanderweg. Aber da ich das heute nicht mehr ganz schaffe, gebe ich mich mit dem westlichen 6 km Loop zufrieden und bin um die Zeit hier noch ganz allein.

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Der Nebel wird dichter…
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Sicher ist sicher!

So ziemlich auf der Hälfte steht dann der niedliche kleine Leuchtturm und auch den habe ich im Gegensatz zur Brücke von gestern so völlig zur freien Verfügung ohne das ständig jemand ins Bild läuft.

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Auf dem zweiten Teil der Runde kommen mir durch den immer dichter werdenden Nebel schon die ersten Ausflügler entgegen und ich bin ganz glücklich, die stille Einsamkeit schon zeitig genossen zu haben.

Nun gehts in Richtung Bantry. Den Tipp einer lieben Freundin folgend, möchte ich mir dort Bantry House and Garden anschauen, ein verwunschen verwachsenes Herrenhaus. Und da lohnt sich wirklich der Eintrittspreis. Alles hat einen unglaublichen Charme, nichts ist perfekt hergerichtet oder touristisch aufgepeppt. Der Hauch der Zeit ist überall spürbar, weht über alle Dinge und durch den Garten.  Dieser hat neben einem peinlich gepflegten Mittelpunkt ausufernde Überwucherungen und verwunschene Ecken.

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Das Highlight ist die lange, grün bewachsene Treppe. Was mag an deren Ende wohl versteckt sein?

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Nein, kein wunderschöner Prinz, sondern eine wunderschöne Aussicht… Außerdem gibt es eine Pflanzenfülle, die ich noch in kaum einem anderen Garten gesehen habe.

Die Innenräume sind selfguided zu besichtigen. Eben probt ein kleines Quartett für die Abendaufführung in der Bibliothek. In Bantry findet nämlich gerade zum 20. Mal ein Kammermusik-Festival statt. Ich brauche keine Eintrittskarte und belausche einen Moment im Garten die Probe der Künstler. Schöner kanns eigentlich nicht sein. Dieser traumhafte Ort und dazu die passende Musik.

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Seht ihr ihn sitzen – den Pianisten im weißen Jacket?

Auch in den Innenräumen fühlt man sich als Zeitreisender. Alles sieht aus, wie gerade verlassen. Nichts erinnert an ein Museum – außer vielleicht der freundliche Hinweis auf einem kleinen Blatt Papier, man möge sich doch nicht ungefragt ins Bett legen…

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Hier würde ich glatt einziehen. Augen zu und schon ist man in die Zeit des Earl of Bantry  zurück versetzt… Na gut, wenn das schon nichts wird, dann gönne ich mir wenigstens eine Pause im ebenso entzückenden Cafe mit Freisitz… Brokkoli Quiche mit Brunnenkresse dekoriert, dazu einen Milchkaffee – ich bin glücklich 🙂

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Am Tisch sitzen zwei ältere Damen. Die eine ist Gast des Festivals und Irin, die andere geboren in Dublin, lebt aber jetzt in Wales und ist zu Besuch wegen der Hochzeit ihrer Nichte. Beide empfehlen mir unbedingt morgen von Clonakilty nach Garnish Island überzusetzen. Dies sei eine wunderschöne kleine Insel mit besonderer Vegetation. Ich heimse noch ein paar nett gemeinte Komplimente für mein grauenhaftes Englisch ein und erfahre wie sie es doch beide bedauern, nur Englisch zu sprechen. Darüber muss ich nachdenken! Wie schön wäre es doch, man spräche eine Sprache, die große Teile der westlichen Welt verstehen… oder? Nun ja, wie so vieles eine Frage der Perspektive.

Da heute so ein schöner Tag ist, will ich noch eins drauf setzen – ich gönne mir einen echten Zeltplatz. Mit Strom, Wifi, Wasser, Dusche und anderen Menschen. Laut Womo-Führer gibts den auch hier ganz in der Nähe und einen superschönen noch dazu. Und tatsächlich: er ist schön:

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Ich stehe direkt am Wasser und die Sonne schaut ab und zu zwischen den Wolken heraus. Nur mit dem Wifi – wir ahnen es schon – wird es wieder nichts. Zumindest nicht am Stellplatz direkt. Dazu muss man sich in einen Raum neben der Rezeption begeben, und kann nach Herzenslust schreiben, surfen und Reiseblogs bedienen – Strom inclusive. Traumhaft!

Nun noch ein abendliches Gespräch mit der Rezeptionistin – mein Englisch will schließlich trainiert werden und ich bekomme einen Tipp für morgen: Das dürfen Sie auf keinen Fall verpassen und hier, noch ein Rabattschein für die Fähre: Garnish Island!! Na da weiß ich doch, was morgen auf dem Plan steht.

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