Gleich nach dem Aufstehen mache ich einen Fehler: ich schaue mir die Wetterkarte an. Da hilft nur noch ignorieren und ein kräftiger Kaffee!
Vor dem touristischen Highlight Mizen Head möchte ich aber gern noch nach Crookhaven – als idyllisches Fischerdörfchen am „White Stand“ beschrieben.
An Cruachán heißt der Ort auf Gälisch/Irisch. Wir sind hier im Gaeltacht-Gebiet. Soweit ich das verstanden habe eines von verschiedenen Teilen Irlands, die noch das alte Irisch = Gälisch ? sprechen. Korrigiert mich, wenn ich falsch liege! Im Radio versteh ich auch gerade kein Wort und es läuft auffallend viel (gute!) Folklore.
Ich versuche also mein Glück im verschlafenen Crookhaven habe aber kaum eine Chance. Sonnenbebrillte (Sonne? heute?), stylische Mütter in hippen SUVs bringen ihre ebenso stylischen Kinder zur Segelschule. Beim Ausladen der kostbaren Fracht parken sie auch gleich mal auf der Kreuzung oder mitten auf der eh schon insgesamt nur einspurigen Strasse. Ich gebs auf, dreh um und halte 2km vor dem Ort in der White Strand Bucht.
Dort hat sich mal jemand wirklich Gedanken um Sauberkeit am Strand gemacht. Neben fein aufgefädelten Plastiktüten rechts gibt es sogar mehrere Aufhebestäbe links … das was so aussieht wie ein Pistolengriff.

Von dort geht ein Wanderweg zum Brow Head, einem Aussichtspunkt gegenüber des Mizen Head. Nicht zu viel Aussicht, aber eine schöne Wanderung. Überall alte verfallene Häuser und Türmchen.
Ganz hinten im Einheitsgrau, 9 Meilen von mir entfernt, Fastnet Rock, auch „Irlands Träne“ genannt, weil dies der südlichste Punkt des Landes ist und der Leuchtturm darauf das Letzte war, das viele Auswanderer im 19.Jhd. von ihrer Heimat sahen.


Da meldet sich Whatsapp. Grüße aus der Heimat! Darüber freut sich die Alleinreisende immer. Auch von meinen liebsten Nachbarn, ohne die ich eine so lange Tour gar nicht entspannt machen könnte, denn sie hüten ganz selbstlos und liebevoll mein Häuschen. Schon dafür muss man Euch lieb haben – und noch für einiges Anderes auch. Danke!
Doch die Nachricht klingt sorgenvoll: Unbekannte sind im Haus gewesen!
Essen wurde verzehrt!
So etwas Ähnliches gab es vor zwei Jahren während eines Winterurlaubes schon einmal: frische Spuren im Neuschnee und keiner zu Hause…
Aber ich ahne es schon. Die frischen Spuren im Schnee damals hatten die gleiche Ursache: mein Töchterchen, die auch ab und zu nach meinen Pflanzen schauen wollte… und wohl „vergaß“, Nachbars Bescheid zu geben. Also Entwarnung! 😂😂😂
Und das alles kann man in Irland aufgrund der super Netzabdeckung vom Wanderweg aus regeln! Spitze!
Aber jetzt gehts wirklich zum Touri-Highlight. Die typischen Erkennungsmerkmale eines solchen seien hier kurz zusammengefasst:
1. viele Menschen
2. kostet was, meistens zu viel
3. wird häufig überschätzt
4. geht einem mit Nippesläden auf den Zeiger
5. unterliegt vielfältigen Regeln
So auch dieses. Wie der niederländische Reisebus die schmale Straße hergekommen ist, erschließt sich mir nicht ganz aber seis drum. Ich bezahle tapfer 7,- Euro beim signalfarben bejackten Mann am Einlass für das Ansehen eine Brücke und eines ziemlich unscheinbaren Leuchtfeuers und stapfe den Touristen hinterher. Hm! Da hinten ergäbe sich eine schöne Fotoperspektive … na ja, wenn der Zaun nicht wäre… aber da geht ein Trampelpfad den Berg hinauf… hinter (!) dem Zaun … ja da oben, da gibts bessere Bilder. Also drüber über das Ding und hoch auf den Gipfel. Ja super von hier gehts… und ich kraxele noch ein bisschen vor mich hin. Jetzt vor allem ohne Touris, die sehe ich nur da unten und die mich wahrscheinlich hier oben.
Beim Abstieg auf Normalniveau treffe ich … die irische Welt ist klein… meine Dresdner vom Vortag, gleich am verbotenen Zaun. Ich klettere wieder zurück und wir schwatzen ein bisschen, als plötzlich mit forschendem Blick in Richtung Gipfel der leuchtfarbene Einlassmann angelaufen kommt. Der scheint jemanden zu suchen … hinter dem Zaun… hm… niemand dort… nur drei schwatzende Sachsen davor. Wer hat mich da wohl verpfiffen? Oder gibts hier Kameras?
Ich packe zusammen und fahre gut gelaunt die kleinen Halbinseln (Peninsula) Mizen Head und Sheeps Head ab. Auf der Spitze der zweiten will ich übernachten. Vorher allerdings komme ich an einem traurigen Platz vorbei.

An diesem Ort hat sich am 23.6.1985 der Wahnsinn schlechthin ereignet. In über 9000 m Flughöhe explodierte eine Bombe in einem Flugzeug. Menschen- und Maschinenteile regneten zur Erde… das Ende meiner Vorstellungskraft ist erreicht!
Bis zum 11. September galt das als der schwerste Terroranschlag. Über 300 Menschen starben und alle sind namentlich hier erwähnt. mehr


Damals sollen es indische Sikh gewesen sein, heute denken andere dass es irgendwie hilft, wenn man Menschen tötet… ich werde das nie verstehen.
Die Strassen werden immer schmaler, der Nebel dichter… ich nähere mich Sheeps Head.


Von Leuchtturm, Aussicht, Wanderwegen… nicht viel zu sehen! Alles Grau! Aber es soll ja Leute geben, zu deren Lieblingsfarbe sich dieses Etwas gemausert hat… wie ich gerade heute lesen konnte… nicht wahr Sebastian? Meine ist es definitiv nicht!
Dann lieber hellbraun… wie Milchkaffee und goldgelb wie leckerer Kuchen.


Im Café frage ich gleich, ob man hier stehen bleiben kann und über Nacht auf besseres Wetter hoffen darf. Ich darf und: „Ja morgen… da wird es besser… garantiert! „
PS1: Wer sehen will, wo ich gerade rumkurve… Bitteschön, ein Ausschnitt aus dem „Einsamen Planeten“.
PS.: Auch heute wieder kein Stromanschluss. Also nur i-Phone-Fotografie… 😜 Frage: Wer hat Erfahrungen mit Powerbanks fürs Macbook? Die Auswahl scheint gering.