Meinen Schuh lasse ich allein zurück… was soll ich nur mit dem linken? Einsam steht er auf dem „Herzlich Willkommen-Abtreter“, als wir uns auf in Richtung Rom machen. Es regnet mal wieder und wir fahren gemütlich die kürzeste Strecke. Orvieto möchte ich mir gern mal ansehen, aber sonst soll es keinen weiteren Stopp geben. Ciao niedliches Appartement in Lornano – wir haben uns sehr wohl gefühlt.
Oben auf einem Felsen sieht Orvieto aus wie angeklebt. Bis an die Abbruchkante haben sich die Häuschen geschoben und von dieser Sorte gibt es hier in der Gegend – wir sind jetzt in Umbrien – `ne Menge hübsche Orte. Diesen hier kann man nur leider heute nicht fotografieren, da es diesig, neblig ist und ich von Weitem kaum etwas erkenne, deshalb hier ein „geliehenes“ Bild:

Trotzdem habe ich Lust das Städtchen zu erkunden, doch scheint der Plan am Parkplatzproblem zu scheitern. Letztendlich entscheide ich mich fürs Parkhaus und bin genervt: hier sind bestimmt zwanzig Plätze frei, nur passt keiner hinein, ein Smart vielleicht, aber den hat keiner – eher im Gegenteil…. Hier wird gezirkelt, probiert, vorwärts und rückwärts versucht und meist wieder aufgegeben… So gehts auch mir, in keine der freien Lücken passt der Caddy rein, vorausgesetzt man will danach noch aussteigen. Nach einer gefühlten Ewigkeit wird dann eine Doppellücke frei und ich kann endlich mein Gefährt unterbringen.
Und dann nehmen wir uns ein bisschen Zeit für das mittelalterliche Städtchen, das vermutlich am Standort der ehemaligen etruskischen Stadt Velzna liegt und soviel wie alte Stadt (Urbs Vetus) bedeutet. Thomas von Aquin – ein bedeutender Philosoph des Mittelalters – lebte hier und auch manche Päpste mussten ihre Residenz in Orvieto aufschlagen. Neben einem wohl sehr empfehlenswerten und mit einer langen Schlange versehenen Museum über die Etrusker, ist es hier vor allem der Dom, der mich begeistert.

Die Kathedrale Maria Himmelfahrt ist ein beeindruckendes Beispiel gotischer Architektur, die ich mit Lunchen an der Leine nur von außen bestaunen kann. Besonders faszinierend finde ich die vielfarbigen Mosaike, die filigranen Säulen und die bezaubernden Wandreliefs an der Fassade.



Letztere haben sich in der guten Luft Umbriens seit 1320 erstaunlich gut gehalten und müssen nur unten vor allzu neugierigen Touristenfingern hinter Plexiglasscheiben beschützt werden. Jede der Reliefsäulen erzählt eine biblische Geschichte.

Immer wieder erstaunt es mich, welche unfassbaren Werke der Glaube hervorbringen kann. Heutige Zweckbauten, die mit Schönheit nix zu tun haben und vielleicht dem Zweck des Betens dienen, sind im Vergleich zu diesen Kunstwerken ein Hohn…
Nach einem kurzen Bummel durch die Gassen gehts auch schon wieder zum kleinsten Parkplatz der Welt zurück und da hat sich doch tatsächlich noch einer neben mich gequetscht. Wenn der keine Nadel war, konnte er aus der Fahrertür definitiv nicht ausgestiegen sein, was nun auch für mich bedeutet, über die verdutzte Luna auf dem Beifahrersitz hinüberzuklettern… stellt euch das lieber nicht vor 🙈

In Rom kommen wir ganz wunderbar voran und am neuen Quartier an. Die Straßen sind zum Ostermontag um 16:00 Uhr wie leergefegt und – der Knaller – ich bekomme einen kostenlosen Parkplatz genau vorm Haus … na ja … nicht ganz kostenlos, werktags muss hier pro Stunde 1 Euro gesteckt werden, aber der freundliche Glenn an der Rezeption meint, das täte hier wahrscheinlich niemand. Am recht befahrenen Corso Italia liegt unser „Dreaming Rome“-Hostel aber ich bin trotzdem begeistert. Das ist bisher die luxeriöseste Unterkunft, alles wie neu und neben WLAN, einer Küche und einem top ausgestatteten Bad gibt es hier sogar Netflix und Amazon aufm Fernseher 🤣, Kaffeemaschine mit Kaspsel und Tee kostenlos, einen Kühlschrank auf dem Zimmer und das ganze in einer stilvollen Wohnung eines Gründerzeithauses. Das hat einen fantastischen Hinterhof und alte, noch funktionierende Fahrstühle. Bis auf den Straßenlärm also 1A. Zum Glück sind Schallschutzfenster eingebaut, aber beim Schlafen bleibt das Fenster zu.



Wir befinden uns hier in der Nähe der Villa Borghese im Satdteil Ludovisi. Dieser ist Ende des 19.Jahrhunderts entstanden als der Fürst von Piombino 1886 die weitläufige Villa Ludovisi an die Stadt Rom verkaufte, die dort ein neues Wohngebiet anlegte. Es wird von der berühmten Via Veneto durchzogen. Von Luxus Hotels und Botschaftgebäuden bis hin zu Museen ist dort alles zu finden. In den 1950/60er Jahren erlangte die Via Veneto internationale Bekanntheit als Zentrum der Dolce Vita, als ihre Bars und Restaurants Hollywoodstars wie Audrey Hepburn, Anita Ekberg, Anna Magnani, Gary Cooper, Orson Welles, Tennessee Williams, Jean Cocteau und Coco Chanel anzogen. Der Film La Dolce Vita von Federico Fellini aus dem Jahr 1960, aus dem auch der berühmte Kuss im Trevi-Brunnen stammt, verewigte das Leben dieser Zeit auf der Via Veneto in Zelluloid.


Soweit die Geschichte und nun zur Realität: unser Abendspaziergang die Via Veneto hinunter

fällt im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser. Hund und Frauchen sind nass bis auf die Knochen, denn es schüttet vom Himmel, sodass wir nach 20 Minuten völlig gewässert aufgeben und ins Bett verschwinden. Luna im Bademantel, ich unter der Decke – ja, da hat so ein Netflix-Abo schon seine Vorteile – La Dolce Vita vor der Glotze 😜 Kommt gut durch die Nacht.



