Pünktlich um acht öffnet unser Freund das Tor und wir rumpeln los. Dartmoor ist unser Ziel und tatsächlich kommen wir an einem der 218 jährlichen Regentage hier an.

Viele Legenden, Gruselgeschichten und dunkle Machenschaften sind mit dieser Gegend verbunden. Nie enden wollender Nebel, dunkle Schatten und das berüchtigte Gefängnis „Dartmoor Prison“ sind in unseren Köpfen verankert. Der berüchtigte Hund von Baskerville und die Schauergeschichten des Arthur Canon Doyle machten sie berühmt. Aber heute kommt man wegen der Natur. Wälder, Schluchten, Moore, menschenleere Weiten ergeben zusammen mit wilden Ponys, Schafe, ühen und einer wilden Artenvielfalt eine 1000 Quadratkilometer große letzte Wildnis der Inseln. Ein Großteil davon untersteht der Krone, aber besonders der Nordwesten ist militärisches Sperrgebiet.

Die erste Wandertour habe ich bei Komoot gefunden und mich passend gekleidet. Der Startpunkt, Drogo Castle, gehört zum National Trust – heißt für mich kostenlos. Genial. Aber was soll ich sagen… noch nie sah ich ein scheußlicheres Castle.

Nicht nur historisch hat dieses Ungetüm keinerlei Hintergrund, ist also völlig belanglos, auch architektonisch fehlt hier jede Patina, das Herz, die Seele. 1910 begann der exzentrische Teebaron und Besitzer der damals größten britischen Handelskette Julius Drewe seinen „Eigenheimbau“. Der Bauplatz war genial am Rande Dartmoors oberhalb der Teign-Schlucht gelegen.

Es ist die letzte Burg und das letzte komplett aus Granit gefertigte Gebäude des Vereinigten Königreichs. Erst ein Jahr vor Drewes Tod 1930 wurde es fertig gestellt. Aufgrund einer mangelhaften Dachkonstruktion hat man bis 2017 immer wieder Umbaumaßnahmen vorgenommen, um den Koloss dicht zu kriegen. Das hier, so denke ich, ist ein wunderbares Beispiel, warum historisierendes Bauen leider selten funktioniert.

Die heutige Bautechnik ist z.B. eine völlig andere, als zu Zeiten mittelalterlicher Burgen. Deshalb wirkt das hier eher wie ein Stalinbau, als eine echte Burg. Im Frühjahr konnte ich das Burgprojekt Guedelon in Frankreich besichtigen, bei der nur mittelalterliche Techniken, Materialen, Werkzeuge und Prozesse angewendet werden. Das Ergebnis sieht viel authentischer aus. Nun bin ich kein ausgesprochener Fan zeitgenössischer Baukunst, aber das hier ist wirklich schlimm.

Der Garten hingegen ist größtenteils schön- besonders die Ideen für Kinder gefallen mir gut.

Nun gehts aber los auf unseren Rundweg. Oben am Rande der Schlucht beginnen wir und laufen seichte Wege hinab zum Flüsschen Teign. Überall satte, grüne, völlig gesunde Bäume.


Der Regen ist auszuhalten und auch die Windböen lassen im Tal nach. Die Heide blüht und von den wilden Ponys sehen wir zumindest das, was sie zurückgelassen haben. Unten angekommen, kann ich die alte Fingle Bridge mit angeschlossenem Pub bewundern.

Weiter schlängelt sich der Weg am Ufer entlang und es tun sich immer neue wundervolle Blicke auf. Doch Luna hat nur eins im Blick, nämlich meine Hand und ob diese einen Stock aufhebt. Immer wieder läuft sie zum Ufer und versucht mich zu animieren. Und wenn der Stock dann ins Wasser pfeift, könnt ihr eine glückliche Hündin erleben.

Hier kann sie nicht weglaufen. Links der Bach – rechts die Schluchtwand. So lass ich sie auch ab und an ohne Leine laufen und erfreue mich daran, wie sie das genießen kann.

Nicht nur einmal wälzt sie ihren feuchten Körper im lockeren Waldboden, grunzend vor Vergnügen. Am Auto angekommen hat sie jedenfalls die passende Patina angesetzt.

Eigentlich brauche ich nur Strom. Der Rest hält noch ein bisschen. Deshalb setze ich mich ins National-Trust-Cafe am Castle, gönne mir einen Cream Tea – das hier so übliche „Frauen-Gedeck“ (siehe Bild) – lade meine elektrischen Geräte und schreibe diese Zeilen.

Für ein Upload ist aber das Netz selbst im Besucher WLAN viel zu schwach, deshalb müsst ihr ein bisschen warten. Der Urlauberansturm hier und auch auf den Straßen hielt sich heute gegen meine Befürchtungen zum Glück sehr in Grenzen. Wie schön. Ich denke hier in Dartmoor halte ich es eine Weile aus.

Heute fahren wir noch bis Postbridge. Von dort startet morgen meine zweite Wanderung. Der Regen wird schlimmer, der Wind entwickelt sich zum Sturm. Deshalb nehmen wir am Besucherzentrum das windgeschützte Plätzchen und ziehen uns in die gemütliche Womo-Idylle zurück.
Liebe und nasse Grüße aus dem Gruselmoor.
Luna mit Patina! Herrlich….. Cooler Hut übrigens. Liebe Grüße
Danke! 🥰 Und das Beste ist: Er hilft wirklich gegen vollgeregnete Brillen 🤓