Cornelius o`Keefe war ein Schwerenöter. 17 Kinder von 3 Frauen, das muss ihm erst mal einer nachmachen… Mitte des 19. Jahrhunderts verließ er mit seinem Freund Thomas Greenhow Irland, um hier an die Minenarbeiter der Cariboo Goldfelder Fleisch zu verkaufen, denn die hatten Hunger. Als Viehzüchter gründeten die beiden dann 1867 hier im fruchtbaren Okanagan Valley die O`Keefe Ranch, weil es ihnen die saftigen Wiesen, das klare Wasser und die Schönheit des Tales angetan hatten – eigentlich genau so wie mir, also? Also: wo ist meine Ranch?

Zuerst war er zwei Jahre mit einer Frau der kanadischen Natives verheiratet und schenkte ihr zwei Kinder, dann heiratete er seine zweite Frau – wieder 9 Kinder und als die mit 49 Jahren starb nahm er sich eine 40 Jahre jüngere Frau und machte die 17 voll. Nebenbei schaffte er für sich und seine Lieben einen erstaunlichen Reichtum, was die Farm und vor allem das Haupthaus eindrücklich beweisen.
Heute kann man die O`Keffe Ranch besichtigen, was ich mit sehr großem Vergnügen getan habe. Vor allem die Führung im O`Keefe Mansion – dem Wohnhaus der Familie – ist gespickt mir lustigen Details und Sehenswerten. So gibt es neben dem Haupteingang eine kleine Tür an der linken Seite. Die war für – nein nich die Hausangestellten – für die Kinder. Diese durften nie den Haupteingang benutzen und konnten vom Nebeneingang auch gleich direkt in ihre Zimmer in der ersten Etage huschen ohne die Erwachsenen zu belästigen 😉
Betritt der erwachsene Besucher das Haus befindet sich gleich rechts der elegante Tearoom. An der Decke ein Leuchter aus Murano-Glas und die Geschichte, wie er den Transport aus Italien hier her überlebt hat ist skurril: man steckte ihn in ein Butterfass, damit die feinen Glasarbeiten nicht kaputt gingen. Also wer den danach geputzt hat verdient meine Hochachtung. Hinten an der Wand sieht man übrigens Mister O`Keefe mit seinen beiden letzten Frauen.
Außerdem steht im Gang ein altes … na ja ich würde sagen Grammophon. Allerdings mit Metallplatten und diesen kleinen Löchern drin. Das funktioniert noch tadellos und hat einen Sound… da brauch man kein Dolby surround und schallt trotzdem das ganze Haus aus.
Miss Elisabeth O`Keefe hatte übrigens einen kleinen Spiegel an der Treppe ins Obergeschoss anbringen lassen, den man vom Tearoom gut einsehen konnte. Dort oben, das kleine runde Ding…

Wozu der diente? Na mit Hilfe des Spiegels konnte man zwei Dinge gleichzeitig tun: mit Freundinnen Tee trinken und Kinder maßregeln, die oben noch auf den Gängen herumtobten. Sozusagen ein Babyphone anno 1867. Die Regeln für Kinder waren übrigens grundsätzlich recht streng. So durften an dieser tollen Tafel nur Erwachsene speisen, die Kinder aßen wesentlich schmuckloser im Nebenraum.

Übrigens hat Mister O`Keefe auch beim Service nicht gespart. Alles echte Meißner Streublümchen… mitten in Kanada. Mister und Misses O`Keefe hatten auch jeder eine eigene Tischglocke für das Personal – die roten da auf den Stirnseiten. Am etwas unterschiedlichen Klang konnte das Personal gleich entscheiden, wer von beiden etwas wollte.
In der oberen Etage befinden sich die Kinder-, Schlaf und das Schulzimmer.
Was unserer Führerin da hoch hält ist kein Wimpel, sondern ein Hitzeschutz. Wie sie uns erklärt, enthielt die Schminke der damalige Zeit Wachs. Wenn nun die Hausherrin im Winter am Kamin saß, begann das wachs zu schmelzen und alle Schönheit war dahin. So hielt Frau von Welt dieses Fähnchen als Hitzeschutz in Richtung Feuer.

Hier sieht man den jüngsten Sohn des Cornelius O`Keefe mit seiner Familie. Er entschied sich 1977 die Ranch als Museum dem Staat zu übergeben.

Auch auf der Ranch rundherum gibt es einiges zu entdecken: Das Fleisch- und Räucherhaus
Das Haus der Chinesischen Köche. Die Chinesen sind schon im 19.Jahrhundert hier nach Kanada immigriert, um ihr Glück im Goldrush zu suchen. Manche haben dann aber auch als Köche gearbeitet. (… und tatsächlich bringt mir gerade eben in meinem morgendliche WIFI-Cafe – heute mal ein echt gemütliches – eine alte Chinesin meine Eier auf Toast 🙂 )
Außerdem gibt es eine der wenigen noch funktionierenden Dampfmaschinen aus der Zeit in ganz Kanada zu sehen. Zu besonderen Events wird sie auch angeworfen.

An der kleinen Kirche stehen die Grabmäler die Mitglieder der Familie

und neben alten Maschinen, von deren Funktion ich keine Ahnung habe,

einer herrlichen alten Zapfsäule,

einem Generalstore in dem man auch heute noch Süßes bekommt,

und dem einfachen Quartier der Cowboys

kann man eine Sammlung von Öfen bewundern. Der eine sammelt Briefmarken – die O´Keefes sammeln Öfen…

Außerdem hab ich meine erste Bärenbegegnung. 😉

Ich setze meine Fahrt in Richtung Columbia River bis nach Needles fort.
Man kann dort zügig und for free mit der Fähre übersetzen und ich mache mich alsbald auf die Suche nach einem freien Stellplatz, den ich auch gleich beim ersten Versuch entdecke… herrlich direkt am Wasser! Ich kanns nicht glauben und warte förmlich auf den Ranger, der mir die viel beschworenen 210,- CAD abknöpft. Aber nix. Stattdessen fliegt ein großer Vogel eine Begrüßungsrunde über die kleine Bucht. Brauner Körper – weißer Kopf…wow – ein Weißkopfseeadler!! Wenig später bekomme ich die Bestätigung, dass da vorn im Baum ein Horst dieser Vögel ist, den man wegen des dichten Laubs aber nicht erkennen kann. Aber sorry Leute – wieder kein Foto von ihrer Majestät, davon aber vom Stellplatz.
Ich gehe im herrlich kühlen Wasser schwimmen und wate mit dem Fotoapparat bis zur kleinen Sandbank, die den Blick über den See bis hin zu den Bergen frei gibt.

Abends in der Dämmerung – wieder nur in T-Shirt und Unterhose wate ich nochmal durch das bauchnabeltiefe Wasser nach vorn, um zu fotografieren.
Als ich zurück komme steht am Ufer neben meinem Wohnmobil ein riesiger Hund… oder sollte das sogar ein Wolf sein?
Zum Glück kommt dahinter sein Herrchen und schmunzelt… sieht bestimmt komisch aus: Ich bis zum Bauch im Wasser, das Stativ hoch in der Luft, Augen erschrocken auf den Hund geheftet. Der da steht ist Jörg, Anfang 60 aus der Nähe von Gotha und vor 15 Jahren hierher ausgewandert.
Ich entschuldige mich dafür, ihn hier in Unterhose zu begrüßen und werfe mir schnell mein Handtuch um die Hüfte. Und dann stehen wir zwei Stunden am Ufer, es wird immer dunkler und er erzählt mir seine Geschichte. Wie er in den 90ern sein Fuhrunternehmen in Deutschland aufgegeben hat und – inspiriert von einem Wurzener Bäcker ?!? – welchen Wurzener Bäcker ist denn nach Kanada ausgewandert – sein Glück hier versucht hat. Über mehrere Zufälle und mehrere Jahre später hat er sich dann hier am See mit seiner Familie ein Haus gebaut und drei seiner vier Kinder sind hier aufgewachsen und geblieben. Als das Geld aus Deutschland alle war, bewarb er sich auf den Ölfeldern im Norden als Fahrer. Ein Knochenjob. 12Std.- Tage. 7 Wochen ohne Pause, dann 4 Wochen frei und 1200km Heimweg. Aber gutes Geld wie er sagt. Jetzt als Vorruheständler ist er bei der Fähre angestellt, die mich gerade über den Fluss gebracht hat. Er erzählt über das Leben in Kanada, die Einfachheit, Freiheit und Gemeinschaft hier, die ihn irgendwie an die DDR erinnert – hilfst Du mir – helf ich Dir. Über die Macke der Kanadier, vor allem im ländlichen Raum ihre alten Autos im Garten verrotten zu lassen und dass ich mich darüber bloß nicht negativ äußern soll. Das gilt unter den Einheimischen als snobistisch! Autos verschrotten gilt nur in der Stadt!
Über die Megatrucks auf den Straßen, die ihre 600PS oft ungebremst ausfahren. „Die ham noch nicht mal nen Fahrtenschreiber!“ Gerade heute hatte ich wieder einen gesehen, der Räder geladen hatte… für welches Fahrzeug auch immer!?!

Über die Tiere hier und was ich tun soll, wenn ich einem Bären begegne. Nämlich ein Glöckchen um das Handgelenk haben und immer bimmeln, dass er weiß… ah da isse!Über das super Schneejahr 2018: 16m Schnee in den Bergen, da gucken von den hohen Nadelbäumen nur noch die Spitzen raus!! Unvorstellbar! Und logisch, dass der Columbia river so viel Wasser hat. Über seine Freude darüber, dass in Kanada am 17.Oktober das Marihuana legalisiert wird. Das hatte ich auf der Titelseite eines Magazins heute früh im Supermarkt schon mitbekommen:

Verkauft wird es dann wahrscheinlich in den privaten Liquer-Shops, in denen man heut Bier, Wein und Schnaps kaufen kann. Darüber, dass es hier im Tal sowieso nur zwei Polizisten gibt und wenn die irgendwohin wollen, zum Kontrollieren oder so… dann müssen sie ja über die Fähre. Da sorgen die Fährmänner dann schon dafür, dass die entsprechenden Leute Bescheid bekommen: Achtung, die sind in 10 min bei euch! … Als wir uns wegen der Dunkelheit nicht mehr erkennen können und ich nur mit dem Handtuch um die Hüfte auch anfange zu frieren, verabschieden wir uns und danken einander für den schönen Abend.
Ich krieche fröstelnd in mein Bett und schlafe ruhig beim leisen Rascheln des Schilfes.
Morgens um 6:30 am Columbia River – ein Traum:

Hallo Marion
Viele Grüße von deinen Hausi´s
wir freuen uns immer über den Bericht von deinen Erlebnissen und den super Fotos .
Wir hoffen du findest deinen „Kanadischen Bären “ noch.
He ihr Hausis 😂 da musste ich ja mal kurz nachdenken… wer sind denn Hausis? Aber na klar… die Hausis😜 liebe Grüße zurück und genießt die Zeit ohne mich… besser wirds nicht! 😂
Hallo Marion, die Welt ist doch ein Dorf, wenn man in Kanada ausgewanderte Thüringer trifft. Die Bilder sind wieder ein Traum. Weiter viele schöne Erlebnisse, es ist so spannend zu lesen. Viele Grüsse von Kordula