Eines steht fest. Die nächste Nacht verbringe ich auf keinem Zeltplatz. Sorry, aber Kindergeschrei in den Ferien, es tut mir echt leid, aber das geht für einen Lehrer auf keinen Fall. Die unwissenden Leute an der Rezeption hatten mich genau neben den Spielplatz eingeordnet. Da spielen sich Dramen ab… ich sage euch! Tapfer hielt ich das zwei Nächte durch, jetzt ist Schluss. Auf unserer morgendlichen Runde um den See tanken wir beide Kraft und ich überlege mir wie es nun weitergeht.

Schon in Rochefort en Terre war mir ein Schild aufgefallen. Das gab es auch in Vannes und La Roche Bernard.

Kleine Stadt mit Charakter. Das ist eine Kampagne, die auf diese Städtchen aufmerksam machen möchte und man findet davon noch mehr im Netz. Klick
Eine davon ist Josselin und die liegt auf dem Weg nach Lorient (das bedeutet der Orient) und das liegt schon fast am Atlantik. Insgesamt vielleicht 80km, das passt.
Ich fahre also los nach Josselin. Eine mächtige Burg ist das Wahrzeichen der Stadt. Schon 1008 zum ersten Mal am Ufer des Oust erbaut, erleidet sie wie alle Burgen das unabänderliche Schicksal des zerstört und wieder aufgebaut Werdens. So wie sie heute aussieht wurde die Burg im 15.Jhd. errichtet.

Lange Zeit war dies der Besitz der Familie der Rohan, die in dieser Zeit in der Bretagne sehr mächtig gewesen ist. Der Name begegnet mir heute noch auf Schritt und Tritt. Nette Fachwerkhäuschen säumen die kleinen Gassen und wie überall wird geschlemmt, gebummelt und geschoppt.



In der Basilika wird gerade ein Gottesdienst abgehalten (hinten links) und die Gesänge klingen sehr schön. Mit Lunamaus erhasche ich eben einen Blick durch die Tür, denn draußen ist nichts als pralle Sonne und da will ich sie nicht anbinden.

Weiter gehts nach Lorient. Was stellt man sich unter einer solchen Stadt vor, die einen Namen trägt, der aus 1001 Nacht zu kommen scheint?? Vergesst es. Nichts davon ist Tatsache. Und eigentlich klingt das doch nicht schlecht: Ludwig der XIV. errichtete diese Stadt als Tor zur Welt. Der Handel mit Indien und Übersee blühte und am Hafen duftete es nach Tee, Gewürzen, handelte man mit Seide und chinesischem Porzellan. Davon müsste doch heute noch ein bisschen zu spüren sein.
Aber schon auf der Zufahrtsstrasse beschleicht mich das Gefühl: „Das wird nix“ und tatsächlich ist es heute nichts weiter als eine Kleinstadt mit Industrie und Meer und ein bisschen Tourismus.
Das liegt vor allem am 2.Weltkrieg, denn die Nazis hatten 1940 in den Hafen mit 900000 Tonnen Beton einen mächtigen U-Boot-Stützpunkt gezaubert. Damit war die Stadt ein wichtiges Ziel und 85% der Stadt zerstörten die Alliierten mit ihren Luftangriffen. Der U-Boot-Hafen blieb davon verschont und diente nach dem Krieg der französischen Marine. Welch makabre Ironie. Die Stadt wurde zweckmäßig wieder aufgebaut und hat für mich keinerlei Reiz. Deshalb biege ich in Richtung Larmor Plage ab… klingt nach Meer und ist es auch.

Um genau zu sein: Das ist der Strand in Lomener. Dort gibt es auch ein paar Kneipen mit Meerblick und einen kleinen Rundturm.

Wenige Leute tummeln sich am Wasser und so darf auch Luna ein bisschen toben und dann finde ich es noch: MEIN GOLD! Seht ihr es glitzern?
An der nächsten Bucht in Kerroch machen wir ein Päuschen. Zum Mittag gibt es Reste. Was haben wir da noch? Brot, Butter, Nüsse, ein Stück Melone und Saure Gurken. Nicht die erlesensten Speisen, aber meine böse Tat des Tages habe ich im Supermarkt hingelegt. Draußen das schönste Wetter und ich brauche für meine „drei Semmeln“ ewig. Eine Sucherei… und an der Kasse Schlangen. Nur drei Kassen von 10 auf. Und da knallt Mademoiselle kurz vor mir ein blaues Schild aufs Laufband. „Quäckquäckquäääck“ ist Französisch und soll in Zusammenhang mit einer wegwerfenden Handbewegung wohl bedeuten: „Hier wird nicht mehr kassiert.“ Okay dann nicht, denke ich, lass den Wagen stehen und gehe. Die Strafe war saure Gurken mit Melone.


Nach der Pause wandern wir ein bisschen am Meer entlang und halten schon mal Ausschau nach einem Platz zum Übernachten. Und tatsächlich gibt es die. Mal zur Abwechslung keine Verbotsschilder? Allerdings optimal ist keines der anvisierten Plätzchen. Da müssen wir ein bisschen kombinieren. Luna interessiert sich allerdings doch mehr für die Quelle am Wegesrand und stillt ihren Durst.

Ein kurzer Abstecher nach Ploemeur – ich muss ja noch was kaufen – und ich teste die erste Location. Einen Parkplatz ohne Meerblick. Dahinter eine herrliche große Wiese. Doch als ich für Luna noch ein paar Bälle werfe, merke ich: das ist eine Einflugschneise für riesige Transportflugzeuge. Die hört sogar Paul in Deutschland am Telefon, als er mir verkündet, dass der zweite Pfahl für meine Hängematte steht. Yippiehhh… da kann der Urlaub zu Hause ja weitergehen 🙂
Allerdings bemerke ich da hinten am Ende des Platzes ein Trampelpfad ins Dickicht und immer mal wieder verschwinden Leute darin. Das weckt meine Neugier. Nach hundert Metern das Schild „Aussichtspunkt“… ah … deshalb laufen die alle hier lang. Oben angekommen staune ich nicht schlecht. An einem Ort, in dem man die herrlichsten Blicke auf die zerklüftete Atlantikküste haben kann, laufen die Menschen durch Gestrüpp, um auf eine Kaolinfabrik schauen zu können ??? Wenigstens habe ich da gleich an zu Hause gedacht 🙂

Nachteil an diesem Stellplatz: Es gibt kein mobiles Netz. Also mache ich mich noch einmal auf den Weg und Suche einen schönen Ort zum Schreiben und 4G. Vorbei komme ich an einigen Tonnen Nazi – Beton, der zum Glück, wie ja die Nazis auch, den Naturgewalten nicht standgehalten hat.


Und dann finde ich ihn, den Platz mit 4G, schöner Aussicht und evtl. der Option zum Übernachten. Letzteres weiß ich noch nicht. Ganz schön bebaut hier. Wenn ich mich hier morgens waschen will, kann ich Geld nehmen, für meine Freakshow 😉 Vielleicht ziehe ich mich dann doch noch zurück in die Parkplatzecke.

Da sitze ich nun hier, eingemummelt in Fleecejacke und Decke und schaue auf den Atlantik. Genaugenommen sagt Google, wäre es die Biskaya… na ja in Geo war ich schon immer ne Niete. Das da hinten ist die Ile des Groix und hinter mir schnarcht mein Lunchen auf ihrem Lieblingsplatz, der dreifach gefalteten Matratze. Herrlich. Und wisst ihr was? Heute habe ich mir sogar eine Flasche Wein gekauft. Na ja, ne ganz kleine 🙂 Also dann Prost!

Ach Marion, nicht immer sehr freundlich, diese Franzosen… Trotzdem lässt du dich nicht entmutigen. Das ist toll! Die Bilder aus Josselin haben mich irgendwie an Cochem und Bernkastel K. an der Mosel erinnert…😄 Ich hoffe, dass du dir den Wein hast schmecken lassen und wünsche dir / euch einen erlebnisreichen Dienstag. Sei lieb gedrückt…
Liebe Marion!
Richtig gemacht!
Der hätte ich auch den hoffentlich vollen Wagen vor der Nase stehenlassen.
Ja, das halbe Gen 😂! Und dann noch schreiende Kinder, Nazi-Beton, da muss ein schöner Dienstag her! Nicht die vier Ohren hängen lassen. Hoffentlich hat der Rotwein seinen Dienst getan und du hast gut geschlafen.
Ich wünsche dir einen wunderschönen Dienstag!
Ruth und Rosa
Ach da hat schon der herrliche Blick aufs Meer versöhnt 😃 einfach herrlich! Heute wird gewandert immer am blauen Wasser entlang, gibts besseres? Luna ist auch happy 🐶 Sei lieb umarmt und beste Grüße nach Lübeck