Luna ist wieder mal früh dran und ich stehe auch bereitwillig auf, denn die Morgenstund hat zwei Vorteile: kühle Luft und leere Duschen. Zur Gassirunde muss der Zeltplatz herhalten, denn ich möchte heute wandern, da können wir nicht morgens schon alles an Kondition verpulvern, was gerade noch vorhanden ist. Und Madame Luna holt gleich die Begrüßungsnummer aus dem Überraschungspaket: der erste Haufen wir genau vor den Zelteingang des Nachbarsjungen gesetzt, gleich neben die Badelatschen 😫 Jetzt heißt es für mich: Leise anpirschen, die Tüte ohne Knistern entfalten und alles unbemerkt entfernen. Nicht, dass der noch denkt, ich will ihm seine Schuhe klauen…
In meiner Wanderapp hatte ich einen 12km weiten Rundweg entdeckt, den ich in etwa laufen will. Der Anfang geht immer an der Küste entlang und wenn ich richtig sehe, kommt gerade die Flut und wir haben auch irgendwann die Chance auf nahe gelegenes Wasser.

Man merkt sofort, dass Luna zwei Schontage hinter sich hat. Obwohl der Fuß noch zu schmerzen scheint, sprintet sie mit voller Freude los, matscht im Schlamm, rennt ins Wasser und weiß vor Freude gar nicht wohin.



Wir machen Pause auf eine Wiese und plötzlich Kinderstimmen. Zwei kleine Gruppen mit vielleicht je 10 Kindern um die 3-5 Jahre alt kommen hier an. Ganz brav setzen sie sich in den Schatten der Bäume. Was machen die da? Spielen die was? Essen oder singen sie? Nein, sie machen einfach nichts. Ab und zu zieht die Erzieherin einem Kind den Badeanzug an. Manchmal erklingt auch ein strenges Wort, auf das der jeweils Angesprochene sofort reagiert. Alle sitzen da und warten. Leise Kinderstimmen erfüllen die Luft. Sie warten vermutlich auf die Flut, denn das Wasser am Badestrand kommt langsam näher. Keine Methodenwechsel, keine Lerntheke, keine Einmannshow… einfach warten, dass das Wasser kommt und sie baden können. Mit 3, wo doch der Bewegungsdrang erwiesener Maßen hoch ist. Aber sie warten ganz geduldig und es scheint auch keines der Kinder darunter zu leiden… das gibt mir zu denken. 🧐

Dann kommt sie, die Flut. Das Wasser drückt sich zwischen den Inseln in das „Kleine Meer“ hinein und verursacht dabei eine starke Strömung. Das nutzen gleich die Segler, Motorboote, Kajaks, Katamarane und sonstiges schwimmendes Gefährt.


Die Häuschen da hinten gehören zu Locmariaquer, dem Ort den ich vor zwei Tagen besucht habe. Nun gehts in Richtung Port Navalo vorbei an kleinen Badebuchten und herrlich gelegenen Strandhäusern.

Port Navola hat einen kleinen Leuchturm, von hier aus starten Inselrundfahrten, die ich mir aber in anbetracht der Schlange an der Mole spare. Lieber mache ich mit Luna eine Pause am Wasser und mit einem Wasser, denn es ist mittlerweile sehr heiß geworden. Ein kleines Segelschiff legt direkt neben uns an und ein Opa bringt seinem Enkel das Angeln bei.


Blau und Weiß sind die Farben des Tages und wahrscheinlich Rot – das ist die Farbe meines Gesichts beim Wandern 😉
Wir laufen ein Stück landeinwärts und kommen ins Zentrum der Insel.


Dort höre ich schon von weitem seltsames Rufen, hier in der totalen Stille, denn mittags sind fast alle am Strand und die Läden geschlossen. Neben der Kirche muss es sein? Was ist da nur los?
Vor der örtlichen Bäckerei steht ein Kameramann und hat die komplette Belegschaft versammelt. Der Bäcker – ganz in weiß – steht davor und hält ein Weißbrot im Arm. Dann ruft er nach Anweisung des Filmmenschen irgendwas wie: „Am ganzen Golf von Morbihan ist unser Brot das beste!!!“ und alle reißen die Arme hoch und rufen: „Oui!!“
Was für ein Spaß. Wo das wohl gesendet wird?
Unser letzte Abstecher für uns zum Quai de Voilliers auf der anderen Seite der Insel. Eigentlich bin ich ja ein großer Fan alter Baustile und frage mich manchmal, warum man so etwas heute nicht mehr bauen kann, alles immer nur glatt aus Stahl und Glas zusammengezimmert wird. Aber hier steht das leibhaftige Beispiel, dass es wahrscheinlich sowieso nicht funktionieren würde, weil… es nicht lebendig ist. Ein so lebloses und ungemütliches Hafenviertel hab ich in Frankreich noch nicht gesehen. Scheußlich.
Nachempfundene Fachwerkhäuser, ein dickes Casino und Bootsmasten soweit das Auge reicht. Hier kommt kein Urlaubsfeeling auf. Aber der Hunger ist stärker und trotz des „Ambientes“ machen die hier einen leckeren Salat. Auch Luna ist bei der Hitze froh über eine Pause im Schatten.

Zufrieden aber platt kommen wir wieder am Zeltplatz an. So ungefähr sind wir gelaufen:

Und jetzt gibt es nur noch ein Vergnügen: Duschen! … und danach im Dreck wälzen …


Die verbleibende Zeit des Tages widme ich mich der Recherche und stelle fest, dass ich noch ein paar schöne Flecken besuchen möchte. @ Christine&Fred: Dauert wieder mal länger – Sorry 😉

Ob ich die alle schaffe??? Alles kann, nichts muss – sagt meine Yogalehrerin – Beim Yoga halte ich mich immer an Teil zwei.
Namaste ☺️☀️ 🧘♀️