Stühle im Gras

Der Nebel steigt aus den Feldern. All die Nässe des letzten Tages wird von der Morgensonne verdunstet und eine friedliche Stimmung liegt über den taubedeckten Feldern.

Nach dem gemütlichen Frühstück ist Gartenarbeit angesagt. 😉 Neben dem Ginko- und dem Seidenbaum gedeiht auch eine Palme in Marietheres‘ Garten und die muss beschnitten werden. Nun ist die Palme schon mehr als vier Meter hoch und da kann man ja mit über 80 schwerlich hochklettern. Aber mit vereinten Kräften schaffen Ruth und ich das schon.

Am Ende liegen ziemlich viele braune Blätter am Boden und die Zweige haben eine letzte Chance zum Austreiben bekommen. Ansonsten setzt der Gärtner im Herbst die Säge an. Auch Rosen und Sträuchern wird ein wenig Luft verschafft und Ruth schreibt noch ein paar Sprüche auf zerbrochene Tontöpfe, sodass der Naturgarten wieder ein bisschen hübscher aussieht. Marietheres erzählt, dass sie auch schon an Gartenwettbewerben teilgenommen und sogar gewonnen hat, während eine der Katzen gemütlich auf meinem Schoß Platz nimmt.

Nach getaner Gartenarbeit pausieren

Dann sitzen wir frisch geduscht in der Sonne und überlegen, was wir mit dem Tag anstellen sollten. Am Abend haben sich Peter und Sandra angekündigt. Das ist ein Paar aus Großbritanien, dasseit 15 Jahren hier in der Nähe wohnt. Sandra hat einen Laden mit selbstgemachten Handarbeiten, Geschenken und Produkten anderer Künstler, den wollen wir noch besuchen. Außerdem gibt es in der Nähe einen großen Stausee und ein altes Kloster zu besichtigen. Doch weil heute Sonntag ist bereitet Marietheres noch einen leckeren Braten vor und wir riechen schon den köstlichen Duft aus der Küche… nicht nur wir Menschen, sondern auch die Hunde.

Das Atelier Sandra Jane – Salon de The – befindet sich in St. Caradec und hat sogar eine website: www.artenstcaradec.blogspot.com

Sandra empfängt uns herzlich und ist gerade dabei, neue Kleinigkeiten zu nähen. Leider ist nicht ein Kunde weit und breit zu sehen und sie erzählt, dass es im Moment sehr schwer ist, von den Einnahmen zu leben. Auch in den Küstenorten sei die Situation wegen Covid 19 nicht viel besser.

Gern unterstützen wir ihren kreativen Geist und kaufen ein paar Geschenke für Daheimgebliebene. Die Verabredung zum Aperitif am Abend wird erneuert. Damit ist hier in Frankreich gemeint, dass man sich auf einen ca. einstündigen Schwatz unter Freunden verabredet, bei dem kleine Snacks und alkoholische Getränke gereicht werden, also eigentlich nur Vorspeisen. Der Hauptgang wird dann zu Hause verzehrt.

Wir verabschieden uns von Sandra und treten hinaus auf den menschenleeren Marktplatz von St. Caradec. Mitten in der Hochsaison ist hier kaum ein Mensch zu sehen.

Das soll sich bald ändern. Die Lippmannschen Frauen sind so lieb und fahren mit mir nun zum nahegelegenen Stausee Lac de Guerledan.

Dieser ist ein weitverzweigtes Erholungsgebiet. Allerdings wurde 2015 das Wasser des kompletten Sees abgelassen, um Reparaturarbeiten an der Staumauer zu erledigen. So kamen alte Dörfer und Baumreste wieder ans Tageslicht.

Heute ist der Wasserstand wieder auf dem alten Level und der See Ziel der einheimischen und touristischen Bevölkerung.

Leider ist es heute am Sonntag so voll am See, dass wir keine Lust haben und in die Menschenansammlung zu stürzen, die anscheinend von Covid 19 noch nichts gehört haben. Was für ein Kontrast zu St. Caradec!! Auch am Kloster Bon Repos, das wir besuchen möchten, ist es erstaunlich voll und wir beschließen den Ausflug in eine Gassirunde für die Hunde umzuwandeln.

Wieder zu Hause angekommen, trainieren wir Marietheres`neuestes Hobby: das Singen nach Schwalbennoten. 😂😂😂 Leider hat die Leitung vor ihrem Haus nur 4 Linien, aber Spaß machts trotzdem

Gegen 19:00 habe ich dann aber doch noch einmal Lust auf ein Kloster im Abendlicht und fahre zurück zur Ruine der Abbaye de Bon Repos. Tatsächlich hat sich die Zahl der Besucher mehr als halbiert und ich kann ganz in Ruhe durch die abendlichen Gärten am Kanal wandeln.

Im hohen Gestrüpp stolpere ich fast über mehrere Sitzreihen von Plastikstühlen. Gras wächst in den Reihen, zwischen den Lehnen, unter den Sitzen und überwuchert den Zuschauerbereich.

Hier finden alljährlich große Theater-Aufführungen im historischen Rahmen statt. Müßig zu erwähnen, warum sie in diesem Jahr ausfallen. Hoffentlich wächst hier nur vorläufig Gras über die Sache !!!

Als ich wieder heim komme, sitzen Peter und Sandra schon in der Küche und wir halten uns nicht so ganz an die „vorgeschriebenen“ 60 Minuten. Es wird erzählt, gelacht, getrunken und genascht. Und so geht wieder ein Tag in der Bretagne zu Ende.

Als die Gäste sich verabschieden, bastelt Ruth noch ein Halsband für Luna in der passende Größe und ich bespreche mit beiden, welche Route ich morgen am besten nehmen soll. Es geht nämlich wieder weiter für mich, ich will zur Rundfahrt aufbrechen und mit der Halbinsel Quiberon starten. Hoffentlich ist nicht überall so ein Betrieb wie heute am Kloster! Vorerst schlafe ich aber noch einmal im gemütlichen Bauernbett und wünsche euch allen eine wunderbare Nacht… bis bald.

0 Gedanken zu „Stühle im Gras“

  1. Ich habe wieder sehr gerne deinen Reisebericht gelesen, meine liebe Marion… Für morgen wünsche ich dir einen guten Start in den Tag und angenehme Fahrt… Sei lieb gegrüßt. ( Seeehr schönes neues Halsband hat Luna da bekommen)😊

  2. Guten Morgen Marion, ich lese ebenfalls täglich begeistert deinen Blog und es ist so erfrischend. Frankreich nutzt nun hoffentlich seine zweite Chance, aber es fühlt sich sehr danach an. Es sind die kleinen Dinge die du siehst und beschreibst, sehr berührend. Bitte streichel mal das Schlunchen von mir und wir begleiten dich! Liebe Grüße Anke

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