Der Tag beginnt mit dem Besuch der Bridal Veil Falls, einem ca. 60m hohen Wasserfall, den man auf einem kleinen Stück Weg durch den üblichen Märchenwald erreicht.


Dann fahre ich weiter auf dem Trans Canada Highway #1 und möchte eine besondere technische Meisterleistung bewundern – die Othello Tunnels. Da hat der Ingenieur Andrew McCullough 1914 mit seinen Leuten eine Eisenbahntrasse durch den Canyon des Coquihalla River gebaut. Teilweise nur an Weidenkörben hängend haben sie Tunnel gesprengt, waghalsige Brücken gebaut um so an diesem Ort fünf Tunnel durch den Granit am tosenden Fluss zu bauen.

Das „Othello Quintett“ wurden sie nach einer besonderen Vorliebe des Erbauers für Shakespeare genannt. Nachdem die Tunnel in den 60er Jahren wegen ständiger Probleme mit Schnee- und Gesteinslawinen geschlossen wurden, kann man heute hier im Coquihalla Canyon Provincial Park auf der alten Bahnstrecke durch die Tunnel wandern.
Weiter gehts in Richtung Fraser Canyon, der sich tief ins Gebirge eingegraben hat und durch den der TCH (Trans Canadian Highway) nun folgt. Die Straße klebt förmlich an den Berghängen und gibt leider viel zu selten einen Blick auf den im Tal dahinströmenden Fluss frei. Benannt wurde sie nach dem Abenteurer Simon Fraser – nein Mädels! nicht Jamie! Simon! – der 1908 diesen Fluss bereiste. Alles Mögliche ist hier nach dem benannt – sogar eine recht gute Caravanvermietung – „Fraserway“. An den Erorberer wird auch am „Hells Gate“ mit einem Bild erinnert.

Hells Gate ist eine Verengung des Flusses, die nicht ganz natürlich entstanden ist. Als 1914 Sprengungen zum Bau der Eisenbahnstrecke, die sich rechts und links des Flusses entlang windet, erfolgten, verengten herabstürzende Gesteinsmassen den Fluss so stark, dass die Stromschnellen es den Lachsen im Hebst nicht mehr möglich machten, ihre Laichgebiete flussaufwärts zu erreichen, was zur dramatischen Abnahme des Fischbestandes führte. Erst 1945 wurde ein Fischleiter gebaut. Heute ist eine Schwebebahn vor Ort, die mich an den 156m tiefen Grund des Canyons bringt. Gern würde ich den Fluss noch von der anderen Seite betrachten, aber der erste Schritt auf die Brücke belehrt mich eines besseren – Gitteroste geben den Blick nach unten frei und da ist sie wieder meine Höhenangst. In der Kabine der Seilbahn habe ich überhaupt nicht daran gedacht, aber jetzt schlägt sie heimtückisch und unerwartet zu… keine Chance, ich bleib lieber auf meiner Seite.
Aber echt – 23,- Dollar für einmal hin und zurück… da hätte ich vielleicht doch lieber den Wanderweg nehmen sollen, aber von dem las ich erst später. Leider ebenso von zwei weiteren Highlights des Flusses (zwei alte Brückenkonstruktionen), an denen ich schon vorbei war… es geht eben nichts über einen guten Reiseführer! Aber der lag gaaanz hinten 😉
Auf der Weiterfahrt verändert sich die Landschaft. Die Baumdichte nimmt ab, nur noch vereinzelt versuchen sich tapfere Nadelgehölze in den losen, stark erodierten Hängen festzuhalten. Oft stehen nur noch die Gerippe der Bäume oder die Stämme liegen schon schwarz am Boden herum und die Landschaft wird trostloser. An der Mündung des etwas klareren Thomson River, der in den schlammig braunen Fraser River bei Lytton fließt, wird es noch trockener. Eigentlich seltsam, da fährt man an einem sehr wasserreichen Fluss entlang und ringsherum Ödnis. Ich fahre nun weiter am Thomson River entlang und bemerke, dass nicht nur die Landschaft sondern auch die Orte trostloser und verlassener aussehen. Alte handgemalte Schilder versprechen „Fresh Strawberrys“. Gute Idee… aber ich sehe bald darauf nur noch die Überreste ehemaliger Verkaufsbuden. Verwittert, verlassen, kaputt. Auch die Grundstücke sehen oft sehr ramponiert aus mit mindestens 3 Autowracks im Garten. Mehrmals hängen auch Schilder draußen „For Sale – 15 acres land“ – hier hat wohl jemand aufgegeben, denn wenn man hier leben will, dann muss man schon einen ausgeprägten Hang zur Trostlosigkeit haben.
Ich nähere mich Cache Creek und zunehmend bestimmen grüne Oasen das Bild. Hier wird mit großen Bewässerungsanlagen ab und zu und in Richtung Kamploos immer häufiger Landwirtschaft betrieben. Kartoffeln, Mais und Grünfutter gedeihen ab und zu in den fruchtbaren Senken nahe des Flusses. Und dann lerne ich die Landschaft doch noch ein bisschen lieben. Die Sonne steht tief und taucht die Umgebung in anheimelndes Licht. Nach dem wolkenverhangenen, düsteren Tag hat sie sich doch noch hervorgewagt und wer kann bei diesem Fotomotiv schon „Nein!“ sagen…



Gemein ist nur, dass sich diese Biester hier im Gras verstecken und die Stacheln auch vor den Sohlen meine Crocs nicht Halt machen.

Immer wieder schlängeln sich unglaublich lange Züge durch das Tal. Mit zwei bis vier Zugmaschinen, manchmal sind auch noch welche in der Mitte des Zuges zwischengekoppelt, bewegen sie Dutzende Waggons in einer sehr gemütlichen Geschwindigkeit meistens in Richtung Westküste. Verderbliche Waren haben die sicher nicht geladen. Es knirscht und quietscht in allen Ecken, wenn sie vorüber fahren.

Es wird Abend und ich entscheide mich auf dem „Juniper Beach Campground“ direkt am Thomson River zu übernachten. Klar fahren hier die Züge vorbei, aber wenn ich einmal schlafe, kann mich nichts stören.
Nach einer guten Nacht werde ich von der Sonne geweckt. Herrlich klare Luft, traumhafte Stille also so ein Morgen, um schnell aus dem Bett zu hüpfen.
Ich starte gleich ohne Frühstück und suche mir dazu den schönsten Picknickplatz weit und breit 😉

Oberhalb von Savona hat man hier einen wunderschönen Ausblick auf den Kamloops Lake und einen ruhige Platz noch dazu… Letzteres stimmt nur bedingt. Nach einer halben Stunde Ruhe hält ein Reisebus und ameisenartig stürmen ca. 35 Insassen mein Paradies. Das kommt mir irgendwie bekannt vor. Schon letztes Jahr an den Sleeve Leagues am irischen Atlantik hatte ich genau das gleiche Erlebnis. Der Kontrast zwischen dieser herrlichen morgendlichen Stimmung und den hereinplatzenden Gruppenwuselern ist nur für den erkennbar, der da so allein gesessen hat. Aber ich hatte meine Traumzeit und mache mich auf ins Einkaufsgewusel nach Kamloops. Nahrungsmittel, volltanken, Kaffe mit WIFI und dann wieder nix wie weg.
Ich nehme nun doch nicht den direkten Weg nach Revelstoke, sondern möchte über Salmon Arms bis Vernon in den nördlichen Teil des Okanogan Valleys vordringen und dann am Upper Arrow Lake (der ein Teil des über 232 km (!) aufgestauten Columbia Rivers ist) die alternative Route nach Revelstoke nehmen. Auf gehts! Liebe Grüße in die Heimat und bis bald!
Deine Bilder sind traumhaft, meine liebe Marion!!!! Und du schreibst so präzise und spannend, als wäre man direkt dabei… Danke!!! Deine Höhenangst kann ich übrigens total nachvollziehen. Ich wäre wahrscheinlich nicht mal mit der Seilbahn gefahren…
Das war wirklich krass, ich lauf so los … will über die Brücke… denk gar nicht an Höhenangst… erster Schritt aufs Gitter und Stopp! Das ging keinen Schritt weiter 😳
Schulzi,alle Achtung!
Ich wäre gerne dabei.
Freue mich auf weitere Bilder und Geschichten.
Lass es dir gut gehen und pass auf dich auf.
LG Susi
Mach ich, versprochen 😉 Es ist wieder eine überaus eindrucksvolle Reise und ich freu mich, dass ihr so ein bisschen daran teilhaben könnt. Liebe Grüße an den lieben Andreas und genießt die Ferien !!
Hallo Marion , ich freue mich, dass ich den Link von Heike erhalten habe und kann dadurch diese wunderschöne Bilder erleben. Liebe Grüße aus Stuttgart.
Brigitte Wattenberg
Hey Brigitte, schön, dass Du auch „mit(fährst)liest“ 😊 Schön, dass Dir die Bilder gefallen 👍 Hab Spass!