Wir schlafen lange und gut. Nachts werden wir von einem Geräusch geweckt. Zwei Autos kommen auf dem Platz an. Ab und zu hört man Stimmen. Nach einer Weile fahren sie wieder weg. Da frage ich doch mal in die Runde: Habt ihr euch auch schon mal nachts auf leeren Parkplätzen zum Schwatzen verabredet? Hm, nein, ich auch noch nicht. Aber ich erlebe das in jedem Urlaub mindestens einmal. Welch mysteriöse Geschichten sich da wohl jedesmal abspielen?! Wer weiß?!
Zuerst wird meine Lieblingshose mit all dem anderen Campermüll zu Grabe getragen und verschwindet pietätlos in einer schwarzen Abfalltonne. Dann besuchen wir den Park. Der ist zunächst einmal von sehr schlichtem Charme. Allerdings wird er als einziger Wassergarten Belgiens gerühmt und alle Wasserspiele funktionieren nur mit natürlichem Gefälle, ohne Maschinen.
Man findet hier verschiedene Gartenstile vereint: französischen, englischer und italienischer. Letzteren kannte ich noch nicht, aber hier wird mir alles auch auf deutsch erklärt:
Durch 4 Quellen werden auf 48 ha 50 Wasserspiele betrieben, von denen einige schon von Beginn an, also 250 Jahre ohne Unterbrechung in Betrieb sind.




Alles ist sehr natürlich, die kleinen Teiche haben Sandböden, Algen und andere Wasserpflanzen wachsen darin. Leider wird das Schloss gerade renoviert und ist fast vollständig eingehüllt, aber ich genieße den morgendlichen Spaziergang, zumal wir um 9:30 die ersten Gäste sind. Luna findet vor allem Freude an den Schwänen. Die scheinen Kummer gewöhnt und stellen nur kurz die Flügel an. Zu einem Zischen, gar einem Weggehen lassen sie sich nicht herab.
Highlight für mich ist der Gemüsegarten. Da wachsen neben Bohnen, Erdbeeren und Zucchini auch …. ich glaube Artischocken? Das müssten welche sein, oder?
Weil ich immer noch kein Milch habe, gönne ich mir im Bistro am Park noch eine Birnentarte und MILCHkaffee mit Gartenblick. Luna reserviert schon mal den Platz (auch hier sind wir die Einzigen).
So, nun folgt kurzfristige Ratlosigkeit. Auf Namur haben wir beide keine Lust, Stadt halt. Der Ritt ans Meer ist mir zu weit. Der Reiseführer „Mit dem Wohnmobil nach Nordfrankreich“ ist – von denen die ich kenne – der schlechteste der Reihe und bietet keine interessanten Ziele an. Aber ich finde darin einen Stellplatz am See. Das ist dann schon mal Frankreich.
„Der Bäcker kommt gegen 9:00“ Wenn das kein guter Tipp ist, okay, Kauf hat sich doch gelohnt. Wir tuckern also los und welch Wunder: Luna springt von selbst auf ihren Hundesitz! Und zum ersten Mal macht sie irgendwann während der Fahrt sogar ganz entspannt die Augen zu. Das ist Premiere und sehr schön. Deshalb muss ich auch mal eben gegen die StVO verstoßen… oder wie das hier heißt und ein Foto machen, denn wenn ich anhalte, wird sie ja wach. Wir kommen nach Frankreich, ohne es zu merken. Kein Schild kein Nix. Nur mein Telefon brummt kurz und meldet brav das französische Netz. Cool, wenn das nach so vielen Toten an Frankreichs Grenzen heute das Einzige ist, was beim Grenzübertritt passiert.
Der Stellplatz ist schön gelegen und kostenlos. Soweit die positiven Fakten. Aber es herrscht ganz schönes Gewimmel hier. Okay, vielleicht wirds heut Abend ruhiger denke ich mir und wähle einen der verbliebenen Plätze neben einem Baum.
Also den dort, neben dem anderen Womo. Doch kaum steige ich aus, öffnet sich kommentarlos die Tür des Nachbarautos, die Hand verschwindet hinterm Fliegenvorhang und stellt als nächstes drinnen das Radio laut. Wenn das kein freundlicher Empfang ist. Darauf hab ich nun wirklich sowas von gar keine Lust und setze mein Gefährt einmal um, in die nächste Reihe. Beim nun folgenden Mittagessen kann ich ziemlich amüsiert beobachten, wie nach der gleichen Masche noch ein anderer Camper abserviert wird. Jetzt bin ich aber gespannt, wer da drin Urlaub macht. Meine Neugier wird bald befriedigt. Ein Mann Mitte 50, Typ Oberstudienrat mit randloser Brille, weiß bestrumpften Sandalen und kurzen Outdoorhosen in beige steigt aus, positioniert seine Campingstühle und den Tisch bevor er wieder verschwindet und die Tür hinter sich zu schmeißt. Leute gibts. Ich geh mit Luna wandern. Zum See hinab, mit blumenbedeckten Wiesen und herrlich milden Wetter.
Nebenan ein Pferdestall und große Koppeln. Und vorn noch ein weiterer Parkplatz mit Höhenbegrenzung. Aber wie kommt der deutsche Camper da drauf? Ich gehe näher und sehe, dass eine Schranke geöffnet ist. Na super, da komm ich also auch durch. Und schon ist alles schön 😌 Luna passt auf, dass es so bleibt!

Wir bleiben die einzigen Camper, abends sitze ich mit dem letzten Schluck hessischen Weins draußen mit Blick auf die Koppel und den dahinter liegenden See und genieße die Ruhe. Luna knabbert ihren Knochen. So kanns weiter gehen 😃
