Schiefergrau ist die neue Farbe des Tages, die zu Regengrau und Wolkengrau noch hinzukommt, Blaenau Ffestiniog der Name der Stadt, der ich heute einen Besuch abstatten möchte. Unser Kennenlernen verläuft gleich zu Beginn nicht so optimal. Ich schaue hinunter ins Tal und sehe aufgerissene Berghänge, riesige Schieferabbrüche und ringsumher nur Schieferplattenabhänge. Das passt hervorragend zum Himmel – alles Ton in Ton und ich möchte es gern im Foto festhalten, also gleich mal links ran, in die Parkbucht und angehalten. Doch ich habe meine Linse noch nicht einmal rausgeholt, da kommt schon ein Typ mit Rastas im Minibus und scheucht mich davon. Ich störe, hier kann man nicht halten. Und schon braust er bergab mit seinem Anhänger auf dem Mountainbikes transportiert werden können. Er fährt leer und holt die Räder von denen, die gerade auf schiefrigen Wegen ins Tal hinabgerast sind wieder hinauf zum Startpunkt. Na gut, dann eben nur ein Bild von unten:

So wäre das von ganz oben: Rechte bei Visit Snowdononia

Eigentlich nicht so mein „Beuteschema“, wenn man an Urlaubsziele denkt, aber es gibt zwei Gründe, die mich hierher bewegt haben:
- Gibt es hier nochmal die Eisenbahn-Chance
- Ein unterirdischen Schieferschacht soll zu besichtigen sein.
Den ersten Versuch mache ich am Bahnhof. Den Dicken bekomme ich dort nur mit Mühe abgestellt und soll dafür bezahlen. Na ja, eine Fahrt mit der Bahn von hier geht da schon mal nicht, denn das Parkticket wird dann ja fast so teuer wie die Fahrt. Obwohl… die Fahrt ist ziemlich teuer….
Im Bahnhof ist keiner zu sehen, der mir Auskunft geben kann. Gut, denn probiere ichs im Internet. Zwei, drei oder vier Tickets auf einen Schlag hätte ich kaufen können, aber eins… nö, der Button ist ausgegraut (merkt ihr was? grau! passt doch irgendwie).

Na gut, dann fahre ich mal hinter an den Staudamm und mache wenigstens ein schönes Bild mit dampfender Lok und im Vordergrund der See, sieht bestimmt schön aus. Der Parkplatz dort ist super, kostenlos, keine Begrenzungen, hier könnte man sogar übernachten, aber wir zwei wandern noch ein Stück, denn bis zur Abfahrt des Zuges – das hatte ich im Internet gesehen – ist noch Zeit.

Da drüben, unten am Wasser, das müsste doch die Bahnstrecke sein, sagt jedenfalls meine Karte, gleich am Wasser gehts lang, ich freu mich schon auf das Bild.
Am See ist noch eine Haltestation und ich sehe, dass der Zug ganz schön voll besetzt ist. Wahrscheinlich ist hier tatsächlich nichts mit spontaner Buchung. Schmalspurfahren scheint angesagt zu sein. Die Schienen stammen übrigens noch aus der Zeit, als der Schiefer in den Hafen nach Porthmadog transportiert werden musste. Per Schiene war das damals sehr viel kostengünstiger. Heute läuft bestimmt alles über die Straße. Trotzdem haben Schmalspurbahnen in der Region viele Freunde. Allein die Ffestiniog Railway hat noch 8000 Mitarbeiter und es gibt 15 weitere Schmalspur-Vereine in der Gegend.
Und da höre ich schon meine 12:00 Uhr-Bahn. Mit fröhlichem Pfiff kommt sie angefahren und sogar der Gegenzug ist schon zu hören – aber noch nicht zu sehen? Da vorn, neben dem Eingang zum Damm, ist der kleine Bahnhof, an dem sie sich begegnen und ich frage mich, warum ich den Gegenzug vorn am Wasser nicht gesehen habe…

Doch das wird schnell klar: Das da am Wasser ist ein Weg, keine Schiene und meine kleine Dampflok verschwindet gleich hinter dem Felsen und ist dann nur noch ganz weit hinten am Horizont zu sehen… na super!

Nix mit schönen Bildern – nur ein kleiner Strich in der Landschaft…
So jetzt hab ich die Nase voll und freue mich auf eine Tour in den Berg. Wir kommen an einem ziemlich unübersichtlichen Zip-Centre an. Alle möglichen Aktivitäten kann man hier gegen Bezahlung machen – meine Mountainbiker sind auch dabei. Aber alles ist lieblos, matschig, zugestellt, unübersichtlich. Nichts für mich. Ich finde zwar den Haupteingang aber keinen richtigen Parkplatz. Vielleicht sollte ich erst mal im Netz nachschauen, wann die nächste Tour beginnt, aber da sehe ich auch kaum durch… werde ich etwa alt? Deep Mine Tour, Big Red, Underground Golf, Titan, Caverns, Bounce Below… all das bietet die Zip-World an. Aber ich möchte doch einfach nur eine Grubentour machen!!! Das ist mir hier irgendwie zu viel. Wahrscheinlich war ich zu lange in der Natur und bin voll gestresst – also nichts wie weg und eine kleine Pause in den Bergen.

Aber da braut sich auch schon die nächste Regenfront zusammen und tatsächlich regnet es jetzt durchgehend die nächsten 24 Stunden. Wandern fällt also auch weg und somit, denke ich mir, ist das wohl jetzt der Tag, den jede Reise unbedingt braucht, damit man auch weiß, wie schön die anderen Tage sind. Ich mach einen Haken dran und fahre nach Shrewsburry. Dann geh ich morgen halt shoppen.

Shrewsburry hatten mir meine Campingplatz-Nachbarn empfohlen. Hier gibt es nicht nur eine ganze Menge wunderschöner mittelalterlicher Fachwerkhäuser, sondernd das Städtchen ist auch der Geburtsort des großen Charles Darwin. Auf dem Parkplatz gleich am Zentrum darf man auch als Camper nachts kostenlos stehen und neben mir haben es sich auch schon andere in ihren mobilen Hotels gemütlich gemacht.
Morgens die große Überraschung: kurze Regenpause. Wir können mit Freuden den wunderbaren Park gleich neben dem Womo nutzen bis… ja, bis es wieder anfängt zu schütten.
Luna braucht heute eine Pause. Seit zwei Tagen hat sie nun auch noch ein entzündetes Auge und ich lass sie einfach mal in Ruhe. Mit Regenjacke mache ich mich unerschrocken allein auf den Weg und bummle betröppelt durch die Gassen.



Zwischen Hagrit und dem Nimbus 2000 bleib ich erst einmal ein Weilchen im Harry-Potter-Laden. Schön trocken da! Herrlich!

In der kleinen Kirche nebenan ist gerade der Klavierstimmer am Werk. Und nicht sattsehen kann ich mich an den fantastischen Fachwerkhäuschen.









Ein paar Mitbringsel hüpfen in meine Tasche und in der großen Markthalle finde ich frisches Obst vom Feinsten. Daneben noch – eeendlich – ein richtig guter Bäcker. Die Erste Backfrau knetet gerade die Sauerteigbrote und hat nichts gegen ein Foto. Da sehne ich mich doch gleich ein bisschen nach zuhause – liebe Grüße an den Backverein.



Obwohl es hier – man kann es kaum glauben – kein Darwin-Museum gibt, erinnern doch einige Denkmäler an ihn. So gibt es z.B. das „Darwin Gate“ ein Kunstwerk des britischen Bildhauers Mark Renn. Drei Zacken scheinen auf den ersten Blick wahllos angeordnet zu sein. Wechselt man den Blickwinkel, ergeben sie aber ein harmonisches Bild und sollen an einen Helm erinnern. Den Bezug zu Darwin darf sich nun jeder selbst überlegen.


Außerdem befindet sich am Ufer des Severn noch eine große Skulptur mit dem Titel „Quantum leap“, was soviel bedeutet wie Quantensprung, die an ihn erinnern soll.

Dann hole ich mein Lunchen aus dem Auto, denn das Wetter ist etwas besser geworden. Und es folgt ein Lehrstück zum Thema: Wer verarscht werden möchte, kann das gern haben. Ich brauche nämlich Augentropfen für mein Hündchen. Heute morgen hat sie schon Kamillepads von der selbstgesammelten walisischen Kamille bekommen, aber ich denke, das wird nicht reichen. So einigermaßen kann ich der Apothekerin erklären, was ich möchte, aber als sie fragt, wie alt das Kind sei und ich wahrheitsgemäße erwidere, es sei ein Hund, war das Verkaufsgespräch beendet. In UK, sei es verboten, Medikamente an Hunde zu verkaufen… Hä? Bin ich ein Hund? Na dann ist das Medikament halt für ein 6-jähriges Kind und die nächste Apothekerin hat mir dann auch ganz genau erklärt, wie ich die Tropfen zu verwenden habe. Sehr nett, aber das wusste ich schon, weil ich die in Deutschland für meine augenempfindliche Hundedame ja schon gekauft habe. Manchmal ist alles eben nicht unbedingt logisch.

Und bevor es jetzt gleich wieder schüttet, kaufe ich mir ein Bündel Wolle und Stricknadeln… so, da weiß ich, dass das klappt und dazu noch Spaß macht. Vorher findet das gestern unterwegs erworbene adlige Stück Rindfleisch den Weg in meine fantastische Eisenpfanne. Lord Newborough, ist 8. Baron von Newborough und gleichzeitig der Besitzer von Rhug Estate, einem „award-winnig“ Organic-meat- und XXL Gemüse-Shop am Wegesrand nach Shrewsburry. Und weil er meint, dass seine Produkte direkt vom Herzen kommen, lasse ich sie heute mit viel Liebe direkt in meinen Magen wandern. Dazu das wunderbare Sauerteigbrot – was will man mehr… oh, ja doch, da fällt mir noch was ein: Sonne.

Kommt gut durch die Nacht.
Liebe Marion
wieder ein fantastischer Tag mit vielen Abenteuern und die Krönung….ein super Abendessen. Hoffe deiner Luna geht es bald besser.
Liebe Grüße Sabine🙋♀️
Das Abendessen musste mal sein, nach vier Wochen einfacher Bordküche, liebe Sabine. Ich freue mich, dass du wieder Freude an unserer Reise hast und auch die „grauen Tage“ mitmachst. Heute ist der Himmel vielversprechend und ich hoffe auf eine sonnige letzte Woche. Auf gehts 😃
Mittlerweile sind wir schon bei Oxford und haben noch 5Tage. Luna geht es wieder gut und sie schnarcht gerade friedlich neben mir. Nach 4 Wochen müssen wir mal ein bissl das Tempo rausnehmen und länger faulenzen 😂 Liebe Grüße 🙋🏻♀️🐶
Jetzt musste ich so lachen… Natürlich bist du kein Kind. Manchmal spinnen die Briten einfach. Aber auch dieser Tag hatte wieder viel Schönes für euch. Fachwerkhäuser, Sauerteigbrot und ein phantastisches Abendessen. 👍 Danke für die Impressionen!
♥️♥️♥️