Unter Riesen

Versteckte Ecken, weitläufige Rasenflächen, Terrassen und Wäldchen, ein wunderbarer Ausblick auf das malerische Conwy-Tal, der Duft der Rosen und die Wildblumenwiesen machen Bodnant Garden zu einem „First Grade Garden“ und zu einem der beliebteste Gärten Großbritaniens überhaupt. Ursprünglich wurde der Garten mit Pflanzen aus Expeditionen rund um den Erdball bestückt: Zedern aus Afrika und dem Mittleren Osten sowie zahlreiche Rhododendren und Kamelien. Hier blühte die erste Magnolie in Großbritannien, die man im 19. Jahrhundert aus China importiert. Bis heute wird das Anwesen in fünfter Generation familiengeführt und besticht durch seine außerordentliche Vielfalt.

1874 erwarb der Chemiker und Erfinder Henry David Pochin ein Anwesen in Bodnant, das 32 ha groß war und aus 25 umliegenden Bauernhöfen bestand. Er baute das von 1792 stammende Haus um und fing an, einen Garten anzulegen. Und was nun folgte, war das Werk mehrerer Generationen und berühmter Gartenarchitekten. Bis heute lebt die Familie noch im Haus, man kann es deshalb auch nicht besichtigen, aber die Gärten sind öffentlich und werden seit 1949 vom National Trust verwaltet.

Der Garten besteht aus zwei Teilen: dem oberen Teil um das Haus herum, der aus Terrassengärten und Rasenflächen besteht, und dem unteren, sehr weitläufigen Teil, der durch das Tal des Flusses Hiraethlyn gebildet wird, einen Wildgarten und ein Pinetum umfasst. Am Haus beginnt mein Rundgang. Auf mehreren Terassen blühen gerade die schönsten Rosen und auch die Staudenbeete stehen in vollster Pracht. Das sind aber noch nicht alle, denn es gibt insgesamt die Upper Rose Terrace, Croquet Terrace, Lily Terrace, und Lower Rose Terrace, Canal Terrace …

Luftaufnahme des Terrassengartens aus den 1930er Jahren

Berühmt ist der Garten auch für seinen 55m langen Goldregenbogen, der aber schon verblüht ist. Im Frühling sieht das dann so aus:

Man schaut über den Seerosenteich hinüber ins Tal des Flusses Cowny bis zu den ersten Hügeln von Snowdonia – herrlich.

Viele der einheimischen Bäume sind noch aus dem 18.Jahrhundert aber auch die im 19.Jahrhundert hinzugekommenen „Importe“ beeindrucken den heutigen Besucher. So stehen hier einige der höchsten Mammutbäume auf den britischen Inseln. Ein Riesenmammutbaum  z.B. ist über 30m hoch und es gab hier auch einen Küstenmammutbaum, der mit 46,25 Metern laut der Website Redwood World der höchste bisher gemessene Baum der Unterart „Coast Redwood“ war, aber im Dezember 2021 als Folge des Sturms Arwen umfiel.

Trotzdem gibt es noch immer sehr viele fantastische Baume zu sehen und die Schäden sind nach drei Jahren kaum noch zu sehen. Immer wieder ziehen mich diese großen Bäume in ihren Bann und ich kann mich nicht satt sehen und finde es großartig, hier so unter Riesen zu wandeln.

Besonders schön ist der Blick hinunter ins Tal des Flüsschens. Da steht die alte Wassermühle und nebenan kann man einen Kaffee trinken und all die Herrlichkeit genießen. Zum Glück ist heute noch nichts von Besuchserstürmen zu bemerken – oder wir sind einfach zeitig genug da.

Auch meine Hortensien gibt es hier in Hülle und Fülle, Wasser genug haben sie ja. je nach Jahreszeit kann man hier die verschiedensten Pflanzen genießen und auch in der botanischen Welt genießt der garten aufgrund seiner Vielfalt großes Ansehen.

Je nach Jahreszeit können in Bodnant die folgenden Pflanzenarten bewundert werden:

  • im Frühjahr: Narzissen, Magnolien, Kamelien, Rhododendren, Azaleen und Goldregen
  • im Sommer: Rosen, Hortensien, Staudenrabatten, Weiße Seerosen, Clematis und sommerblühende Kletterpflanzen
  • im Herbst: Ahorne, Beeren tragende Bäume und Sträucher mit buntem Laub

Eine Pflanze finde ich besonders hübsch und hatte sie bisher tatsächlich auch noch nicht gesehen „Flame nasturium“ – ein Kapuzinerkressengewächs:

Manche der Bäume brauchen auch Hilfe. So wurde diese Zeder hier von einem Pilz befallen und die Ranger erläutern, was sie alles tun, um ihm noch 100+ Jahre zu schenken – drücken wir die Daumen.

Zwei Stunden wandeln wir durch all diese Schönheit, in der überall Bänke zum Verweilen einladen. Zum Glück habe ich noch fast zwei Wochen Urlaub vor mit und weiß nicht, wohin mit den Pflanzen, denn sonst hätte ich mich in dem angeschlossenen Gartenzentrum nicht beherrschen können. Hier verkauft man auch direkt aus Bodnant-Pflanzen nachgezogene Stecklinge – die gibt es nur hier… na ja, geh ich halt zu Obi…

Das ist nur VOR der eigentlichen Verkaufshalle

Als der Ansturm stärker wird, machen wir uns davon und nun merken auch wir zwei, dass die Kräfte ein bissl nachlassen und gönnen uns auf dem – es sei hervorgehoben: kostenlosen – Parkplatz von Llanrwst einen Mittagsschlaf. Anschließend wandern wir am Conwy entlang und entdecken die schmale Brücke und den hübschen und völlig zugewachsenen Tu Hwnt l`r Bont Tearoom. Auf dem Rückweg entdecke ich noch wunderschöne wilde Malven, die sich dann wunderbar zum Trocknen auf dem Geschirrtuch verteilen und für den Tee im Winter mitgenommen werden.

da rechts gut getarnt – der Tearoom

Zum dritten Mal braucht nun der Dicke einen „Vollwaschgang“, denn es fängt schon ein bissl an zu Müffeln… Im hübschen Nachbarort Betwys y Coed gibt es einen Riverside Touringpark. Touring klingt nach Womos, aber als wir ankommen, ist alles voll und hauptsächlich stehen hier diese Mobilehomes – also richtige Blechhäuser, die man auch woanders aufstellen kann. naja, ich frag halt mal, ob ich gegen Gebühr Wasser bekommen kann und… was muss ich sagen – so eine unfreundliche Abfuhr hab ich noch nie bekommen. Sowas gäbe es bei ihnen nicht… Hä? Wasser? Nun, fast will ich mich ärgern, aber die Kraft nutze ich lieber und suche mir einen anderen Platz, der auch schnell gefunden ist. Ganz hübsch am Fluss, mit Kasse des Vertrauens, 12,- Pfund und nicht 47,- wie die vorhin, aber leider „No dogs!“. Also hier wäre ich geblieben. So bleibt mir nur die Trink- und Grauwasserentsorgungssuche, dann noch die „chemical disposal“ finden , 5,- Pfund in die Kasse des Vertrauens und ab. So mag ich das.

Meine App schlägt einen Schlafplatz mit Aussicht vor – na das gefällt mir und nach 6km Schlängelstrasse bergauf finden wir dieses Prachtstück, völlig einsam und nur mit Nachbarkühen. Ach nein, gerade kommt noch ein Pärchen im Van, die haben wohl die selbe App, aber Platz ist genug.

Kleines Plus: das Netzt steht und so kann ich euch nach einem leckeren Abendbrot nur empfehlen: Wenn ihr mal in der Gegend seid: besucht den Gartentraum 😀

Und tatsächlich bekommen wir auch heute noch ein Geschenk. Der Wolkenhimmel bekommt Löcher und schickt uns eine bezaubernde Abendstimmung über den Bergen. Das hätten wir für 47,- Pfund auf dem Stellplatz nie gesehen und genau das ist es, was ich am Freistehen so liebe. Ein älterer Mann mit kleiner Digitalkamera steigt von seinem Moped ab und genießt mit uns den Sonnenuntergang. Er wünscht uns eine gute Nacht und verschwindet wieder und ich, ich kann mich nicht satt sehen…

Kommt gut durch die Nacht

6 Gedanken zu „Unter Riesen“

  1. Was für traumhafte Fotos der Abendstimmung im Conwy Tal, zauberhaft! Und dieser unbeschreiblich schöne, vielseitige Garten, nein, Park!
    Wenn man deine Fotos sieht, liebe Marion, denkt man: da musste hin und schaut schon mal nach der Entfernung von hier nach dort —- und träumt weiter!
    Noch viele schöne Überraschungen wünsche ich euch👩🐕! Luna reichen ja eigentlich Schafe oder neugierige Kühe!
    Passt auf euch auf, Mth

    1. Das muss kein Traum sein 😊 Es gibt auch organisierte Gartenreisen, da kann man die schönsten britischen Gärten besuchen, ganz entspannt. Du bist doch fit 💪🏻 Es ist wirklich sehr sehenswert 👍 Luna ist mittlerweile froh, wenn sie mal nur rumliegen darf. So eine lange Reise streng auch Hundedamen an. Heute hat sie Pause, wir machen einen ruhigen Tag 😊
      Sei lieb gegrüßt und vielen lieben Dank für deine Nachrichten, da freu ich mich jedesmal 😍😍😍

      1. Also: DA WILL ICH HIN! Einen solchen Garten habe ich noch nie gesehen. Und ich wäre wahrscheinlich nicht so standhaft geblieben bei den Hortensien… Ach, meine Beste, das war wirklich ein toller Tag nach all dem Regen. Und Glück im Unglück. Dank der unfreundlichen Briten, die nicht mal Wasser haben, konntest du am neuen Stellplatz so wunderbare Fotos machen. Ich finde aber auch das Bild herrlich, wo alle Kühe zu dir schauen. Herrlich! Liebste Grüße…

  2. So ein herrlicher Garten. Das weckt Erinnerungen an Irland. Englische Gärten sind unbedingt auch noch ein Reiseziel für uns. Auch der Abendhimmel mit der Aussicht ist toll. Ich wünsche euch weiter eine gute Fahrt und bleibe dran. Liebe Grüße Kordula

    1. Ja meine liebe Kordula, eine Gartenreise nach England ist wirklich lohnenswert. Ich merke nur, dass man 1. genau auswählen und 2. nicht zu viele Gärten, 3. die „Kracher“ zum Schluss und zwischendurch was anderes besuchen sollte. Meine 3 Favoriten: Great Dixter, Sissinghurst und Bodnant. Darüber hinaus gibt es auch nur viele andere, aber das sind die Oberkracher 😂

  3. Liebe Marion
    es ist wieder ein besonderes Erlebnis dich und Luna auf euerer Reise zu begleiten.
    Danke für die wahnsinnigen Bilder und Bericht🙋‍♀️😘
    Liebe Grüße Sabine

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