Der schlafende Drache

Vom Mumbles Pier fahre ich erst einmal in die falsche Richtung, doch wie das manchmal so ist: der kürzeste Weg ist nicht immer der beste und so scheint es heute auch zu sein. Wir landen in der benachbarten Braclet Bay und nicht nur das Wetter klart auf, es ist auch ganz schön hier und so drehen wir noch eine kleine Runde. Mehr als 30 Bänke sind auf der Anhöhe verteilt und jeder ist eine Erinnerung an einen Verstorbenen. In Deutschland habe ich das noch nicht so oft gesehen, doch eigentlich ist das eine schöne Tradition. Man wählt einen Ort aus und kann sich hier an den Menschen erinnern. Manchmal ist es auch ein Platz, den der geliebte Mensch besonders mochte, auf alle Fälle hat man dann einen Erinnerungsort. Immer sind kleine Schilder angebracht und ich stelle mir vor, wer das wohl gewesen sein muss. Ein Schild ist für ein Kind (12). Und an dieser Bank klebt ein zweites für Pit, ohne Daten, verbunden mit dem Wunsch, das beide wohl im Himmel für immer miteinander spielen können – das Kind und der Hund.

Über enge Straßen schaukeln wir auf die westliche Landzuge der Halbinsel zu. Das kleine Örtchen Rhossili bekommt an guten Tage ganz schön viel Besuch, denn es ist wunderschön hier und der National Trust hat hier einen großen, grünen Car Park mit vielen Picnic Arealen und einem kleinen Shop gebaut. Das ist der Ausgangspunkt zur kurzen und atemberaubenden Wanderung zum Worm`s Head, also Drachen-Kopf. Und tatsächlich sieht es aus, als ob da im Wasser der alte Walisische Drache gerade abtaucht. Aber bevor wir dort ankommen, gibt es nach rechts und links noch ein paar fantastische Aussichten, zu denen es wirklich nicht so viel zu sagen gibt außer: Wow!

Die Rhossili Bucht erstreckt sich über die halbe Länge der Westseite der Halbinsel und sieht mit der Gischt der heran rollenden Wellen fantastisch aus. Ein einsames kleine Gehöft gibt dem ganzen noch einen besonderen Charme und ein bisschen erinnert mich der Ausblick Schottland. Auf der linken Seite der Bucht läuft der Wanderweg zur Landzuge entlang und da liegt er im glitzernden Wasser, der alte Drachen. Sein Schwanz ist ganz von Wasser bedeckt, aber bei Ebbe kann man über ihn hinweg trockenen Fußes das Schuppentier erklimmen.

Fast zwei Stunden laufen wir hier mit ein paar anderen Besuchern an der Steilküste entlang und ich freue mich diebisch, dass es in diesem Jahr so zeitig Ferien gab. Wie voll es in der Hochsaison sein muss, lässt die Größe der Parkplätze erahnen. Heute ist das wirklich sehr entspannt, ich kann den Ort, die Landschaft, das Meer ungestört genießen und so bleiben wir an diesem winddurchzausten Ort, bis die Sonne im Wasser versinkt.

Zwei Fakten sprechen allerdings gegen eine Übernachtung vor Ort: es ist verboten … und, was noch schwerer wiegt, der Wind rüttelt so am Dicken, dass wir keine Ruhe finden werden. Zum Glück hatte ich auf dem Hinweg schon die Augen offen gehalten und einen versteckten Parkplatz hinterm Dorfkonsum gesehen. Dort war das Schild „No Overnight…“ so zugewachsen, dass ich das 22:30 Uhr nun wirklich nicht erkennen konnte, wogegen die Androhung von 50 Pfund Strafe auf dem NT-Car Park absolut nicht zu übersehen ist. Nun gut, wir haben eine windstille und ungestörte Nacht am „Konsum“ verbracht und stehen pünktlich 07:00 Uhr wieder hier zum Frühstück mit Ausblick.

Ich ziehe ein neues kostenloses Tagesticket und tatsächlich kommt gegen 8:00 eine Frau vom NT und kontrolliert es. Sie seien angehalten zu überprüfen, ob hier auch keiner übernachtet und ein frisches Ticket reicht als Beweis… naja, da muss man sich dann beim nächsten Mal halt den Wecker stellen.

Heute steht die Wanderung um den Rhossili-Down, den kleinen Hügel am Strand an. Wir starten am Wasser und laufen am Hügel zurück. 5km reinster Sandstrand liegen vor uns und Luna hüpft fröhlich ihrem Ball hinterher. Als dieser dann im Rucksack verschwindet, findet sie es hier aber ziemlich langweilig. Nix zu schnüffeln, andere Hunde darf man nicht belästigen… was soll sie nur auf diesem riesigen Sandstück, das noch nass von den zurückfließenden Wassermassen ist?

Das Wrack der Helvetia, eines norwegischen Schiffs, dass im Sturm des November 1887 gesunken ist, haben Sand und Wasser schon ziemlich tief eingebuddelt. Nur bei Ebbe wird es sichtbar und zeigt seine wenigen Überreste.

Am Ende des Strandes laufen wir über einen großen Campingplatz. Hier könnte ich doch meinen Dicken wieder frisch machen. Das ginge auch theoretisch, allerdings muss man am Haupteingang 5 Pfund bezahlen, sagt der freundliche Platzwart. Ach na das ist doch prima. Da komm ich nachher nochmal rum. Doch für Camper wollen die 10 Pfund und als ich der Frau am Eingang erkläre, dass ich ja nicht hier parken oder campen will, ist der das schnurz. 10 Pfund oder keine Durchfahrt. Und wer denkt, das sei die Platzgebühr – weit gefehlt. Das bezahlt man hier nur, um überhaupt in das Gebiet mit Strandparkplatz, Camping, Caravan-Club etc. reinzukommen. Google sagt: Womo mit Strom 57 Pfund . Na dann – ich bekomm schon mein Wasser wo anders her.

schön gelegen, aber nix für uns

Der Rückweg ist für Lunchen spannender: überall duftet es, gibt es was zu sehen und sogar ein Knochen liegt für sie am Wegesrand bereit.

Und ab und zu versucht sie natürlich unerlaubter Weise ihrer natürlichen Berufung nachzugehen – darf sie aber nicht.

Zurück am Womo nutze ich in der Mittagspause noch ganz entspannt das WLAN vom NT und schreibe euch direkt von diesem herrlichen Ort. Eigentlich mag ich gar nicht weg, aber heute – bei diesem fantastischen Wetter, sind hier doch ein paar Leute unterwegs. Das suchen wir dann doch lieber das Weite und frisches Wasser.

Liebe Grüße in die Heimat und kommt gut durch den Tag.

3 Gedanken zu „Der schlafende Drache“

  1. Liebe Marion,
    das sind absolut fantastische Fotos! Da bekommt wirklich Lust auf Wales😊! Mit der Vorsaison das haben wir hier auf Sardinien auch schon gemerkt- doch ganz praktisch mit dem zeitigen Ferienbeginn 😉. Auf das weiterhin alles gut gelingt und noch viele tolle Erlebnisse für Euch auf der Insel 🏝️! Liebste Grüße von uns allen🤗

    1. So eine schöne Idee mit den Bänken. Das könnte ich mir auch für Jena gut vorstellen mit den umliegenden Bergen… Danke für all diese wunderbaren Impressionen! Seid lieb gegrüßt und fühlt euch umarmt…

    2. Ihr lieben Loepers,
      schön von euch zu hören und leider hab ich wegen schwachem Netz die ersten Bilder von Sardinien nur verschwommen gesehen, aber eure beiden hübschen Mädels im Wasser sahen ziemlich glücklich aus. Genießt die gemeinsame Zeit in der herrlichen Umgebung – der Alltag geht schnell genug weiter… Ich freu mich, dass ihr wieder eure Freude an meinen Bildern und Zeilen habt und sende ganz liebe Grüße an die ganze Bande ❤️❤️❤️
      PS.: Ich hab hier schon mehrere Holzbacköfen gesehen, aber keiner war so schön wie unsrer 😉

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