Everything is possible

„Klapp“ macht und 6:15 Uhr die Türe eines Autos auf unserem kleinen Ministellplatz und ein Wanderer bricht mit Hund zur morgendlichen Runde auf. Wir sind dann mal munter und legen los. Das Frühstück wird auf Ullapool verlegt, da soll es eine Uferpromenade geben, auf der man bis 10:00 Uhr kostenlos stehen kann. Klingt nach Frühstück mit Ausblick. Der aus unserem Fenster ist aber auch nicht schlecht.

Wenige Meilen weiter lohnt die Corrieshalloch Gorge einen Zwischenstopp. Über einer dramatischen 61m tiefen Schlucht schaukelt eine Hängebrücke, auf die nur 6 Leute dürfen und zwischen deren Brettern man nach unten gucken kann. Wenn ich darüber gehe, dann bewegt sie sich. Also genau mein Ding, auch Luna ist “begeistert“ und macht, dass sie auf der anderen Seite von diesem unheimlichen Ding wieder schnell runter kommt.

Der Anblick der Schlucht und des dazugehörigen Wasserfalls lohnt sich aber, auch eine kleine Aussichtsplattform ist angeschlossen.

Ullapool ist ein niedliches und am Morgen noch sehr verschlafenes Städtchen, was vor allem durch seine Fährstation auf die äußeren Hebriden an Bedeutung gewinnt. Ich habe mich immer noch nicht entschlossen, ob ich da nun hin will. Nur im Cafe “Cult“ gibt es schon Frühstück aber ich hab ja mein eigenes Futter an Bord und diesen Ausblick hamse im “Cult“ nicht.

Erst langsam wird auch hier der Himmel lichter und lässt die kleinen Häuschen erstrahlen.

Ich bummel noch ein bisschen durch die “City“, denn das Fähr-Terminal macht erst 9:30 Uhr auf, fragen kann man ja mal….

„Wann könnten Sie mir denn das nächste Ticket für mich und mein Womo anbieten?“, frage ich die freundliche Frau am Schalter. Sie durchsucht ihren Computer und kommt auf den 9.August. Na gut, da hat sich das ja schon mal erledigt, denn heute ist der 31. Juli… ca. 120 Pfund gespart, also eine Tankfüllung und die Entscheidung nicht selber treffen müssen, das hat sich doch schon mal gelohnt. Und wie perfekt diese Entscheidung ist, merke ich ein paar Stunden später, als wir durch dieses fantastische Land fahren.

Die Straße von Ullapool nach Achiltibuie führt durch eine landschaftlich spektakuläre Region. Man fährt vorbei an dunklen Seen und Bergkegeln, die wie frei stehend aus dem Moor herausragen. Wir sind hier im North West Highlands Unesco Global Geo Park. Über Jahrmillionen, Eiszeiten, Plattentektonik, Verwerfungen und was weiß ich noch für Einflüsse hat sich diese irre Gegend gebildet, die mich gleich in ihren Bann zieht.

Wir kommen an diesem kleinen Strand vorbei und ich halte an, um ein Foto zu machen. Dabei bemerke ich, dass gleich nebenan der Wanderweg auf den Stac Pollaidh beginnt, der in meinem Reiseführer als “Berg zum Genießen“ beschrieben wird. Also 500 Höhenmeter zu überwinden empfinde ich jetzt nicht als unbedingten Hochgenuss, aber der Ausblick muss fantastisch sein.

Das isser, der Wanderweg führt hoch zur tiefsten Stelle des Gipfelgrats.

Ich frage eine Frau in meinem Alter, die gerade herunterkommt, ob der Weg machbar wäre. Sie lächelt und sagt: „Everything is possible.“ Motto des Tages gefunden! “Das schaffen sie in 3 Stunden.“, ergänzt sie freundlich. Also los gehts. Luna vorneweg, immer bergauf.

Der Weg ist zwar stetig ansteigend, belohnt aber immer wieder schon im unteren Bereich mit tollen Ausblicken.

Ich komme ganz schön ins Schnaufen, aber die frische Luft umspült meine Nase und die Lungen bekommen einen Sauerstoffschock, zumindest fühlt es sich hier so an. Doch dann, kurz vor dem Gipfel, entdecke ich ein Geweih, nein zwei, oder doch 4 am Hang. Schnell greife ich zur Leine und sobald Luna gesichert ist, nimmt auch sie Witterung auf. Alle Ausblicke sind vergessen, wenn man diesen Anblick in freier Wildbahn erleben darf. Was für ein Geschenk!!!

Insgesamt vier dieser imposanten Tiere grasen nicht weit vom Weg entfernt. Anscheinend sind sie menschlichen Besuch gewöhnt. Auch die völlig entgeisterte Luna ignorieren sie mit einem Gähnen. Nur ich muss mich anstrengen, denn der Gipfelanstieg ist steil. Mit einem zerrenden Hund an der Leine ist das nicht ganz so einfach. Wie gern wäre sie da jetzt hinterher und wie glücklich bin ich, dass ich sie vorher sichern konnte. Für die Hirsche, aber auch für Luna, die hier leicht hätte abstürzen können, war das defintiv die bessere Variante. Das bestätigt mir ein Frau auf dem Gipfel: It`s quite dangerous for dogs!

Vom Gipfel aus kann man in alle Richtungen dieser beeindruckenden Landschaft aus Wasser und Stein schauen und wir genießen es aus vollen Zügen. Auch Luna muss nach der Aufregung erst einmal verschnaufen.

Warum ich Wandern in den Bergen nicht so mag? Naja, beim Aufstieg piept die Lunge, beim Abstieg meckern die Knie. Das ist halt nich so schön. Aber heute hats der liebe Herrgott wohl mal gut mit mir gemeint: Tolles Wetter, unfassbare Ausblicke und dann noch die Hirsche… soll wohl heißen, dass ichs mal öfter riskieren darf, auf nen Berg zu steigen.

Nun ein kühles Bad und ein deftiges Mittagessen, das wärs. Aber halt, alles kein Problem. Neben meinem Womoparkplatz liegt ja der wunderschöne Sandstrand und im Kühlschrank sind noch Reste von gestern: Tomaten-Paprikahuhn mit Bulgur und Feta. Herrlich wie das erfrischt – Hammer, wie das schmeckt.

Am Nachmittag fahren wir weiter in Richtung Achiltibuie. Das werden wir aber heute nicht mehr erreichen, obwohl es nur wenige Meilen entfernt ist. Denn plötzlich tut sich rechts ein Ausblick auf… bin ich denn in der Karibik. Blaues Wasser, weiße Schaumkronen, gelber Sand. Das ist Achnahaird Bay.

Da stehen zwar einige Autos, aber bei der Strandgröße stört das keinen. Doch leider ist der Parkplatz ziemlich klein und alles ist vollgestellt. Ich überlege schon, ob ich lieber zurückfahre. Wer weiß, ob der “Dicke“ da vorne ein Wendemanöver hinbekommt. Und wieder so ein Glücksfall, für den man sich überschwenglichst bedanken möchte. Eine einzige Parkbucht ist noch frei. Ganz vorn – die mit dem 1A-Blick. Ich tick aus. 😆 Also Liegestuhl raus, Kaffee gekocht und den Tag gefeiert.

Wir laufen dann, als die meisten Besucher schon weg sind, noch einmal vor zum Strand und spielen ne Runde Frisbee. Dieser Hund ist nicht tot zu kriegen. Auch eine kleine Abendrunde wird noch angeschlossen und … man kanns gar nicht glauben … hier gibts auch noch Internet. Langsam bekomme ich Angst… “What a wonderfull Day!!!!

Kommt gut durch die Nacht 🥰

3 Gedanken zu „Everything is possible“

  1. Susanne und Andreas

    Liebe Schulzi,
    wie freue ich mich,dass es dir so gut geht und du so viel Freude hast.
    Ich genieße deine Berichte und Bilder wieder sehr.
    Möge dir das Glück weiter hold bleiben.
    Liebe Grüße die Störst

  2. So unfassbar schön, was für ein tolles Erlebnis liebe Marion und wirklich ein Glück das du noch vor Luna die Hirsche gesehn hast . Wo sie doch eine so empfindlich gute Nase hat.
    Grüße aus Bucha

    1. Das war wirklich ein großes Glück. Für die Hirsche, aber auch für Luna, denn die hätte da leicht im Jagdfieber abstürzen können. So war ich zwar absturzgefährdet 😜, aber was tut man nicht für die lieben Fellnasen. Hoffe euch geht es gut und grüße ganz lieb nach Bucha.

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