8:30 Uhr sind wir startklar. Ich möchte die Runde um den Buachaville Gartain gehen. Durch das Lairig Gartain hin und auf der anderen Seite im Lairig Eilde zurück. Zwischendurch verspricht die Runde einen Blick zurück ins Glen Etive. Ich bin gespannt.

Zur gleichen Zeit startet ein britisches Paar – sie mit Netzhut. Ich bekomme einen leichten Anflug von Panik. Diese Netze schützen gegen die berüchtigten Midges – Hochlandbiester im Miniformat. So klein sie sind, so hässlich können sie beißen, weswegen es diese Netze für empfindliche Gesichter gibt. Schnell habe ich sie überholt und bekomme ein Kompliment für meinen „gut erzogenen Hund“. Oh vielen Dank. Das Paar kommt aus dem Süden Englands und die Frau mag Mücken gar nicht. Wandern wahrscheinlich auch nicht so sehr, denn schon nach 10 Minuten bleibt sie sitzen und wartet, bis ihr Mann zurück kommt. Das tut er auch nach weiteren 5 Minuten und ab dann bin ich allein. Kein Mensch begegnet mir auf dem ganzen Weg. Übrigens auch keine Mücke.



Und weil ich so schön allein bin, kann ich die Morgenwäsche doch auch gleich hier erledigen. Vater Kneipp wäre begeistert.

Und dann am Ende des Tales ein Ausblick: breathtaking im wahrsten Sinne. Und tatsächlich da unten haben wir übernachtet. Ich erkenne das Dalness Resort. Während ich versuche, beim Abstieg einen Fuß vor den anderen zu setzen und dabei nicht umzuknicken, auszurutschen, daneben zu treten, versuche ich immer mal wieder einen Blick in dieses tolle Tal zu erhaschen. Da hilft nur hinlegen – meint Luna.



Der Boden wird rutschiger, die bauchhohen Farne wachsen über den Weg und die Füße merken erst wohin sie treten, wenn sie festen Boden, Matsch oder Geröll berühren. Das finden meine Knie nicht so gut und rufen deutlich vernehmbar „Stopp!“ Der geplante Weg würde jetzt rechts herum wieder in die Höhe führen, auf eben diesen holprigen Wegen. Oder ich gehe bequem nach links durchs Glen Etive zurück… Da gibt es allerdings keinen ausgewiesenen Wanderweg, nur die Single-Track- Road. Ich entschließe mich für die sichere Variante und nehme das James-Bond-Tal. Mein Komoot ist etwas irritiert…

Ich hatte es noch nicht erwähnt. Auch Hollywood findet die Highlands toll. Im Glen Etive zum Beispiel wurden zwei Szenen aus „Skyfall“ gedreht. Die wissen halt wo es schön ist. Natürlich finden wir die Stelle, an der danile Craig himself gestanden hat. Luna hat zwar keinen Eston Martin … oder wie die Kiste heißt, aber glücklicherweise eine Chipsdose gefunden. Die darf natürlich auch mit aufs Bild.





Der Rest des Wegs ist laufen – Landschaft genießen – am Wasserfall pausieren und regelmäßig den Glen-Etive-Begeisterten und ihren Fahrzeugen ausweichen. Vorschlag ans Tourismus-Management: Wanderweg wäre hier echt spitze. Meinetwegen gleich neben der Straße, aber so ist es doch etwas mühsam. Ein Womo hält noch an. Darin zwei lächelnde Frauen, die sich über Luna freuen und auf den 15 Jahre alten Border Collie zeigen, der neben ihnen im Gang friedlich schläft. das wird Luna nachher sicher auch mit Freuden tun.

Und noch mühsamer wird’s vorn an der Hauptstraße, denn da braust der Verkehr und es gibt auf meinem Stück bis zum Parkplatz keinen Weg für Fußgänger. Doch halt, da vor in der Parkbucht steigt gerade ein junger Mann in seinen alten Van ein. Da frag ich doch mal nach, ob er uns mitnimmt. Ich klopfe ans Beifahrerfenster und ein freundliches Gesicht lächelt mich an. Auf dem Beifahrersitz, angeschnallt, ein seltsames Gefäß mit Schlauch. Ist das ein Beatmungsgerät. Oh, hoffentlich mache ich dem jetzt keine Umstände… So krank sieht der aber garnicht aus. Hübscher junger Mann, fröhliches Gesicht und ziemlich unaufgeräumter Van. Sieht nach Traveller aus. Und tatsächlich räumt er in Windeseile den Sitz frei und freut sich über Luna. Die 5 Minuten bis zum Parkplatz hat David, so heißt der junge Mann, soviel fröhliche Energie versprüht, dass ich meine schmerzenden Füße fast vergesse. Er ist Schotte, hat nur eine Woche Urlaub und möchte bis zum nördlichsten Zipfel Schottlands und dann wieder zurück. Ich wundere mich über sein sehr gut zu verstehendes Englisch und er erzählt, dass er in London geboren ist. Jetzt lebt er hier und liebt dieses Land. Hier, im Glencoe, ist es ihm auch zu „busy“, doch er bestätigt meinen Eindruck: „Wenn du eine halbe Stunde ins Land hinein läufst, dann bist du allein.“

Auch er hatte einen Hund – und, wie scheinbar alle Britten, einen Border Collie.
Als er mein Womo sieht, freut er sich und wünscht mir eine gute Reise, fröhlich winkend fährt er davon. Ach wie schön. 5 fröhliche Minuten in einem verdreckten Van können dir den Tag verschönern… perfekt! Ach und das Beatmungsgerät… das war seine Dusche. Ein Behälter voller Wasser, das sich auf dem Beifahrersitz hinter der Frontscheibe erwärmt.
So, Stand der Dinge: Klo voll, Wasser leer, Grauwasser voll und kein Gerät hat mehr Strom. Das sieht aus, als müsste ich in diesem Urlaub zum ersten Mal auf einen Stellplatz. Der „Red Squirell“ Campingplatz soll nett sein… isser auch, aber voll. Nur Vorbuchungen dürfen drauf. Ein freundlicher Mann am Empfang empfiehlt mir für Entsorgung die Tourist-Information ein paar Kilometer weiter. Vielleicht kann man dort entsorgen.
Aber da Ver- vor Entsorgung kommt, halte ich vorher am „Clachaig Inn“, das am Weg liegt. „Ich brauche zwei Dinge: Essen und Elektrizität.“, sage ich zur freundlichen Bedienung an der Bar, hinter der sich die im Reiseführer beschriebenen 160 Whiskysorten auftürmen. Sie lacht und zeigt mir die Steckdosen. So laden hier so langsam meine Geräte und ich sorge mich zum ersten Mal in einer schottischen Kneipe um mein leibliches Wohl. Da bleibt der Womoherd heute wohl kalt: Angus-Beef-Burger mit Pommes. Lecker! Zwischen mit Kuhfell bezogenen Sitzen lasse ich es mir schmecken.


Nebenbei schreib ich noch diese Zeilen, offline … denn das WLAN lässt mich nicht rein. Das wäre ja auch zu viel des Guten.
Müde, satt, zufrieden. So würde ich das hier mal zusammenfassen. Ich hoffe, euch gehts auch gut und wünsche euch alles Liebe aus der Ferne. 🙋🏻♀️🐶
Nachtrag: Das mit der Entsorgung war nicht so leicht, wie das Versorgen… Erst am 4. Stellplatz werde ich bedient. Die drei vorher sind ”Fully booked!” und erlauben Fremden nicht, die Entsorgungsanlagen zu nutzen – nicht mal gegen Bares… Nun hatte ich aber doch noch Glück auf einer Wiese beim Bauernhof sogar mit Seeblick. Zugegeben, die holländischen Nachbarn sind nicht begeistert, dass ich mich hier noch in die Reihe gequetscht habe, aber für eine Nacht wirds schon gehen und neben den Kinderspielplatz wollte ich nicht schon wieder. Strom und Abwasser Fehlanzeige, aber Frischwasser kann ich tanken und mein WC kann ich auch morgen leeren. Zum Glück. Dann gibt es ab morgen wieder Freistehen. Denn der Spaß hier – eingequetscht zwischen Holland und Großbritanien – kostet 31 Pfund.


Das finde ich aber auch, dass du da prima reinpasst…. Nun hast du also einen netten Schotten kennengelernt. Da hättet ihr vielleicht auch noch mit euren Hunden gemeinsam ein Stück Wanderweg zurücklegen können?!😉
Bei den 160 Whiskysorten wäre ich vermutlich schwach geworden. Liebste Grüße
Na ja, erstens brauche ich keinen Sohn, ich habe schon eine wunderbare Tochter und leider war sein Hund nicht dabei. Die 5 Minuten Autofahrt waren aber wirklich mega lustig und unvergesslich. Sei ganz lieb gedrückt und ich hoffe bei euch ist alles Palletti ❤️❤️❤️😘🙋🏻♀️