Ich sitze am Meer.

Eine leichte Brise weht landeinwärts. Blau, weiß, und das Braun der Planken sind die dominierenden Farben. Ein Schiff tuckert vorbei. Luna schläft.

Der Café schmeckt und die Kugel Schokoladeneis ist mit Schokostückchen durchsetzt. Kommt ab und zu mal einer vom Wasser, rascheln die Steine unter den Schuhen. Groß und rundgewaschen füllen sie den Strand. Die wenigen Gäste murmeln ihren französischen Singsang. Zum Mittag ist es noch zu früh, gerade 11:30, das Strandlokal hat eben geöffnet. Ich atme tief durch!

Wir hatten den Morgen genutzt:

Mit den ersten Sonnenstrahlen stehe ich auf, es war eine wunderbar ruhige Nacht. Gestern Abend stürmte aus dem einzigen deutsch benummerten Womo hier auf den Platz ein Luna-Ebenbild. Das war ein Spaß und ein nettes Gespräch mit einer – wie sich herausstellte – Familie aus Österreich.

Die Wanderung beginne ich gegen 8:00 und bin erst mal nicht so begeistert vom Umfeld.

Wenn man den Weg von Eu nach Treport geht, läuft man am Flüsschen mit allen morgendlichen Gassi-Gängern Eus entlang und landet halt erst mal im Industriegebiet. Große Schleusen regeln den Wasserstand und das riesige Hafenbecken ist wegen der Ebbe wasserlos.

Doch bald nehmen die weißen Kreidefelsen meinen Blick gefangen. Die gibt es hier zu beiden Seiten der Bucht und sie sind 100m hoch. Links Le Treport, rechts Mairs les Bains.

Ich steige die Stufen zum Aussichtspunkt links herauf, nehme das „Bon Courage“ einer absteigenden Frau stolz entgegen, die sicher die Standseilbahn genommen hat und staune nicht schlecht als ich die Dächer der Stadt von oben sehe: Da haben die Möven aber ganze Arbeit geleistet. Le Treport sieht im wahrsten Sinne des Wortes besch… aus.

Von oben hat man einen wunderbaren Blick hinüber nach Mers les Bains, kann aber auch erkennen, welche Bausünden hier begangen wurden. Das lange da links ist ein halber Kilometer pure Hässlichkeit.

Leider ist hier morgens die Sonne nicht auf meiner Seite und ich überlege kurz, ob ich heute Abend doch hier her auf den Stellplatz oberhalb der Klippen wechsle, denn dann ist der Blick nach Mers les Bains lichttechnisch perfekt. Allerdings hatte ich der netten Frau vom Campingplatz heute morgen einen Zettel an die Tür gesteckt, dass ich verlängere… okay, man kann nicht alles haben.

So besorge ich der schnaufenden Luna erst mal einen Napf Wasser und schau ne Runde aufs Meer. Abwärts gehts mit der Seilbahn.Die ist sogar kostenlos und durch die Klippen hindurch gebaut.

Überall am Strand stehen diese kleinen Holzhäuschen und ich vermute, dass hier bald der Commerz zuschlagen wird und Sonnencremeverkäufer ihre Waren anbieten werden…

doch weit gefehlt. Das ist die französische Variante des Strandkorbs. Vereinzelt kommen Familien, schließen ihr Hüttchen auf und holen Sonnenstühle oder Tische heraus.

Jeden Tag gibts an der Mole frischen Fisch. Aber was soll ich damit bei einer Wanderung durch die Bucht. Schade eigentlich, denn der sieht frisch aus.

Langsam wirds trubelig und ich merke wie einmalig die morgendlichen Stunden sind. Das muss ich unbedingt beibehalten. Fischverkäufer spritzen ihre Kisten sauber, Fischköpfe werden mit Schläuchen über den Fußweg ins Wasser gedüst und Luna reckt die Nase in die Luft.

Auf der rechten Seite der Bucht liegt Mers les Bains und eins fällt sofort auf: die Häuserfronten sind deutlich schöner.Die stammen aus der Zeit von Jules Verne, Victor Hugo und Gustav Eiffel, die alle ihre Ferien gern in Mers les Bains verbrachten. Leider nagt an einigen schon der Zahn der Zeit und sicher auch des Wetters, aber diese Schönheiten hier kann beides nicht schrecken.

Und dann finde ich sogar noch ein Stück Sandstrand für Luna zum Baden.

Nicht sehr einladend, doch tatsächlich ist das auf dem Bild da wirklich alles an Sandstrand ind der Bucht, ich steh beim Knipsen gleich wieder auf der Geröllhalde.

Nach dem anfänglich beschriebenen Caféhausbesuch erklimmen wir die Klippen der Mers-Seite und da bekommt man sofort das Angebot, fotografiert zu werden. Ein nettes französisches Paar ist auf E-Bikes unterwegs und er kann ein bisschen Englisch.Also voilá, da bin ich 😊 und Luna findet Fotos mal wieder doof. Der Weg führt entlang an alten Bunkeranlagen, die heute einer neuen Nutzung zugeführt wurde:

1. Als Malgrund für die schlafende Freundin und gleichzeitiger Nutzung als Hühnerstall:

2. Als neuer Sockel für die Statue „Notre Dame auf der Felswand“.

Die wechselvolle Geschichte der Dame ist sogar in deutsch vermerkt.

Den alten Sockel fand ich irgendwie schöner.

Ich genieße die Luft, das herrliche Wetter, die Blumen und die Aussicht, Luna schnüffelt friedlich durch die Landschaft.

Doch dann werden wir vor Schlangen gewarnt… hä? Giftschlangen oder was?

Na dann aber nichts wie an die Leine und geordneten Rückzug antreten. Die letzten Treppen für heute.

Eigentlich war das schon alles, was die Bucht zu bieten hat und wir machen uns auf den Heimweg. Was ein bisschen fehlt ist ein gemütliches Zentrum mit Cafés, ein kleiner Platz, auf dem man sich treffen und ein Eis essen kann… alles ist irgendwie zerfranst hier. Trotzdem finden wir noch eine „Snackbar“ neben einem Minigolfplatz. Hier gibt es wirklich eine liebevolle Küche: frischer Salat, selbstgemachte Quiche und ein kühles Wasser, dazu eine freundliche Bedienung und fröhliche Kinder. Am Nebentisch sitzen mindestens 4 Generationen beieinander. Der alte Großvater im Rollstuhl, der seinen Löffel nicht mehr halten kann neben der vierjährigen Urenkelin, die ihn anlächelt und ihr Eis verdrückt. Alle kümmern sich liebevoll umeinander. Schön zu beobachten.

Ach so und Luna? Ja die schläft, nachdem sie zwei Schinkenrollen bekommen hat unter dem Tisch.

Auf dem Heimweg leitet mich meine Wanderapp wieder durchs Industriegebiet… unter anderem durch einen Tunnel. Lichte Höhe 1.50m

Hoffen wir, dass beim nächsten Mal nicht auf dem Bauch robben angesagt ist.

Und dann, zwischen Bahnschienen und Düngemittelfabrik die letzten Ritter des Optimismus in hoffnungsloser Umgebung. Liebevoll, vielleicht ein bisschen kitschig aber mit Ausblick auf den Güterbahnhof doch von herzerfrischender Zuversicht haben sie diesen Ort „Rue de la Tendresse“ genannt – „Strasse der Zärtlichkeit“ und ihr Häuschen bunt angemalt.Nach 17km kommen wir im „Schlosshotel“ an und was macht Luna? Schläft! 😜

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert