Letzter Tag.
Wehmut stellt sich ein.
Wie im Rausch sind die letzten Wochen vergangen und ich komme mir vor wie im full speed gebremst. Aber wie dankbar bin ich für die Erlebnisse, Momente und Bilder der Reise!!!
Und damit ich langsam zum „Stehen“ komme, beginne ich den Tag mit einem langen Frühstück. Aber wo? Google weiß was: Fünf-Sterne-Bewertung für gutes Frühstück? Bei Cora! Wo? Gleich neben dem Hotel 😃
Nächste Frage: Was stell ich an mit diesem letzten Tag? Meine Freundin Dori erzählte mir neulich, dass sie manchmal im Urlaub einen „Tag in den Öffis“ einlegt… das mach ich! Mit Skytrain und Bus durch die Stadt. 15,- CAD kostet das Tagesticket und vielleicht kann ich es ja heute Abend beim Feuerwerk noch nutzen. Bis zur Haltestelle Chinatown schlendere ich ein bisschen durch die morgendliche Stadt.




Dann fahre ich mit dem Skytrain – einem Überbleibsel der Expo – bis Waterfront und folge einfach der Menge. Eigentlich habe ich die wesentlichen Spots in Vancouver ja gesehen und so kann ich mich ja mal einfach treiben lassen… und wohin laufen alle? Zum Seabus.


Das ist ein Boot, in das ein paar mehr Leute reinpassen 😊 und das an der Seaside der Waterfront Station startet. Keine Ahnung wo der hinfährt, aber ich steig erst einmal ein. Im Wasser-Bus ein Paar meines Alters aus Chemnitz 😂 „Wisst ihr, wo wir hinfahren?“, frag ich die beiden und erhalte fachkundige Auskunft. „Nord Vancouver, da kann man zum Grouse Mountain und dann soll da heute ein karibisches Festival sein!“ Na den Berg kenn ich ja schon, aber Festival… das klingt gut. Im Hafen fotografier ich noch die Skyline (ausgerechnet heute hab ich die Kamera im Hotel gelassen aber iphone tuts auch 🤨)


da spricht mich Robert an. Ob ich auch zum Festival hier sei? Robert, Ende 50, zwei Köpfe kleiner als ich und irgendwie erinnert er mich an Elton John, ist Drucker und lebt hier in Vancouver. „Na dann los“ sagt er, “ gehen wir!“ Ooookaaay, wir besuchen das Festival also gemeinsam?! … Es wird ein sehr schöner Vormittag. Er erzählt von Vancouver, der „chinesischen Invasion“ in Kanada und dass das irgendwie etwas mit Hongkong zu tun hat, über Trump, die globale Erwärmung und wie schön es in Kuba sei, wo er vorzugsweise seinen Urlaub verbringt. Robert ist ein guter Zuhörer und redet aber mindestens genauso gern wie ich. Nur halt in besserem Englisch. Wir schauen der Parade zu, er quatscht mit diesem und jenem am Straßenrand und findet wir sollten die karibischen Speisen probieren.






Dann bekommt er eine Nachricht: Sein Haus wurde evakuiert, irgendwas mit der Gasleitung in der Nachbarschaft… klingt dramatisch! Nach einigen Telefongesprächen kommt er zurück, bedankt sich für den schönen Vormittag und fügt hinzu: „Let me hug you, I know, Germans are huggers!“ und verschwindet in der Menge.


Ich fahre zurück in die Robson Street und mach eine Pause mit Icecoffee und Cheesecake in der „Breka Bakery“ (sehr empfehlenswert) ,

Gleich neben dem Freisitz steht ein „Open Piano“ und tatsächlich spielt auch jemand dran 😀.

Notwendigerweise sammle ich meine Sachen für den Abend zusammen, erledige noch das Check In und pack den Koffer. Robert hat gemeint, es würde „very crowdy“ heut Abend, deshalb fahre ich lieber zeitig an den Strand und schlendere dort noch ein bisschen durch die Gegend 😌.
Ich biege von der Robson Street in eine Querstraße ab und schwups… typisch Vancouver … wird es grün und man fühlt sich wie in einem Vorort und ist doch mitten in der Stadt!
Am English Beach ist die Kernzone des heutigen Events und nachmittags um drei ist hier schon Einiges auf den Beinen.
In Richtung Granville Island wird es da schon ruhiger. Ich nehme ein Wassertaxi, das stand doch noch auf meiner „Liste“ und steige doch promt in die falsche Richtung ein. Statt auf meiner Lieblingshalbinsel lande ich im Vanier Park.


Aber auch nicht schlecht, da kann ich schon mal die Lage checken. Die eine oder andere Familie hat sich schon in Stellung gebracht und ganz vorn auf einer Landzunge sitzt eine ältere asiatische Frau und ich setze mich dazu. Herrlicher Ausblich auf die Bucht, die Stadt und Grouse Mountain.
Bald kommt auch ihr Mann dazu und begrüßt mich freundlich. Im False Creek sind schon einige Segler vor Anker gegangen und sichern sich den besten Ausblick. Es ist jetzt 16:00 und bis 22:00 hier rumsitzen… das wird mir zu langweilig. Also mit einem Returnticket nochmal auf nach Granville Island. Dem Pärchen auf meiner Bank winke ich zu und verspreche, bald wieder zu kommen. Im Public Market und an der Landungsstegen der Wassertaxis könnte ich immer wieder herumhängen.



Heute wird eine Harfe aufgebaut und an Snacks gibt es hier wohl alles was die Küchen der Welt zu bieten haben. Und dann hab ich den ultimativen Angriff der Killermöven überlebt. Die wissen hier ziemlich genau, dass das was sich in den kleinen Boxen befindet, die der eine oder andere Mensch da auf dem Schoß hat, ziemlich schmackhaft ist. Überall sind Schilder aufgestellt, dass man auf keinen Fall füttern soll, aber diese unverschämten Viecher versuchen in gekonntem Sturzflug trotz allem etwas zu erwischen. Auf meine grünen Bohnen haben sie es abgesehen und mir beim Versuch einige davon zu erwischen die Frisur zerstört 😀 … wenn da was zu zerstören war!
Ich genieße noch ein bisschen den Nachmittag am Pier und bin drei Stunden später wieder zurück. Das Paar auf der Bank macht gleich meinen reservierten Platz frei und strahlt mich an. Die Anzahl der Besucher und der Boote hat sich merklich erhöht und alles wartet auf das große Ereignis.

Die Stadt erstrahlt im frühen Abendlicht, hier klappert Geschirr, da ertönt Kinderlachen, nebenan wird gebraten und die Takelagen der Boote klickern in der lauen Brise. Kann ein letzter Abend schöner sein? Und irgendwie bin ich auch in Familie da, denn die beiden neben mir haben mich in schweigender Übereinkunft irgendwie adoptiert. Viel reden können wir allerdings nicht, denn deren Englisch ist noch schlechter als meins.
Kurz vor Sonnenuntergang erscheint ein Flieger am Himmel und schlägt unglaubliche Loopings. Ich habe sowas noch nie gesehen und bin total gebannt. Dann gibt es einen großen und einen kleinen Wasserwerfer, die uns mit ihrem Getute und riesigen Wasserfontänen Freude machen.

Die Sonne verschwindet glutrot hinter den Bergen und es werden immer noch mehr Menschen. Irgendwann hat man den Eindruck ganz Vancouver hat sich rings um die Buch versammelt.




Und dann ist es endlich soweit. Alle Fotografen haben sich in Stellung gebracht. Neben mir wieder mal ein Chinese, der mit mir über Belichtungszeiten fachsimpeln will und dann beginnt das Spektakel, dass von mehren tausend Augenpaaren verfolgt wird. Wer auch nur einen schwimmenden Untersatz zur Hand hat, guckt vom Wasser aus zu, alle anderen umsäumen den False Creek. Ein unglaublich tolles Gefühl:
Ahs und Ohs schwirren durch die Luft, Popmusik untermalt das Schauspiel und die Lichter spiegeln sich in den Hochhausfassaden. Schade dass es irgendwann dann auch vorbei ist. Alle machen sich gemütlich auf den Weg nach Hause oder in die Kneipen der Stadt. Da man hier auf der Strasse keinen Alkohol trinkt (trinken darf??), geht das ziemlich gesittet und in fröhlicher Athmosphäre ab. Junge Leute haben die Gitarre mit und singen am Wasser, ältere bleiben auf ihren Bänken noch ein bisschen schwatzend sitzen. Andere schnappen sich das Fahrrad oder verstauen ihre Kajaks und Schlauchbote auf den Autos. Niemand pinkelt in irgendwelche Ecken, gröhlt, torkelt oder ko…. Ich gehe hier um kurz vor Mitternach als Frau allein 1,5 Stunden durch eine Weltstadt und habe nicht die geringste Angst. Die Stadt pulsiert und alle sind total entspannt.
Die Boote fahren wieder brav in den Hafen und was da oben aussieht wie ein Ufo, ist der Polizeihubschrauben mit einem Scheinwerfer. Wenn der dich trifft, bist Du blind und stehst im Dunkeln…


Auf der Burrard Bridge versuche ich noch ein paar Fotos zu machen, aber durch die vielen Autos, die jetzt noch fahren vibriert die Brücke ganz schön und es ist schwer da was Vernünftiges hinzubekommen.

Ein dicker Vollmond leuchtet über der Stadt und sogar meine Bäckerei von heute Nachmittag hat jetzt noch auf.


Was für ein Tag und was für eine Reise. Es ist jetz genau 1:25 Ortszeit Vancouver am 29.07.2018. In 5 Stunden kommt mein Taxi zum Flughafen und ich kann nur sagen:
„Haaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaamer!“ What a journey!!! Da brauch ich jetzt ein bisschen!
Leute! Ich muss ins Bett! Gute Nacht!

Den am Piano hättest du gleich mitbringen können 😀
Was soll ich jetzt immer abends lesen, wenn es keine Reiseberichte mehr gibt!!! War echt toll, als wär man dabei,Danke! Gute Heimreise, Kathy
Dank Die Kathy und ich kann Dir gern meine Reiseführer vorbei bringen 😂 lesen sich etwas komplizierter 😜
Mir fehlen die Worte und deine Berichte, guten Heimflug wünsche ich!
… und Euch wünsche bald ebenso tolle Erlebnisse 👋🇨🇦
Das war wirklich der Hammer. Diese Bilder, einfach wunderschön. Es wird niemals langweilig, deine Berichte zu lesen. Solltest mal ein Buch daraus machen. Hab vielen Dank, dass ich wieder ein bisschen dabei sein könnte.
Ge, so viel Glück muss man haben 😊 Aber nun sitze ich auf Zwischenstopp in Montreal und muss wieder heim…. 😝 Liebe Grüße zurück 👋
Ich habe auch gerade den letzten Eintrag gelesen. So tolle Eindrücke. Sollten wir mal nach Vancouver kommen, dann werde ich an deinen Fahrradtrip denken, in Amsterdam war es mir zu gefährlich, da fahren nicht nur die Fahrräder sondern auch Mofas und das mit erheblicher Geschwindigkeit. Aber die Amsterdamer sind daran gewöhnt, denn Unfälle haben wir nicht gesehen. Komm gut nach Hause, zumindest das schöne Wetter bleibt dir erhalten. LG Kordula
Bin mittlerweile 13h unterwegs und bald zu Hause… gerade im ICE bei Gotha. Dafür müsste man teleportieren können 😜 LG und bis bald.