Touri-Highlights sind ja – das hat der eine oder andere sicher schon bemerkt- nicht so ganz mein Ding. Aber die Cliffs of Moher will ich mir nicht entgehen lassen. Ich ahne schon beim Losfahren, dass das heute nicht die Sternstunde der Fotografie wird, aber bisher hat das Wetter oft gewechselt und das müsste es auch, wenn ich die Cliffs gut sehen will. Es ist so ein hundsgemeines Urlaubswetter, wie es sich keiner wünscht. Alles dabei: Wolken, Regen, Sturm, Kälte… nur Hagel fehlt noch. 5 km vor dem Ziel in Lahinch zeigt das große Display an der Straße schon an: „Cliffs of Moher misty, very bussy, no view!“ Die letzte Chance noch nach Enniston abzubiegen und den Tag in einem gemütlichen Pub zu verbringen. Aber ich wills wissen! Am Visitor Center mehrreihige Schlangen zum Parkplatz.

Hier bezahlt ein Erwachsener 6,- für alles: Parken, Visitor Center und Cliffs (nicht) angucken. Und wer die 6,- heute bei dem Mistwetter alles bezahlt (mich eingeschlossen) ist eigentlich fast nicht zu glauben: Unmengen!
So laufen wir links und rechts am Abhang lang und sehen… nichts … oder ab und zu mal nicht viel:
Eine Frau meint begeistert zu ihrer Mitreisenden: „Na ja, da können wir wenigstens sagen, wir sind da gewesen!“ Ein Rentnerehepaar fotografiert verzweifelt ersatzweise den Rotklee am Wegrand und junge Leute machen Witze über die gute Aussicht. Schade, aber auch wenn ich immer noch hoffe, dass der heftige Wind die Nebelschwaden vertreibt, bleibt nur noch das Visitor Centre. Hier haben sich die Ausstellungsmacher Mühe gegeben, auch bei schlechtem Wetter gute Laune zu verbreiten. So kann man interaktive Tafeln zur Erdgeschichte bedienen, E-Mails mit einem Bild von sich vor den Klippen bei Sonne verschicken …
und den animierten Flug einer Möve vor den Klippen mit Sturzflug ins Wasser im Cliffs Experiece Centre auf einer Filmleinwand miterleben.
Der Gang zum Museumscafe hat lustige Schattenwände…
und drinnen ist es rammelvoll – wie der Sachse sagt 😜
Witzig finde ich die Architektur des Museums. Das ist nämlich in den Hang hinein gebaut und die Fenster schauen aus wie Katzenaugen.
Wer den Stress überstanden hat, der kann sich erst mal eine Erholung im Meditationsraum gönnen, den gibt es nämlich gleich am Ausgang. Macht nur keiner der vielen Besucher…
Ich überlege, ob ich noch bleiben und warten soll, entscheide mich aber dann doch für die „Burren“. Das ist eine graue, steinige Mondlandschaft, die sich nördlich der Cliffs vom Atlantik bis nach Galway erstreckt. Trotz dieser Trostlosigkeit soll sie einen besonderen Reiz haben, denn zwischen den Steinen entwickelte sich eine vielfältige Flora. Ich finde, die Gegend passt zum Wetter… grau und erwas düster. Trotzdem hat sie etwas Besonderes. Entscheidet selbst:
Soweit du gucken kannst… grauer Stein und darüber Nebel, Wind, Regen. Das ist schon ein seltsames Gefühl. Wer fährt an einen solchen Ort um Urlauch zu machen? Na z.B. ich.
Jetzt brauche ich aber Abwechslung vom Grau in Grau. Ich will nach Galway.
Größte Stadt in Irlands Westen (66000 EW) …. Das historische Zentrum mit seinen engen Kopfsteinpflastergassen, den farbenfrohen Pubs und Cafés aus denen schon am Tag irische Musik erklingt, liegt am Ostufer des Flusses Corrib. (Stefan Loose, Traveler Handbuch)
Na das klingt doch gut. Ich fahre noch 35km und halte kurz am Spar Markt an. Frisches Obst und Butter… Die Kassierin heißt Andrea (das steht auf dem Schild am Kittel) und ist Deutsche. Sie freut sich offensichtlich mit jemandem ihre Muttersprache zu sprechen. Seit 10 Jahren lebt sie schon hier und das was sie am meisten vermisst ist – Achtung! Das SCHÖNE WETTER in good old Germany! So! Wehe einer schimpft zu Hause nochmal übers Wetter! Besonders die langen dunklen Tage im Winter findet sie hier doof. Und dass es keine echten Jahreszeiten gäbe, immer so wie heute, um die 18 Grad, mal Regen, mal nicht…. irgendwie langweilig. Und daher gäbe es hier auch viele depressive Menschen und die Selbstmordrate… äh Moment, das wird mir dann doch zu düster und ich wünsche ihr noch einen schönen Abend und fahre mal weiter zu meinem Ziel, dem Hafenstellplatz in Galway.

Da stehen schon einige vor mir, aber damit der Tag nicht zu traurig wird, hat einer sein Wechselgeld im Automaten vergessen. Ich bezahle 4 Euro für die Nacht und finde 4 Euro im Wechselgeldschlitz. Stimmt so! Würde ich sagen.
Gegen 22:00, im Abendlicht drehe ich dann doch noch eine Runde durch Galways Innenstadt. Die ist fußläufig nur 5 Minuten entfernt. Das ist spaßiger als ich erwartet habe. Die Kneipen sind zum Teil sehr voll – okay es ist Samstag.
Eine kleine Band spielt auf der Straße.
Und es werden seltsame Gesellschaftsspiele veranstaltet.
Der muss sich irgendwie lange da halten und als er nicht mehr kann, jubeln alle. Der Bunte führt das Treiben an.
Es ist einfach eine nette, ausgelassene Stimmung, jung und alt sitzen zusammen, essen, trinken Guiness und es wird viel gelacht.
Da hat der graue Tag noch etwas Farbe bekommen.