Wechselndes Licht

Gegen 21:00 mache ich mich doch noch mal auf die Socken … Hier gibt es um die Ecke doch das Fotomotiv der Gegend, das man auf jeder zweiten Postkarte findet, den Dunquin Quay. Von diesem Minihafen in speltakulärer Lage fahren die Fähren hinüber zu den Blasket Islands. Jetzt allerdings nicht und so bin ich um diese Uhrzeit mit meinem spröden Motiv, der Kamera und dem Stativ fast allein. Zwei Womos stehen noch am Rand der Klippen und ich kämpfe mit der Bildgestaltung und der zunehmenden Dunkelheit.


Ringsum ziehen Wolken auf und die Stimmung ist ganz besonders. An der Strasse steht so eine Art Filmteam und bremst die wenigen Autos ab, bis die Szene im Kasten ist. Ich schaue aufs Meer.


Die Nacht bricht herein und der Wind rüttelt am Alkoven. Gut das ich nicht auf den Blaskets wohne und so ein gemütliches Wohnmobil habe. Dort waren die Menschen bis Mitte des 20.Jhd. im Winter oft total von der Außenwelt abgeschottet, dass 1953 die letzten 22 Bewohner evakuiert worden sind und die Inseln heute als unbewohnbar gelten. Da ich für diesen Urlaub schon genug vom Geschaukel auf Fähren habe, werde ich wohl verzichten und mir die Inseln sparen.

Der Morgen beginnt trübe aber ruhig und ich suche mir einen neuen Frühstücksplatz. Vom Clogher Head habe ich einen tollen Blick auf Clogher Strand. Da könnte ich hin. Aber zuerst begrüßt mich auch hier das Star Wars Filmlocation Schild: Welche Szenen wohl hier entstanden sind….

Der kleine Loop Walk auf der Landzunge muss nach dem Frühstück ausfallen – es schüttet! 

Hinter Ballyferriter nehmen drei Felsenzipfel den Blick immer wieder gefangen: The three sister.


Und der Himmel – ein Versprechen! Weiter gehts zum Brandon Creek, einer kleinen Felsenschlucht westlich der Brandon Mountains. Hier soll St. Brendan um 535 gestartet sein um die wilden Völker am anderen Ufer zu bekehren… ob er dabei Amerika erreicht hat ist nicht ganz klar aber möööglich… armer Kolumbus! (klick aufs Bild, wenn du mehr wissen willst!)

Im Creek dümpelt ein Boot vor sich hin. Hoffentlich hatte der Heiligen Brendan mit seinen 12 Kumpels ein besseres! Und ein kleines Denkmal gibt es auch noch.


Trotz der weltumspannenden Bedeutsamkeit dieses Ortes sagen sich hier wirklich Schaf und Hase „Gute Nacht!“ und haben nicht die geringste Scheu vor den Menschen.


Ich fahre weiter und muss erneut durch Dingle. Na gut, eine zweite Chance hat jeder verdient und so mache ich einen Stopp! Erster Bezahlparkplatz in Irland! Okay, geschenkt! Ach ja die Häuser sind ganz süß!

Aber mit ihrem Fungi nerven die ganz schön! An jeder Ecke: Fungi – der zahme Delphin! Schaut mal an die Hauswand da hinten: da tauchen gleich mehrere an der türkisfarbenen Fassade. Und jeder dritte Laden bietet Delphin-Fahrten an, es gibt ein Delphindenkmal auf dem sich jeder Tourist fotografieren lässt sowie massenweise Delphinplakate an Wänden, Autos, Schaufenstern…:


Was ist los mit denen hier in Dingle. Der Reiseführer macht mich schlauer: Seit 1984 lebt ein seltsamer einzelner Delphin in der Bucht von Dingle und fing an mit den Fischern zu „spielen“. Nun machen sie seit 30 Jahren ein Geschäft mut ihm.

„Böse Zungen behaupten, dass Dingle der einzige Ort der Welt ist, dessen Ökonomie auf einem verhaltensgestörten Delphin beruht.“ 

(Stefan Loose Travelerhandbuch)

Wie alt werden Delphine nochmal?? Und dann??

Mich nervt das ein bisschen und ich fand die Flosse der Delphine ohne Verhaltensmacke vor Skellig sowieso besser.

Was kann man hier sonst noch machen? Leuten ausweichen, deutsche Urlauber reden hören, künftigen Ed Sheerans auf der Straße zuhören (ich gebe zu, das war prima), Unmengen Kitsch kaufen und… einen superschönen kleinen Laden finden, der großartige Keramik zu „großartigen“ Preisen hat. Und … wer hätte das gedacht … ein Buch eines wirklich guten Fotografen aus der Gegend. Und weil ich hier schon so viel Lob über meine Bilder genießen durfte und dabei immer weiß, dass ich noch viel lernen kann, will ich euch mal zeigen, wie viel Luft nach oben noch ist: Drei Bilder von John Hooten auf Dingle gemacht: (Fotos! keine Gemälde!)


Das sind nur abfotografierte Kopien aus dem Buch – na klar musste ich mir das kaufen – ich hoffe es kommt rüber, was ich meine. Im oberen Raum des Lädchens gibt es auch noch eine Ausstellung mit ordentlichen Prints. Absolut mein Ding! 

Es gibt auch eine website da sehen die Bilder bestimmt besser aus und er bietet auch Workshops an… ☺️

http://www.john-hooton.com/index.php

Das ist aber auch schon alles, was mir hier gefällt und so lasse ich den Rest der Parkzeit verfallen und flüchte vor den Massen. 

Ich möchte zur Brandon Bay, das hatte mir der Waschmaschinenmann empfohlen. Dazu muss ich über den Conor Pass. Dort soll es eine superschöne Aussicht geben und das Wetter hat sich gerade gebessert. Also los! Schon wieder ein Schild… da stand so viel drauf, das konnte ich gar nicht so schnell lesen! Irgendwas mit 1.80 ??? Zwei Kilometer weiter nochmal: oh Mist! Für Wohnmobile gesperrt. Nur bis 1.80 Breite zugelassen, hier letzte Wendemöglichkeit. Hm! Das ist jetzt selbst mir zu heiß. Also rechts ran, noch schnell ein Dingle-Stadt-Bild von oben geschossen und die 50km Umweg zur Brandon Bay in Kauf genommen.


Der Weg ist zwar weiter aber sehr bequem: immerhin zwei Spuren. Und dann der Blick auf die weite Bucht:

Ich fahre kurz nach rechts und dann bis gaaanz hinten links zum Aussichtspunkt Brandon Point. Als ich dort ankomme ist das Wetter so:


Deshalb mache ich erst mal Mittagspause. Danach wechselt die Lichtstimmung im Viertelstundentakt:


Als es ein bisschen aufhellt wandere ich den Berg hinauf. Jaaa! Schon wieder! Da gibt es zwar am Ende nicht viel mehr zu sehen als unten, aber die Perspektiven wechseln.


Außerdem komme ich an einer aufgewühlten Stelle vorbei, ich vermute mal, dass hier jemand Torf sticht…. 


und bewundere die „Bäume“ hier oben – die sind echt klein und davon  gibts hunderte!


Als ich den Weg zurück gehe und schön aufpasse, dass ich nicht wieder umknicke, höre ich hinter mir Getrappel und es kommt ein Typ in Turnschuhen, mit einer Canon samt sauteurem Objektiv vorbei… gerannt (!) und ruft sowas wie: „Hejallemachuma!“ und winkt und lacht. Was war denn das nun wieder für ne Sprache?? 

Unten angekommen, der nächste Brüller, leider ohne Bild, der Akku war alle… Ein alter Ford Fiesta klappert die einspurige Strasse entlang. Das vordere Nummernschild nur noch an einer Schraube befestigt,  schleift auf der Erde, die hintere Stoßstange ebenso, der Rest ist Rost. Drinnen ein alter struppiger Mann im Wollpullover, davor 20 Schafe und zwei Hunde. So teibt er seine Herde die einspurige, von Zäunen gesäumte Strasse entlang, hält an, steigt aus, öffnet das Gatter und scheucht sie zu den anderen auf der Weide. Ein lautes Begrüßungsgemähe beginnt, der Alte wendet seine Rostlaube, winkt fröhlich und rumpelt mit seinen zwei Hunden auf dem Rücksitz wieder heim. Herrlich!

Ich starte auch und begebe mich auf den Weg in Richting Nachtquartier. Die Brandon Bay wird von der Tralee Bay durch eine schmale Landzunge getrennt. Die goldenen Sandstrände habe ich bis zum Brandon Point leuchten sehen. Da gibts bestimmt was für mich. Auf dem Weg dahin wechselt … das Licht.

Die Suche gestaltet sich etwas schwierig, aber schließlich finde ich doch noch eine schöne Ecke, sogar mit Toilettenhäuschen:


… und … noch einmal wechselt das Licht:

Mit Blick auf die Bay genieße ich den Abend. Dingel ist definitiv der schönste „Finger“ der irischen „Hand“! Schlaft schön. 😊

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